WIENER STAATSOPER: DON CARLO – oder was davon übrig blieb – 25.09.2014
George Petean, der “Nobelbariton in der Handwerkerkluft”. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn
Dominique Meyer wird den September 2014 nicht in bester Erinnerung behalten. Nach dem unerfreulichen Abgang zweier Dirigenten sollte auch die Aufführungsserie des “Don Carlo” von Pech verfolgt sein. Bei der ersten Vorstellung verließ Giacomo Prestia die Stimme und musste von Sorin Coliban “gedoubelt” werden. Ebendieser sang nun die Rolle des Philipp, wenngleich nicht eben mit atemberaubend schöner Stimme (ein Furlanetto steht nicht immer zur Verfügung). Dann trat vor Beginn des vorletzten Bildes der Direktor selbst auf die Bühne, um Roberto Alagnas vorzeitiges Aus einer plötzlich aufgetretenen Indisposition wegen zu verkünden. Damit endete der Abend mit der Sterbeszene des Rodrigo (fulminant gesungen, nach genauen Angaben an den Dirigenten, wo man einsetzen sollte) und Elisabettas etwas wackelig gesungener Abschiedsarie. Was bis dahin geschah, war durchwachsen: Das bereits erwähnte polternde Auftreten des Philipp, eine Eboli mit viel Kraft und Temperament, vor allem im Terzett – Elena Maximova, eine Elisabetta mit ebenso viel Kraft, aber auch schönen lyrischen Momenten – Adrianne Pieczonka, einem wunderbar lyrischen Nobelbariton als Rodrigo – George Petean. Das gesangliche Meisterstück lieferte aber Ain Anger als Großinquisitor. Seine schöne Bassstimme kennt man ja vom französischen Don Carlos, die Ausdruckskraft, das Volumen und sein Auftreten degradierten den König zum Statisten. Roberto Alagna sang die Titelpartie bis zu seinem vorzeitigen Ausstieg recht wacker, er forcierte allerdings zu stark, eine kraftraubende Gesangsmethode, die Stimmprobleme nur bedingt kaschieren kann und das Ende in diesem Fall beschleunigte.
Alain Altinoglu dirigierte ein zumeist recht gut spielendes Orchester, mit seltsamer Konsequenz traf er kaum jemals das Tempo, das die Sänger vorgaben, der Chor war zu langsam, Alagna zu schnell. Ein Abend der Sonderklasse war das nicht, aber mit normalen Maßstäben kann man ihn unter diesen Umständen auch nicht messen.
Johannes Marksteiner