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WIEN/ Ehrbar Saal Mühlgasse: DIE SCHÖNE MAGELONE von Johannes Brahms

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DIE SCHÖNE MAGELONE MIT CLEMENS SANDER, NORMAN SHETLER + ANDREA JONASSON (8.April 2015)

Dieser Tage tut sich in Wiens Musikszene wirklich viel. Anna Netrebko ist retour als Anna Bolena, Elina Garanca als Octavian, dazu eine Parsifal-Serie in der Staatsoper; zu dem kommen Benefiz-Veranstaltungen u.a. mit Juan Diego Florez. Und dann bietet der Ehrbar-Saal im 4. Wiener Gemeindebezirk einen Abend mit einem hochbegabten österreichischen Nachwuchs-Bariton an. Und siehe da: Die schöne Magelone von Ludwig Tieck und Johannes Brahms ist fast ausverkauft, der umtriebige Manager des Ehrbar-Saales, Clemens Horvat, kann auf seine Aktivitäten stolz sein. Und Klemens Sander darf weiter das Adjektiv „hochtalentiert“ verwenden. Logischer Weise hatte er hochkarätige Unterstützung. Etwa durch den sensiblen wie souveränen Pianisten Norman Shetler. Und durch eine wahre „Grand Dame“ des Theaters: Andrea Jonasson spielt zwar derzeit das Bernhard-Stück „Am Ziel“ in der Josefstadt. Aber als Erzählerin der Rahmenhandlung der „Schönen Magelone“ liefert sie den idealen Kontrast zu Liebe, Lust und Leid aus der Feder des 1773 in Berlin geborenen „Romantikers“ Tieck. Die Geschichte der „Liebesgeschichte der schönen Magelone und des Grafen Peter von Provence“ schrieb Ludwig Tieck – von dem übrigens auch „Der gestiefelte Kater“ stammt – schon 1797. Und Brahms war erst ein junger „Dreissiger“ als er in den 60er Jahren des 19.Jahrhunderts „Die schöne Magelone“ vertonte.

Die Handlung ist schnell erzählt. Graf Peter aus der Provence verliebt sich in Magelone, die Tochter des Königs von Neapel. Doch die Prinzessin ist einem anderen versprochen und so fliehen Peter und Magelone. Dann wird es turbulent. Ein Rabe raubt den Ring der schönen Magelone, bei der Verfolgungsjagd gerät Graf Peter in türkische Gefangenschaft und verliebt sich in eine andere Frau. Am Ende fallen sich das Hauptliebespaar in die Arme. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann lieben sie sich noch heute.

Brahms hat über dieses Auf- und Ab der Gefühle 20 Lieder komponiert, die mit dem Erzähl-Rahmen von Tieck dramaturgisch „aufgeladen“ werden. Üblicherweise werden die Versionen für Tenor oder Bariton gespielt. Klemens Sander, der seine Karriere über die Florianer Sängerknaben und die Wiener Volksoper begann, tritt immer öfter als Lied- oder Konzert-Sänger auf. Er hat eine hochinteressante Schubert-Winterreise als CD herausgebracht und tritt immer öfter ohne Kostüm und Maske auf. Dafür bringt er für den Lied-Spezialisten alle Voraussetzungen mit; Musikalität, Wortdeutlichkeit und Nuancen-Fähigkeit zeichnen sein Singen aus. Die dunkle, höhensichere Stimme verfügt über einen wunderbaren Sitz im Forte, zum Piano findet er erst im Laufe des Abends, die emotionalen Möglichkeiten sind erstaunlich. Andrea Jonasson kämpft gegen einen grippalen Affekt an. Aber die sinnliche Ausstrahlung und die einzigartige Sprechkultur siegen.

Als Ruhepool wirkte auch Norman Shetler, der seit 60 Jahren in Österreich wirkt und längst eine Säule im Wiener Kulturbetrieb geworden ist.

Nach zwei Stunden Annäherungen über das Wesen der Liebe herrschte große Begeisterung! Brahms hätte seine Freude gehabt.

Peter Dusek

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