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DRESDEN/ FRAUENKIRCHE: HAKAN HARDENBERGER MIT BACH UND MODERNE

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Dresden/Frauenkirche: HAKAN HARDENBERGER MIT BACH UND MODERNE – 10.8.2013


Håkan Hardenberger

 Der aus Malmö gebürtige, schwedische Trompeter gilt als einer der führenden Trompeter unserer Zeit, sowohl als Interpret der klassischen Trompetenliteratur, als auch der Moderne. Nach dem legendären Maurice André war er einer der Ersten, der eine Solokarriere als Trompeter einschlug. Er widmet sich sowohl der traditionsreichen klassischen Literatur als auch der Moderne und hat zahlreiche Werker zeitgenössischer Komponisten initiiert und uraufgeführt.

 Jetzt trat Håkan Hardenberger erneut in der Dresdner Frauenkirche auf. Zusammen mit dem Organisten Jonathan Scott stellte er in der Reihe „Bläsermusik virtuos“ eine Auswahl der zahlreichen Werke für Trompete und Orgel von Komponisten des 20. Jh. Kompositionen denen von J. S. Bach gegenüber.

 Mit Lebhaftigkeit und Frische begann Bachs „Konzert für Cembalo und Orchester A Dur“ (BWV 1055), dem das Choralvorspiel „Ich ruf zu Dir, Herr Jesu Christ“ (BWV 639) folgte, beides in Bearbeitungen für Trompete und Orgel durch den Organisten.

 Håkan Hardenberger bevorzugte einen schlanken, geradlinigen Ton mit einer gewissen Kühle, ohne besondere Differenzierungen und in der Höhe mitunter auch grell. Man konnte sich des Eindrucks nicht ganz entziehen, dass Bach hier mehr der Einstimmung auf die folgenden Werke diente. Das Hauptaugenmerk lag bei diesem Konzert offenbar auf den Kompositionen der Moderne.

 In „Non morietur in aeternum” des Franzosen Henri Sauguet (*1901 – 1989), Freund von Darius Milhaud und Jean Cocteau, der sich stilistisch an Satie und Koechlin, aber auch an der „Group des Six“ um Milhaud und Poulenc orientierte, blühte die Musik auf, zum Teil ruhig und zurückgenommen, zum Teil virtuos und mit auffallend sauberen Trillern. Beide Musiker zeigten hier ein besonderes Gespür für die Intentionen des Komponisten.

 Ganz andersartig war der Charakter der „Tanz-Fantasie für Trompete und Orgel“ des französischen Komponisten und Organisten an der traditionsreichen Pariser Kirche Saint-Étienne-du-Mont, Thierry Escaich (*1965), der zur jungen französischen Komponisten-Generation gehört. In dieser sehr modernen Komposition mit ungewohnten, mitunter auch „schrägen“ Klängen, wurde von beiden Musikern vor allem die Mischung aus spröden und gesanglichen Linien sehr gut herausgearbeitet.

 Jonathan Scott war bei allen Stücken ein einfühlsamer, mitgestaltender Begleiter und steuerte auf der großen Frauenkirchen-Orgel Bachs „Präludium und Fuge“ (BWV543), angemessen registriert, voluminös und mit großen Linien bei und außerdem von seinem Bruder Tom Scott (*1981) „Sesquialtera“ für Orgel, eine sehr dynamische Komposition mit spielerischen Elementen.

 Das äußerst farbenreiche, vielgestaltige Programm gipfelte in dem Zyklus „Okna“ – „Fensterbilder“ des Tschechen Petr Eben (1929 – 2007), der neben einer Vielzahl unterschiedlicher Werke verschiedener Genres u. a. auch „Prazske nokturno (Prager Nocturno)“ für die Internationale Stiftung Mozarteum in Salzburg schrieb. Mit allen kompositorischen und spieltechnischen Mitteln heutiger Orgel- und Trompetenkunst sinniert Eben hier in tonaler und modaler Harmonik mit Anklängen an Gregorianik, Gotik und Renaissance über 4 Glasmosaikfenster einer Jerusalemer Synagoge von Marc Chagall, ringt er um eine tiefe Gottesbindung und Erlösung aus irdischer Wirrsal – ein außergewöhnliches Werk, dessen Inhalt nur symbolisch gedeutet werden kann.

 Hier wirkten beide Musiker sehr gut aufeinander eingespielt. Das erste Bild, das blaue Fenster – „Ruben“ erschien sehr irdisch, beinahe heroisch, das zweite, das grüne Fenster – „Issachar“, medidativ und das dritte, das rote Fenster – „Sebulon“ wieder sehr lebhaft, brausend, virtuos, um am Ende leise in gefühlter Einsamkeit zu verklingen. Im vierten Bild, dem goldenen Fenster – „Levi“ klingt sanft, huldvoll und melodiös auf der Orgel erst leise, dann immer deutlicher ein alter Kirchenchoral an, über den sich eigenwillige Trompetenklänge erheben, aber auch hier eher beschaulich. Die Trompete geht scheinbar eigene Wege, während im Untergrund immer weiter die Choralmelodie erklingt, bis sich Trompeten- und Orgelklänge vereinen und die Choralmelodie, die auf der Orgel sehr gut und feinfühlig herausgearbeitet wurde, anschwillt und schließlich einen großen Trost verheißt.

 Nach dieser Ehrfurcht und Achtung gebietenden Komposition verabschiedeten sich die beiden Musiker mit einer sanften, verhaltenen Zugabe für Trompete und Orgel.

 Ingrid Gerk

 

 

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