Ludwigsburg/ Schlossfestspiele: Anna Prohaska Klaviertrio im Ordenssaal am 23. Juni 2021
Expressiv und ausdrucksstark
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Anna Prohaska-Klaviertrio. Foto: Schlossfestspiele
Geheimnisvolle Zauberkraft beherrschte dieses ganz im Dunkeln beginnende Konzert, das dann allmählich ins Licht kam. Seltene Werke waren mit Anna Prohaska (Sopran), Veronika Eberle (Violine), Alisa Weilerstein (Violoncello) und Iddo Bar-Shai (Klavier) im nur spärlich besetzten Ordenssaal zu hören.
Dieses Schlossfestspiel-Debut begann mit dem expressiven und mit weitgespannten Intervallen aufwartenden Stück „Dante“ aus den sechs Liedern auf Gedichte von Anna Achmatowa für Gesang und Violoncello von John Taverner. Die Melodiebögen besaßen hier etwas Elektrisierendes, Unmittelbares. Anna Prohaska und Alisa Weilerstein verbanden sich dabei zu einem eindringlichen harmonischen Kosmos. Anschließend erklang „Pohadka“ (Ein Märchen) für Violoncello und Klavier von Leos Janacek. Hier ergänzten sich Alisa Weilerstein und Iddo Bar-Shai in geradezu idealer Weise. Erzählt wird dabei von den Abenteuern des Prinzen Iwan, der um die Prinzessin Marja freit. Die rhythmische Akzentuierung des Cellos wurde hier sehr facettenreich herausgearbeitet – und auch die Prinzessin wurde durch ein kantables Thema am Klavier dargestellt. Der kanonisch geführte Dialog führte zu einer erstaunlichen formalen Freiheit. Neue Kompositionstechniken triumphierten dann bei der ausdrucksvollen Wiedergabe der fünf Sätze aus den „Kafka-Fragmenten“ für Sopran und Violine op. 24 von György Kurtag, wo die Pizzicato-Passagen glitzernd hervorblitzten. Die „Szene am Bahnhof“, „Der Coitus als Bestrafung“, „Meine Festung Elendes Leben“ und „Szene in der Elektrischen“ zeigten trotzdem einen enormen Klangfarbenreichtum und harmonische Vielfalt. Bei den fünf Sätzen aus Leos Janaceks „Mährischer Volkspoesie in Liedern“ für Gesang und Klavier von Leos Janacek zeigte sich bei der Interpretation durch Anna Prohaska und Iddo Bar-Shai nicht nur der besondere Sprachrhythmus, sondern vor allem auch die fast schon impressionistische Harmonik sowie die rhapsodisch gestalteten Formen bei den Liedern „Ungewissheit“, „Sehnsucht“, „Treue“, „Strahlen vom Liebsten“ und „Die Musikanten“. Folkloristische Momente blitzten immer wieder in reizvoller Weise hervor. Sehr nuancenreich interpretierte das Ensemble zusammen mit Anna Prohaska außerdem „The Return to Ulster“ von Ludwig van Beethoven aus den 25 irischen Volksliedern für Gesang und Klaviertrio WoO 152 von Ludwig van Beethoven. Hier wurden vor allem die thematischen Zusammenhänge in reizvoller Weise herausgearbeitet. Dynamische Steigerungen kamen effektvoll zur Wirkung. Ein weiterer Höhepunkt dieses bemerkenswerten Konzerts war dann die geradezu hymnisch-ekstatisch inspirierte Wiedergabe der Sonate für Violine und Klavier von Leos Janacek mit Veronika Eberle und Iddo Bar-Shai (Klavier). Anklänge an die Oper „Katja Kabanowa“ sind dabei nicht zu überhören und wurden von den beiden Interpreten auch eindringlich herausgearbeitet. Die klassische Sonatensatzform blitzte hier immer wieder hervor. Die kantable und rhapsodisch frei gestaltete Ballade des zweiten Satzes gewann dabei einen immer größeren Ausdrucksradius. Folkloristische Themen überzeugten im Scherzo, während die hymnische Steigerung des Finales besonders positiv auffiel. Ganz hervorragend war dann der Abschluss mit den sieben Romanzen nach Gedichten von Alexander Blok für Sopran und Klaviertrio op. 127 von Dmitri Schostakowitsch, wo vor allem die ungeheure Steigerung der Tremolo-Passagen beim „Sturm“ hervorstach. Aber auch sonst fesselte die Sopranistin Anna Prohaska hier mit geradezu stählerner Klarheit und Leuchtkraft. „Lied der Ophelia“, „Gamajun, der Prophetenvogel“, „Wir waren zusammen“, „Die Stadt schläft“, „Geheimnisvolles Zeichen“ sowie „Musik“ bewiesen einmal mehr die besonderen klanglichen Qualitäten dieses Ensembles, das sich bestens ergänzte. Die von der Singstimme in weiten Intervallen geführte Melodik, die scharfe Harmonik und die abrupten Modulationen erfuhren eine herausragende Wiedergabe von ausgezeichneter Wirkungskraft. Dies galt auch für die wunderbare Poesie des „Schottischen Volkslieds“ von Ludwig van Beethoven.
Alexander Walther