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WIEN / Salon 5: CARAMBOLAGE

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Carambolage-Petra-Staduan(©Drama_Shop) x~1
Foto©Drama_Shop

WIEN / Salon 5 im Nestroyhof: 
CARAMBOLAGE oder Der Schwarze Punkt
Schauspiel mit Musik von Anna Poloni
Premiere: 1. Oktober 2014,
besucht wurde die zweite Vorstellung am 3. Oktober 2014

Fünf Personen, losgeschickt von Autorin Anna Poloni. Die Mama leitet ein Medienimperium mit Zeitungen à la „Krone“  und Kitschfernsehsendern. Der Sohn findet Spaß daran, Mama im besonderen und der Gesellschaft im allgemeinen ins Gesicht zu springen (wobei man sicher sein kann, dass er von Mamas Geld lebt). Der auch sehr erfolgreiche (aber eher in der Unterwelt angesiedelte) Don Gian hat keine große Funktion, ist nebenbei Vater des Sohnes und fürchtet sich vor dem Tod. Ein Journalist glaubt, unangenehme Wahrheiten über die Familie der Mediendame ausgerechnet in ihrem Blatt veröffentlichen zu können. Und dann gibt es noch ein seltsames Geschöpf, mal Sekretärin, mal Nutte, aber eigentlich ein „Engel“?

Und wenn man sich dann noch fragt, warum sie alle sich so schrecklich theaterkünstlich aufführen, körperlich und sprachlich verbiegen und am Ende gar so oft singen, was stets von neuem eine schreckliche Erfahrung ist, dann klärt das Programmheft auf: „Statt Milieustudie der Mächtigen ist ‚Carambolage’ ein abstraktes Gemälde von den Rändern der Gesellschaft.“ Danke für die Information, man weiß auch jetzt nicht, was es soll, aber wer dies mutig zugibt, ist ohnedies in der Minderheit.

Anna Maria Krassnigg, die 1970 geborene Wienerin, war bis jetzt schon in der Theaterwelt rührig, aber nun startet sie so richtig zur handfesten Karriere durch: Sie ist Leiterin des Reinhardt-Seminars geworden, sie wird für Leute, die der Schnitzler-Aufführungen von Helga David am Thalhof in Reichenau überdrüssig geworden sind, ein Konzept mit Namen „wort.spiele“ entwickeln, und sie hat mit ihrer Produktionseinheit „Salon 5“ Unterschlupf im Theater Nestroyhof Hamakom gefunden: ein fixer Raum erleichtert das Leben der „Freien“. Und nun bringt sie auch noch ein neues Stück der Österreich-Italienerin Anna Poloni heraus, für deren Entdeckung sie so gelobt wurde.

Ja, was soll man nun mit den fünf Personen, die sich meist anfetzen – bei „Carambolage“ geht es schließlich darum, dass die Billardkugeln einander abschießen. Die Zivilisations- und Medien-Kritik, die da wieder einmal ausgespuckt wird, ist abgegriffen, tausendmal gedreht und gewendet und überall billig zu haben. Die Figuren sind so grotesk verzerrt, dass man ihnen kein Interesse entgegenbringt, sich aber bitte auch nicht über ihren Symbolgehalt den Kopf zerbrechen will, das lohnt nicht.

Da mag die sagenhaft / beneidenswert dürre Isabella Wolf noch so ein Schreckgespenst hinstellen (so gut wie Meryl Streep als Prada-Teufelin ist sie ja doch nicht), und da kann Petra Staduan (mit deren Funktion im Gefüge man am wenigsten anfangen mag) noch so hübsch sein. Und Raphael von Bargen so ekelhaft intensiv und Martin Schwanda sowie Murali Perumal jeweils präsent genug. Sie tun, was die Regie ihnen sagt, plagen sich mit substanzlosen Textstücken und liefern ein angeberisches Stück „zeitgenössischer Dramatik“: Es muss erlaubt sein, dergleichen irrelevant zu finden.

Renate Wagner  

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