WIEN / Hofmobiliendepot:
KÜCHEN / MÖBEL. DESIGN UND GESCHICHTE
Vom 4. März bis zum 26. Juli 2015
Von der Höhle bis zum Weltraum
Wenn man sich grundsätzlich mit Fragen des „Wohnens“ befasst, wie es das (auch in seiner permanenten Sammlung großartig bestückte!) Hofmobiliendepot tut, so liegt das Thema „Küche“ irgendwie auf der Hand: Denn essen muss der Mensch immer und überall, und dass man dafür auch bestimmte Räume mit vorgegebenen Bedingungen benötigt, versteht sich desgleichen. Solcherart ist die Ausstellung „Küchen / Möbel“ so reichhaltig wie reizvoll ausgefallen – nicht nur für die kundigen Blicke der Hausfrauen, sondern auch im Hinblick auf die Kulturgeschichte.
Von Renate Wagner
Die nötigen Utensilien Die Ausstellung beginnt allerdings in der Steinzeit, wo in der Höhle wohl noch keine eingerichtete Küche zu finden war, es wohl aber die nötigen Töpfe, Steinmesser, Reibeplatten und die Voraussetzungen zum Feuermachen gab. Kaum kommt man in die Bronzezeit, werden die Gerätschaften schon differenzierter – da findet sich ein steinernes Sieb, tatsächlich die Löcher sorglich ausgestochen. Pfannen oder Bratspieße bis ins 19. Jahrhundert verfolgt, machen klar, dass es elementare Dinge gibt, die zum Kochen benötigt werden, die sich wohl im Detail, aber nicht grundlegend ändern.
Die Küche in der Krippe Der Sprung zur Bibel wird auf Umwegen unternommen – über eine alte Rauchkuchl kommt man zu Krippendarstellungen, die sich ja nicht nur auf das Kind in der Krippe beziehen, sondern auch auf Alltagsdarstellungen, und da gibt es zur „Hochzeit von Kanaan“ auch eine Küche (man hat sie aus dem Stadtmuseum Bad Ischl geholt), aber sie sieht schon eher nach dem 19. Jahrhundert (die Krippe entstand um 1850) aus… Eine reizvolle Krippendarstellung ebenfalls aus der Mitte des 19. Jahrhunderts baut sorglich Josefs Werkstatt auf und versetzt Maria daneben in eine mit Gerätschaften wohl ausgestattete Küche… Auch in den Puppenstuben, die ja auch dazu gedacht waren, Mädchen auf ihre weibliche Funktion im Leben vorzubereiten, spielten Küchen eine große Rolle.
Der Wiener Hof Der Weg der Ausstellung führt schnell in die imposante Küche des Wiener Hofes, wo das Hofmobilienmuseum natürlich besonders gut bestückt ist, mit weißem, praktischem Mobiliar, prachtvollem Kupfergeschirr (aus der Silberkammer) und auch einem riesigen Kühlschrank, wo man allerdings noch echtes Eis eingesetzt haben muss…
Die Welt der Reklame Die Wien Bibliothek hat eine große Plakatsammlung, und man hat sich reichlich bedient. Die Plakate, die schon damals für Genussmittel und Kücheneinrichtungen warben, sind nach wie vor von besonderem Reiz. Manche Namen, die man heute noch kennt (Dr. Oetker, Knorr, Haas) gab es schon vor vielen Jahrzehnten, und der Kühlschrank wollte in der Zwischenkriegszeit noch beworben werden, er war nicht überall selbstverständlich. Von ähnlichem Nostalgie-Reiz sind alte Gegenstände wie Herde aus der Vorkriegszeit, die man vielleicht noch bei Onkel und Tante gesehen hat, ebenso wie die Küchenschränke mit ihren vielen Laden.
„Die Frankfurter Küche“ Nach dem Ersten Weltkrieg hat nicht nur das „Rote Wien“ das Leben der arbeitenden Bevölkerung auch im Wohnbau reformiert. Auch im „Neuen Frankfurt“ sowie am Bauhaus in Weimar und in Dessau beschäftigte man sich nachdrücklich damit, wie man Küchen so ökonomisch und benutzerfreundlich wie möglich gestalten konnte. Und es war die Österreicherin Margarete Schütte-Lihotzky, die mit der später so berühmt gewordenen „Frankfurter Küche“ beauftragt wurde, die man in der Ausstellung betrachten kann – in einer Hörstation kann man sich informieren, was sie selbst als alte Dame dazu erzählte. Die Optimierung von Platz und Benutzbarkeit weist schon auf ein neues Verständnis hin. (Heute noch allerdings schüttelt man bei der Betrachtung der so genannten „Schütten“ aus Aluminium den Kopf – diese herausziehbaren Einzelfächer für Dinge wie Mehl, Zucker oder Brösel hatten wohl wenig Chance, trocken und sauber gehalten zu werden!)
Lieblich in Pastell In der Nachkriegszeit ist eine bewusste Wendung zum „Lieblichen“ (wie sie ja auch die Nierentische damals repräsentierten) an den in klassischen Pastellfarben gehaltenen so genannten SW-Küchen (SW für „soziale Wohnkultur“) festzustellen, die mitsamt dem pastellfarbenen Geschirr wie ein Gruß aus vergangenen Zeiten wirken. Damals aber begann, womit wir heute leben: immer mehr automatisierte Küchengeräte, immer mehr Fertignahrungsmittel.
Was soll das sein? Hat man in der Steinzeit begonnen, so landet man am Ende bei so futuristischen Entwürfen wie jenen von Coop Himmelb(l)au, die man kaum noch als „Küche“ erkennen würde, ebenso wenig wie einen „Küchenbaum“ aus den achtziger Jahren, der fast parodistisch wirkt und sich eindeutig nicht durchgesetzt hat. Das erinnert eher an einen Science-Fiction-Film als an praktikable Realität. Ist man bis hierher gekommen, hat man in der Ausstellung (ein Lob der Kuratorin Eva B. Ottillinger) einen ebenso langen wie informativen und nicht zuletzt amüsanten Weg zurückgelegt.
Gute Ratschläge für die Hausfrau Auf den Gängen erwarten den Besucher noch jede Menge, sorglich auf weiße Tücher gestickte Ratschläge, von dem üblichen
„Liebe geht durch den Magen“
bis zum ebenso richtigen, weniger bekannten wie
„Eat well, love much, laugh often“,
was nach einer guten Lebensphilosophie klingt.
Weitere Beispiele verschiedener Art gefällig?
„A watched pot never boils.”
„Save your breath and cool your porridge.”
„Der beste Schatz für einen Mann, ist eine Frau, die kochen kann.“
Jetzt wissen wir es…
Bis 26. Juli 2015, täglich außer Montag (an Feiertagen auch montags geöffnet) von 10 bis 18 Uhr
Reich bebilderter und kommentierter Katalog im Böhlau Verlag