Ab 29. August 2014 in den österreichischen Kinos
NIGHT MOVES
USA / 2013
Regie: Kelly Reichardt
Mit: Jesse Eisenberg, Dakota Fanning, Peter Sarsgaard u.a.
Aus dieser Geschichte hätte man angesichts ihrer hoch brisanten Thematik einen Reißer machen können, was Regisseurin Kelly Reichardt sich nobel versagte. Mit dem Effekt, dass die gehobene Filmkritik ihr für dieses mehr als zurückhaltende Werk hohes Lob zollte. Aber bei genauer Betrachtung ist die Geschichte eher langweilig als von innerer Spannung erfüllt, sie wahrt ihre Geheimnisse, indem sie viel zu wenig von den handelnden Figuren erzählt, und das wird nicht unbedingt zum Gewinn für den Betrachter. Kurz, man könnte für das Thema und seine Problematik weit mehr gewinnen, wenn die Regisseurin statt einer ganz, ganz blassen Zeichnung doch ein Bild mit mehr Konturen geschaffen hätte…
Worum es geht? Da sind drei junge Leute, von denen man zu wenig erfährt: Josh ist offensichtlich Bio-Bauer auf einer Farm irgendwo im tiefen Oregon, und es stört ihn, dass ein Staudamm die Ökologie durcheinander bringt und die Natur tötet – damit alle, wie es einmal grimmig heißt, ununterbrochen auf ihre iPads starren können. Das ist ein Standpunkt, der etwas für sich hat – aber wenn die umweltschützerischen Statements kommen, werden stets nur wie automatisch Zahlen und Zukunftsprognosen heruntergebetet, die man längst zu überhören gelernt hat, wenn nicht flammende Überzeugung dahinter steht.
Flammende Überzeugung kommt aus dem jungen Josh nicht, wenngleich es eindrucksvoll ist, mit welch stummer Sturheit sich Jesse Eisenberg durch den Film bewegt. Kein aufgeregter Täter, sondern ein tödlich stiller, wenn auch tatsächlich ein Täter (was ihm aufgrund seiner Attitüde letztlich doch nicht zutrauen würde).
Noch viel weniger begreift man, was Dena bewegt (Dakota Fanning ohne besondere Kennzeichen), das typische langhaarige American Girl mit etwas gestrigem Touch. Man erfährt nicht viel über sie, aber offenbar ist auch sie – auf gänzlich ruhige, unaufgeregte Art – „gewaltbereit“: Bei den Vorbereitungen zum „Bombenbau“ gegen den Staudamm kommt ihr auch eine wichtige Rolle zu: Alle Kritiker lobten die Szene, in der sie einem Laden-Chef, der ihr große Mengen gefährlichen Düngemittels (das man zu Sprengstoff „umarbeiten“ kann) nicht ohne Ausweis geben will, dann doch „einkocht“ – nicht zuletzt mit Hinweis auf die so dringend düngebedürftigen Brokkoli… Sicher, die Szene ist nicht unspannend, aber die Nerven zerreißt sie einem auch nicht gerade.
Gewissermaßen ist die dritte Figur die glaubhafteste, obwohl man auch über Harmon (Peter Sarsgaard) nur Vages erfährt: Wenn dieser Ex-Soldaten beim Sprengen hilft, tut er es gewissermaßen achselzuckend (Warum nicht?), Idealist ist der keiner, und am Ende, und wenn Probleme auftauchen, ist er der Einzige, der nicht die Spur emotional, sondern bloß „professionell“ agiert: Tot stellen, keinen Kontakt zu einander, Bye, bye.
Diese drei also kaufen ein Boot, ankern in der Waldlandschaft um den See und schicken das Sprengmaterial dann auf dem Boot, das zum Staudamm floatet, los – sie selbst werden auf der Heimfahrt von einer Polizistin aufgehalten, aber wieder wirkt das Gemüse: Eine Kiste damit hinten im Truck reicht offenbar, sie als harmlose Bürger dazustellen…
Nachdem die „Tat“ schon mit minimalem filmisch-effektiven Aufwand vor sich ging, verzichtet die Regisseurin auch auf die Dramatik des „Nachher“, deutet nur an, wie wenig die jungen Leute erreicht haben, wenn über die Sprengung des Dammes (von den Leuten auf Joshs Farm) einfach hinweggegangen wird: Was für ein Zeichen setzt man schon damit? Ja, wenn es hundert Dämme gewesen wären… Hier hätte man thematisch einhaken können, das ist ein hoch interessanter Aspekt – wie wenig „Terror“, an den man sich längst gewöhnt hat, in den Köpfen der Mitwelt bewirkt.
Aber ein Mensch ist offenbar dabei gestorben, und mit diesem Gedanken kann Dena nicht leben. Gegen Ende wird das Drehbuch gänzlich vage – tötet Josh sie in einem Verzweiflungsakt wirklich? Man sieht es nicht genau, möchte es aber annehmen. Und was bedeutet es, dass er sich dann in einem großen Sportladen um den Job eines Verkäufers bewirbt? Das war’s? Ja, offenbar.
Das ist sehr „Arthouse“, sehr Festival und sicher für ein Publikum, das den verqueren Zugang zu Themen schätzt. Aber wenn die Frage, was verzweifelte Umweltaktivisten zu Gewalttaten greifen lässt, das Thema war – dann ist es eigentlich verfehlt, nicht erzählt, verbröselt, verwischt und verwaschen, in Langeweile ertränkt…
Renate Wagner