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WIEN / Volkstheater-Bezirke: DER WITWENCLUB

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Witwenclub Alle vier Lalo Jodlbauer x

Foto: Volkstheater, Lalo Jodlbauer

WIEN / Volkstheater in den Bezirken: 
DER WITWENCLUB von Ivan Menchell
Premiere: 6. Mai 2015,
besucht wurde die Vorstellung am 17. Mai 2015 

„Der Witwenclub“ von Ivan Menchell ist keine dramaturgische Meisterleistung, aber er wird immer wieder aufgeführt werden. Denn er hat ein echtes Thema, das vor allem ältere Leute ansprechen muss, weil es sie unweigerlich betrifft, und drei Schauspielerinnen von Fünfzig plus (darf auch ein bisserl mehr sein) finden ausgezeichnete Rollen, in denen sich Komik und Tragik so geschickt verflechten wie in der ganzen Geschichte.

Im Deutschen hat die Sache auch noch den Vorteil, einen sanfteren Titel zu haben – es ist nicht mehr der „Cemetery Club“, also ohne Friedhof im Titel, und dass es sich um drei jüdische New Yorker Witwen handelt, wird auch ausgeblendet, weil das bei uns nicht das entsprechende Kolorit hat wie in den USA. Nach der Uraufführung am Broadway 1990 wurde das Stück 1993 verfilmt (allerdings ohne ein Leinwand-Hit zu sein), im gleichen Jahr, im September 1993, hat die Josefstadt es mit der Glanzbesetzung Ott / Degler / Nentwich gespielt, und auch das Volkstheater lässt sich in seiner Außenbezirksvorstellung darstellerisch wahrlich nicht lumpen: Damit ist der Erfolg garantiert.

Am Beispiel dreier Witwen, deren Gatten erst wenige Jahre tot sind, zeigt Ivan Menchell den möglichen Umgang mit Verlust und Trauer – während Doris sich an die Erinnerung klammert, diese zu ihrem Lebensinhalt macht, alles andere feindselig ausschließt (es war aber auch eine sehr glückliche Ehe), hat Lucille nicht viel Lust, ihrem ungetreuen Ehemann nachzutrauern: Ihr Prahlen mit grenzenlosen sexuellen Affären seither stellt sich allerdings als Erfindung und Schutzbehauptung heraus. Und da ist schließlich Ida, die zwar ehrlich trauert, aber doch Zukunft und eine neue Gemeinsamkeit zulassen will. Diese Positionen geschickt zu präsentieren und gegen einander prallen zu lassen, ist das Beste an dem Stück.

Dass weibliche Solidarität bricht, wenn ein Mann ins Spiel kommt, ist ein altes Klischee, das nicht weichen will (vielleicht, weil ja doch ein Quentchen Wahrheit darin wohnt), und was dann so alles passiert, ist nicht der Rede wert. Aber man kann es gut spielen, und das geschieht in der geschickten Regie von Christine Wipplinger und der üblichen Ausstattung (Hans Kudlich & Erika Navas), wobei die Reaktionen der Damen wirklich exquisit ausgefeilt sind.

Die im Grunde beste, weil lauteste Rolle hat Elfriede Schüsseleder als Lucille, eine jener Damen, die ununterbrochen um sich kreisen und überzeugt sind, dass alle Männer ihnen zu Füßen liegen. Das kommt köstlich, ein wenig selbstironisch von der Bühne und wird am Ende mit ergreifenden Tönen erweitert, die geschickt schnoddrig unterwandert werden.

Witwenclub Alle dreu Lalo Jodlbauer x

Gabriele Schuchter hat sich als Doris in eine humorlose grauhaarige alte Maus verwandelt, die gerade darum Sympathie und Schmunzler erntet, und es ist natürlich die stillste von allen, die dann sämtliche Herzen gewinnt und den Mann „kriegt“: Doris Weiner macht das schön, liebenswert und unsentimental.

Schön, in der Rolle des Begehrten Alfred Rupprecht wieder einmal zu sehen, man muss gestehen, dass man ihn schon fast vergessen hatte, so lange durfte er nicht mehr auf die Volkstheater-Bretter. Irene Pernsteiner hat nur einen schrillen Auftritt als weiblicher Störenfried, nichts funktioniert bekanntlich besser, jemanden begehrenswert zu machen, als wenn Konkurrenz am Horizont erscheint…

Mit dieser letztlich betulichen Komödie ist auch in den Bezirken die Ära Schottenberg zu Ende gegangen. Unter der Nachfolgerin wird es für die Zuseher möglicherweise weniger gemütlich.

Renate Wagner

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