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WIEN/ Staatsoper: DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN. Premiere

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DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN – Premiere Staatsoper, 18.6.2014

(Heinrich Schramm-Schiessl)

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Chen Reiss, Gerald Finley. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

 In Fortsetzung ihres Janacek-Zyklusses brachte die Staatsoper zu Saisonschluß als Erstaufführung im Haus am Ring die wohl romantischte Oper des mährischen  Meisters heraus. Jetzt fehlen von den Hauptwerken nur mehr die „Vec makropulos“ und der „Broucek“.  Im Gegensatz zu den anderen Werken Janaceks, bei denen immer einzelne Menschenschicksale im Mittelpunkt der Handlung stehen, ist hier die Natur das allesbeherschende Element, weshalb das Werk auch gerne der „tschechische Sommernachtstraum“ genannt wird. Im Grunde spielt das Werk auf zwei Ebenen. Einerseits die Weite und Freiheit der Natur, andererseits die Welt der Menschen und die von ihnen domestizierten Tiere (Hund,  Hahn und Hühner), die in ihren Zwängen gefangen ist. Das drückt sich auch in der Musik aus. Die Welt der Menschen ist durch rythmisch robustere Motive gekennzeichnet, während in der Natur reichhaltige und dichte Motive mit impressionistischen Einschlag vorherrschen.

 Mit diesem Werk feierte die Staatsoper nun gestern Abend einen eindeutigen Publikumserfolg. Den größten Jubel  – und das ist in der heutigen Zeit eine echte Seltenheit – erntete das Regieteam rund um Otto Schenk, und zumindest von meinem Platz hörte ich keinen Mißton. Für ihn schloß sich damit der Kreis, denn sein Regiedebut feierte er vor etwas mehr als 50 Jahren – genau am 7.3.1964 – ebenfalls mit einer Janacek-Oper, nämlich „Jenufa“. Ich möchte an dieser Stelle nicht verhehlen, daß ich mit Schenk früher als Opernregisseur durchaus meine Probleme hatte. Speziell in seiner Zeit als Oberspielleiter des Hauses, als wir pro Saison mindestens zwei Inszenierungen von ihm bekamen, fiel meine Beurteilung oft kritisch aus. Es war vor allen Dingen seine Erdverbundenheit mit der er sich fast allen Rollen näherte – wir bezeichneten es als „menscheln“ – die etwas nervte. Den Umstand, zum Beispiel, daß der Sachs in den „Meistersingern“ während des Wahnmonologes im Kaffeehäferl umrühren musste, habe ich ihm lange nicht verziehen. Aber angesichts des szenischen Schrotts, den wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten oft anzusehen bekamen, lernte ich seine Regierarbeiten schätzen.

Auch an diesem Abend „menschelte“ es natürlich auf der Bühne, aber das ist bei diesem Werk kein Fehler. Schenk betonte in erster Linie die romantische Komponente. Er spielte das Werk „vom Blatt“, d.h. er verzichtete auf die heute oft bis zum Überdruss üblichen Veränderungen und Neudeutungen der Handlung, Brechungen und sogenannten psychologischen Überhöhungen, die sich letztendlich sehr oft als Krampf entpuppen. Er führt die Personen klug und verzichtet auf irgendwelche Verrenkungen. Unterstützt wird er dabei durch ein schönes, sehr realistisches Bühnenbild und durch passende Kostüme für die Amra Buchbinder verantwortlich ist. Sehr positiv zu erwähnen ist auch die Lichtregie, die seit langer Zeit diese Bezeichnung wirklich verdient, von Emmerich Steigberger. Für die Freunde des zeitaktuellen Theaters mag es natürlich nicht begreifbar sein, daß ein Wald einfach ein Wald, und noch dazu ohne Schäden der Zivilisation, ist, aber nach zahlreichen  sterilen weißen und schwarzen Räumen, Ruinenlandschaften und ähnlichem war es einfach eine Wohltat für die Augen.

 Auch musikalisch ist die Aufführung trotz einzelner kritischer Einwände als durchaus gelungen zu bezeichnen. Rund um den einizigen international rennomierten Sänger, Gerald Finley, der einen stimmschönen und auch darstellerisch prägnanten Förster sang, bot das Ensemble des Hauses eine geschlossene Leistng. Chen Reiss als Füchslein Schlaukopf war hier wesentlich besser als bei Mozart, auch wenn auch hier kein spezifisches Timbre festzustellen war und sich in den dramtischen Passagen manche Grenze offenbarte. Sehr schön gelang ihr jedoch die Liebesszene im zweiten Akt.  Ihre Parnerin dort war Hyuna Ko als Fuchs und sie war mit einigen nicht sehr schönen Tönen leider ein Schwachpunkte in der Besetzung. Wolfgang Bankl war ein etwas grobschlächtiger, vielleicht etwas zu wenig gefährlich wirkender Wilddieb Harasta. Andreas Hörl sang mit schöner Stimme den Pfarrer bzw. den Dachs und James Kryshak wartete als Schulmeister bzw. Mücke mit einer hübschen Tenorstimme auf. In den zahlreichen üblichen Menschen- und Tierrollen hörte man u.a. Donna Ellen (Försterin/Eule), Wolfram Igor Derntl und Sabine Kogler (Gastwirtpaar Pasek), Heinz Zednik als stolzen Hahn und vor allen Dingen die sehr engagiert singenden und spielenden Kinder der Opernschule. Der Chor – pardon, die Damen und Herren des Chores – in der Einstudierung von Martin Schebesta, entledigten sich ihrer eher kleinen Aufgabe zufriedenstellend.

In seinem Element war bei Janacek natürlich das Orchester – es ist kein Wunder daß sich szt. Charles Mackerras für seine mitlerweile als Referenz geltenden Platteneinspielungen die Wr. Philharmoniker genommen hat. Die Damen und Herren kosteten das wunderbare Klangbild voll aus und waren so der solide Grundstock der Aufführung. Franz Welser-Möst, der sicher wieder gute Einstudierungsarbeit leistete, ist hier akzeptabler als bei Wagner, Strauss, Mozart oder den Italienern, auch wenn man sich manche lyrische bzw. romantische Passage feinfühliger gewünscht hätte.

 Am Ende viel Applaus für Sänger, Orchester und Dirigenten und – wie bereits erwähnt – Jubel für das Regieteam.

 Heinrich Schramm-Schiessl

 

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