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WIEN / Staatsoper Giacomo Puccini TOSCA

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Wiener Staatsoper
Giacomo Puccini  TOSCA

31.Jänner 2015
576. Aufführung in dieser Inszenierung

AMBROGIO MAESTRI

AMBROGIO MAESTRI

Wer die durchaus interessante Vita von Margarethe Wallmann liest kann erfahren, dass diese Frau nach einem typischen Emigrantenschicksal des vergangenen Jahrhunderts und ihrer Rückkehr aus Amerika die immerhin erste anerkannte Opernregisseurin in Europa wurde. Von der Mailänder Scala engagierte sie Herbert von Karajan nach Wien und wenn es auch keine gesicherten Auskünfte über Geburtsort und Datum dieser Frau gibt (einmal ist Wien, ein anderes Mal Berlin angegeben, 1901 und 1904 konkurrieren als Geburtsjahr) sicher ist, dass die Inszenierung dieser Tosca in drei Jahren, genau am 3.April 2018, an der Wiener Staatsoper ihren sechzigsten Geburtstag feiern kann. Und wenn die Aufführungen mit solcher Regelmäßigkeit wie bisher erfolgen, dann ist im gleichen Jahr auch die 600.Aufführung der Tosca in dieser Regie von Frau Wallmann erlebbar.
Es liest sich wie ein Who is Who der Opernwelt, wenn man die Hauptrollenträger, die zwischen diesen Kulissen schon aufgetreten sind, Revue passieren läßt, man wird kaum einen berühmten Namen finden, der in dieses jetzt schon museal anmutende Rom NICHT Glanz gebracht hätte. Leider fehlt da eine Maria Callas, die seinerzeit mit ihrer Gagenforderung daran scheiterte, unter Karajan noch einmal in Wien zu glänzen.

Naturgemäß konzentriert sich das Interesse immer auf bekannte Namen als Debütanten, so auch diesmal auf Ambrogio Maestri, dessen imposante Erscheinung allerdings im Gegensatz zu seinem Auftreten stand. Noch nie hat ein Scarpia glaubwürdiger bei der eher zynischen Anmerkung der Tosca gegenüber wegen des unterbrochenen Abendessens (“La povera mia cena fu interotta”) gewirkt, als dieser dickliche Satyr, als dieser Faun auf dem Polizeisessel Roms und nie einer einen so voll Bonhomie triefenden Verhörton gepflegt. Nur die Aussicht auf eine erfolgreiche Eroberung einer schönen Frau mit hinterhältigen Mitteln macht Maestri im Te Deum ungemein imposant hörbar, er zählt zu jenen Baritonisten, die das auch trotz vollem Orchester- und Choreinsatzes zu Wege bringen.

Martina Serafin

Martina Serafin

Ziel seiner Bemühungen, Geheimnisverrat und Eroberung mit Erfolg zu vereinen, das ist diesmal die Floria Tosca der Martina Serafin, einer Dame, die glaubwürdig lieben und gekonnt ein Obstmesser zur Verteidigung ihrer Ehre führen kann. Ihre stimmlichen Mittel reichen zwar nicht für eine, großes Aufsehen erregenden Diva, ihrem Gesang fehlt etwas von der zwingenden Imposanz, die diese Rolle birgt. Sehr wohl aber zeugt ihre Leistung für eine mit äußerster Hingabe Liebenden und Leidenden und dann noch dazu Mordenden und das mit beachtlicher Wirkung. Und dem Messer-C auf der Engelsburg fehlte nur noch ganz wenig zur angestrebten Tonhöhe.

Natürlich ist er im russischen Fach zu Hause, der imposante Tenor aus Lettland Aleksandrs Antonenko, sein geradliniger tonaler Einsatz seiner stimmlichen Mittel hatte jüngst großen Erfolg in der Pique Dame im Haus am Ring. Der Versuch, mit Puccini zu punkten war allerdings eher bei den dramatisch aufgeladenen Stellen des Cavaradossi von Erfolg gekrönt, wie etwa den Vittoria-Rufen und dem folgenden Freiheitslied. Nur wenig überzeugte der Liebende in den Liebesduetten mit Tosca oder in seinen großen Arien, die Puccinische Pracht der Melodieführung war des fehlenden Timbres und der ungelenk und unelegant wirkenden italienischen Phrasierung wegen nicht ganz nachvollziehbar. Warum, wie üblich, die Leiche des Erschossenen diesmal nicht mit einem Tuch überdeckt wurde, wird ein Rätsel bleiben. Vielleicht war es diesmal noch in der päpstlichen Wäscherei.

Wolfgang Bankl konnte aus seiner Rolle als Mesner nur wenig machen, da muß er in die Gestaltung seiner Vorgänger erst hineinwachsen. Cesare Angelotti war in soliden Händen von Ryan Speedo Green, mehr nicht, der Spoletta von James Kryshak zeigte einen unaufregenden Charaktertenor und für die wenigen Phrasen des Yecheniy Kapitula als Sciarrone, dem Überbringer unangenehmer Nachrichten, reicht die Beurteilung nicht. Und bei dem Kind aus der Opernschule merkt man erst, wie weit das Ufer des Tibers vom Plateau der Engelsburg entfernt ist.

Marco Armiliato wirkte im ersten Bild noch etwas erzählerisch zäh, was sich auf die Gesamtwirkung dieses Aktes auswirkte. Das Liebesduett hörte sich, besonders vom Tenor, schon wie jenes in einer alte Ehe an.  Ab dem zweiten Akt aber nahm auch das musikalische Geschehen Fahrt auf und der Dirigent holte wie immer routiniert Italianitá aus dem Staatsopernorchester.

 

Peter Skorepa
MERKER
Online
Fotos: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

 

 

 

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