Sommerarena in Baden bei Wien: „Der Opernball“ von Richard Heuberger (Vorstellung: 31. 7. 2013)
Heinz Zuber und Elvira Soukop in der Heuberger-Operette „Der Opernball“ (Foto: Christian Husar)
Der gebürtige Grazer Richard Heuberger (1850 – 1914) war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus der Wiener Musikszene nicht wegzudenken. Er kam mit 26 Jahren nach Wien, wo er Leiter des Wiener akademischen Gesangsvereins und im Jahr 1878 Dirigent der Wiener Singakademie wurde. 1896 trat er die Nachfolge von Eduard Hanslick als Musikkritiker der Neuen Freien Presse an, 1902 übernahm er ein Lehramt des Konservatoriums und wirkte bis 1909 als Chormeister des Wiener Männergesangsvereins. Er komponierte vier Opern, Lieder und Chormusik, schrieb eine Schubert-Biographie und war auch als Musikgelehrter tätig. Erst im Alter von fast 50 Jahren wandte er sich der Operette zu, wobei sein Erstlingswerk „Der Opernball“ die erfolgreichste Komposition in diesem Genre blieb. Seine weiteren fünf Operetten waren nur mäßig erfolgreich.
„Der Opernball“, dessen Libretto Victor Léon und Hugo von Waldberg nach dem Lustspiel „Die Rosa-Dominos“ von Delacour und Hennequin verfassten, wurde 1898 in Wien uraufgeführt. Obwohl die Operette nicht allzu häufig gespielt wird, konnte man sie doch 2005 im Theater am Gärtnerplatz in München und 2008 an der Wiener Volksoper sehen. Nun steht sie in der Sommerarena in Baden auf dem Spielplan.
Für die Bühne Baden bearbeitete das Regieteam Michaela Ronzoni und Volker Wahl die Texte und verlegte die Handlung von Paris, wo sie um 1900 an zwei Karnevalstagen spielt, nach Wien und lässt den 1. Akt bei Dommayers auf der Dachterrasse und den 3. Akt in deren Küche spielen. Ob das eine gute Idee war, wage ich zu bezweifeln. Dass beim Wiener Opernball je Masken getragen wurden – ohne die aber die ganze Verwirrung der Handlung gar nicht zustande kommen kann –, ist mir nicht bekannt. Auch sprühten die neuen Texte nicht gerade von Geist und Witz, wenngleich auch gute Gags darunter waren („Man kann sich die Männer auch schöntrinken!“). Einige Szenen schrammten allerdings gefährlich am Klamauk vorbei. Die Ausstattung (Entwürfe: Stefanie Stuhldreier) passte sich dem Ortswechsel an.
Die beiden von ihren Frauen auf die Probe gestellten Männer wurden von den Tenören Matjaž Stopinšek und Thomas Sigwald recht ansprechend gespielt und gesungen, während die beiden Damen von den Sopranistinnen Frauke Schäfer – wie gewohnt in bester Operettenmanier – und Barbara Payha – etwas blass – dargestellt wurden. Das pfiffige Stubenmädchen Hortense wurde von der Soubrette Julia Koci exzellent gespielt, ihren Freund Heini gab die Mezzosopranistin Elvira Soukop. Sie war in der Hosenrolle so perfekt, dass man ihr von Anfang an den jungen Burschen abnahm, auch gesanglich war sie auf der Höhe.
Sehr komödiantisch agierten Edith Leyrer und Heinz Zuber als altes Ehepaar Palmyra – Theophil (in der französischen Originalfassung der Rentner Beaubuisson). Sie strapazierten immer wieder das Zwerchfell des Publikums! Zu stark outrierte Josef Forstner als Oberkellner, eher farblos diesmal Robert Sadil als Kellner Eugen. Die Sopranistin Gabriele Kridl spielte mit Augenzwinkern eine diebische „Vorstadtpflanze“.
Wie immer gut einstudiert das Ballett der Bühne Baden (Choreographie: Michael Kropf), das mit Charme und Tempo über die Bühne wirbelte. Das von Oliver Ostermann souverän geleitete Orchester gab die schmeidigen Melodien des Komponisten wohlklingend zum Besten, wobei der Ohrwurm „Komm mit mir ins Chambre séparée“ als Leitmotiv des Werks das beifallsfreudige Publikum immer wieder zu begeistern schien.
Lang anhaltender Applaus am Schluss für das Ensemble und das Orchester.
Udo Pacolt