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FRANKFURT: DER ROSENKAVALIER. Premiere

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Frankfurt: Der Rosenkavalier 24.5.2015  Premiere


Dietrich Volle, Amanda Majeski. Foto: Monika Rittershaus

 Claus Guth insistiert bei seiner Frankfurter Inszenierung darauf, dem Stück die Komödie quasi auszutreiben, indem er die allpräsente Marschallin, die hier anfangs allerdings wie ein junges Mädchen erscheint, fast todessüchtig auftreten lässt. Bereits in einer Eingangs-Pantomime liegt sie auf dem Boden mit zusammengefalteten Händen und wird von einem schwarzgekleideten Pulk älterer Herrschaften, der dem zentralen Aufzug entsteigt, betrauert. Für die Marschallin, die sich ja wirklich nach dem eigentlichen Ende ihrer Beziehung zu Octavian Gedanken zum Phänomen der Zeit und zur Vergänglichkeit macht,- so wird sie auch in drei verschiedene Personen, Mädchen, junge und Alte Frau aufgespalten, bedeutet das, daß sie sich in Traumphasen immer einen Nahtod vorstellt und am Ende als Tote von ihrem eigenen kindlichen Pendant berührt wird. Zwar wird diese All-Todespräsenz durch das neu generierte Liebespaar Octavian – Sophie in schöner Weise konterkariert, verliert aber damit aufs Ganze gesehen nicht seine Dominanz. Diese fast nekrophile, sehr triste Sichtweise  kann die Komödie ‘für Musik’ in Frankfurt aber doch nicht zerstören, da die Musik ihre eigene Dominanz behält, die unter Sebastian Weigles Dirigat  vom Museumsorchester hinreißend eingebracht wird. Da schillert, glitzert und schäumt alles und läßt sich somit nicht in die depressive Ecke drängen. Besonders sind hier die Walzer-Musiken hervorzuheben, in denen auch eine Tanztruppe, die gleichzeitig das dienende Personal bei Marschallin und Faninal abgibt, immer in schönstem Dreiertakt hereingeflogen kommt. Die fast insistierend verwendeten Vibraphonstellen sind höchst dezidiert wie herausgemeißelt  und werden in gut ausgehörten Tempi vom Dirigenten gesetzt. Dieser hier noch ganz frisch fast jugendlich wirkende Strauss wird von den sauber aufspielenden Musikern in beglückende Klangpracht gegossen.

 Die Inszenierung findet in einem Einheitsbild auf der großen Drehbühne, einem marstallartigen Wiener Adelspalast von Christian Schmidt (auch Kostüme) statt. Links und rechts befinden sich dunkelbraun ausgeleuchtete Arkaden, wo das Personal ins Stadtgeschehen hinausspitzeln kann. Eine stimmige Personenregie gibt es von Anfang an, und die Darsteller werden in den unterschiedlichsten Lagen ‘geführt’, wie es bei Claus Guth Regien zu erwarten ist. Die Kostüme sind hier auch modern, fast heutig gehalten, wobei der Ochs in Knickerbockern und Schottenkaro am lustigsten ankommt. Octavian macht in einem gut geschnitten beigem Anzug eine fesche Figur. Die Marschallin in immer weiteren weißen Kleidern trägt bei ihren Beobachtungstouren schon mal Sonnenbrille. Sophie trägt ein weit ausgestelltes Tutu- Hochzeitskleid  und später ein blaues Kleid mit Dirndl-Anklang. Die Leitmetzerin kommt exzentrisch in einem Petticoat-Silberkleid daher.

 Es sind auch durchgehend hochstehende Gesangsleistungen zu verzeichnen. Der schwarze Diener Mohammed wird sehr sympathisch von Mzamo Nondlwana herüber gebracht. Vier Kellner und die 4 Lakaien der Marschallin werden von Mitgliedern des Opernstudios dargestellt. Tierhändler und Modistin werden von Donat Havar und Magdalena Tomczuk gegeben. Ein Sänger wird von Mario Chang mit dunkelgefärbtem wohlphrasiertem Tenor gesungen. Einen köstlichen alten Herrn als Notar gibt Franz Mayer, während Hans-Jürgen Lazar als Wirt seine kurze tenorale Visitenkarte hinterlässt. Die jeweiligen Haushofmaestri bei Marschallin und Faninal, die die Lage unter Kontrolle zu halten versuchen, sind die Tenöre Patrick Henckens und Beau Gibson. Den Polizeikommissär gibt Thomas Faulkner mit schönem flüssigem Baßbariton. Der Sopran Barbara Zechmeister reussiert gekonnt als Leitmetzerin.  Ein süffisant gestelztes Intrigantenpaar stellen tenoral Peter Marsh (Valzacchi) und Sharon Carty/Annina, die als einigermaßen verdorbene Dienerin mit schön salbaderndem Sopran Furore macht. Ein genialer Darsteller ist  Dietrich Volle als Faninal, der auch bestrebt ist, seine Mähne unter Kontrolle zu halten. Gesanglich steht ihm ein  schöner ausgreifender Bariton zur Verfügung.

 Gesangliches Highlight in dieser Aufführung ist die Sophie von Christiane Karg. Die Süße ihres Soprantimbres ist kaum zu überbieten. Sie gestaltet das unterwürfige Fast-Kind glaubwürdig und blüht auf, als sie das (Liebes)glück ihres Lebens macht. Paula Murrihy kann einige kräftige Mezzofarben in die Titelfigur-Rollengestaltung einbringen und behält immer ‘männliche’ Kontrolle, sehr sympathisch und schönstimmig. Der Ochs wird von Bjarni Thor Kristinsson nie überdreht gezeichnet, so daß auch er letztendes sympathisch herüberkommt. Sein Baß ist dabei auch klangschön und markant eingesetzt. Die Marschallin der Amanda Majeski hat im Piano eine etwas flackernde Stimme, die aber im großen Aufschwung sogleich Konsistenz erlangt. Im Terzett der Damen setzt sich auch ihre Sopranfarbe ganz herrlich durch, die sehr jugendliche wirkende Irin kann noch eine große Marschallin werden.  

                                               Friedeon Rosén

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