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WIEN/ Staatsoper: ANNA BOLENA

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WIENER STAATSOPER: ANNA BOLENA am 20.04.2015


Luca Pisaroni, Anna Netrebko. Foto: Wiener Staatsoper/P

 Wie schon mehrmals festgestellt, sind oft die 3. bzw. 4. Vorstellung einer Serie die Besten. Die durch den Repertoirebetrieb reduzierten Probemöglichkeiten werden durch „learning by doing“ ausgeglichen und so erlebten wir auch diesmal eine rundum perfekt präsentierte Vorstellung – leider die Letzte!

 Andriy Yurkevych, der Musikdirektor der polnischen Nationaloper in Warschau, fand schon in der Ouvertüre zu einer sehr temperamentvollen Interpretation, die uns kurz die schreckliche Geschichte aus dem britischen Königshaus vergessen ließ.

 Spätestens beim Auftritt von Luca Pisaroni wurden wir aber in die „Realität“ der Opernhandlung zurückgeholt. Er sang mit rauhem, bedrohlich klingenden Bassbariton einen absolut authentischen Heinrich VIII – eine perfekte Besetzung für den rücksichtslosen und selbstgerechten Herrscher.

 Natürlich standen auch diesmal die Damen im Mittelpunkt des Interesses – sie haben die hohen Erwartungen voll erfüllt. Anna Netrebko bewies wieder einmal, dass sie nicht grundlos zum Superstar „hochgehypt“ wurde. Sie gestaltete mit ihrer bombensicheren, wunderschönen Stimme und mit beeindruckender Gesangstechnik eine lebendige Königin, die alle Gefühlsregungen bis hin zum Wahnsinn mit Einsatz der gesamten Persönlichkeit in die Handlung einbrachte. Im Mezzobereich hat die Netrebko deutlich an Volumen und Ausdruck zugelegt – so werden wir das in nächster Zukunft sicher nicht mehr hören! In den extremen Höhen gelangen die zarten Passagen perfekt; im Forte merkte man, dass es auch für diese Stimme physische Grenzen gibt.

 Ekaterina Semenchuk benötigte auch diesmal zu Beginn eine Konsolidierungsphase – nach der ersten Szene steigertete sie sich zu einer sehr guten Leistung mit dem herausragenden Höhepunkt im Duett mit Anna. Mit dominantem, großem Mezzo gestaltete sie eine Giovanna Seymour, die in den dramatischen Stellen ihre Stärken ausspielte; die große Stimme trug auch im Piano gut, der lyrischeAusdruck ist aber nicht die stärkste Seite dieser „Verräterin mit Herz“.

 Mit Margarita Gritskova als Smeton nahm wieder einmal ein Ensemblemitglied die Gelegenheit wahr, sich in einer größeren Rolle zu bewähren. Die junge russische Mezzosopranistin nutze die Chance und sang den Pagen mit Leichtigkeit und schön klingender Stimme – auch die schauspielerische Gestaltung war berührend.

 Celso Albelo war ein authentischer Lord Riccardo Percy, der dank ausgezeichneter Technik alle Hürden dieser anspruchsvollen Partie meisterte, obwohl er mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Der Unterschied von seinem heimatlichen Teneriffa mit 40 Grad Hitze zum spätwinterlichen Wien fordert seine Opfer! Trotzdem hörten wir den bisher kompetentesten Percy in der Historie dieser Produktion und freuen uns schon auf einen gesunden Celso Albelo im Oktober.

 Der edle, samtene Bass des Dan Paul Dumitrescu passt hervorragend zum Charakter des Lord Rochefort – er verkörpert die Verzweiflung über den falschen Rat, den er seiner Schwester Anna gegeben hat, mit unglaublicher Empathie und gibt damit der Entscheidung, freiwillig in den Tod zu gehen, eine logische Konsequenz. Carlos Osuna war ein guter Sir Hervey, der mit seinen Meldungen die Handlung in Bewegung hielt.

 Chor und Orchester der Wiener Staatsoper legten mit einer guten Leistung die Basis für einen schönen Opernabend – in dieser hochkarätigen Besetzung ist es auch in Wien ein Vergnügen, Donizetti zu genießen.

 Maria und Johann Jahnas

 

 

 

 

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