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LUZERN: PRIMA LA MUSICA, POI LE PAROLE von Antonio Salieri

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Opernrarität in Luzern: „Prima la musica, poi le parole“ von Antonio Salieri (Vorstellung: 12. 6. 2015)

Prima la Musica Teaser
Das Sängerensemble im Porträt: Alexandre Beuchat, Rebekka Bräm, Désirée Pauli und Serafin Heusser (Foto: Ingo Höhn)

In Koproduktion mit der Hochschule Luzern / Musik brachte das Luzerner Theater in ihrer Dependance UG (Winkelriedstraße) eine hochinteressante Rarität auf die Bühne: „Prima la musica, poi le parole“ von Antonio Salieri. Die Oper wurde am 7. 2. 1786 gemeinsam mit Mozarts Singspiel Der Schauspieldirektor in der Orangerie von Schönbrunn in Wien uraufgeführt. Zu Ehren von Herzog Albert Kasimir von Sachsen-Teschen und seiner Gemahlin Erzherzogin Maria Christine hatte Kaiser Joseph II. Anfang 1786 die Idee, einen Wettstreit zwischen italienischer Opera buffa und deutschem Singspiel zu arrangieren, wobei die Wahl auf die Komponisten Salieri und Mozart fiel.

 Die Oper “Prima la musica, poi le parole” (Zuerst die Musik, dann die Worte) von Antonio Salieri, deren Libretto Giovanni Battista Cesti verfasste, bildete damals ein Wiener Theaterereignis und wurde anschließend im neueröffneten Wiener Kärntnertortheater überaus erfolgreich aufgeführt.

 Ihr Inhalt in Kurzfassung: Ein Komponist und ein Dichter sollen nach einem Auftrag eines vermögenden Aristokraten in vier Tagen eine Oper fabrizieren.  Im Grunde kein Problem, wenn nicht zwei sehr selbstbewusste Primadonnen –  die eine die virtuose Spezialistin für Pomp und Pathos, die andere eine aufstrebende Soubrette voller Witz und Wahn –  in der Oper  unterzubringen wären. Wie sollen bloß Trauerspiel und Komödie in einem Stück zusammenfinden? Und wie lässt sich über diese Frage in Ruhe nachdenken, wenn die beiden Sängerinnen unterdessen handgreiflich werden?

 Komponist und Textdichter nutzten die Gelegenheit zur Parodie, um in Form einer Opera buffa allgemeine Unarten im Musiktheater aufs Korn zu nehmen. Die vier Figuren erhalten zwischen Typus und Karikatur durchaus individuelles Profil, während Drama und Vertonung mit Hilfe von geistreich ausformulierten Zuspitzungen eine Komik entwickeln, die ihren Gegenstand nicht vernichtet, sondern feiert. Obgleich für lange Zeit vergessen, blieb dieses musikalisch-theatralische Kleinod folgenreich: Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss ließen sich davon nicht unwesentlich für ihr Vorspiel zur Oper Ariadne auf Naxos anregen.

Und der Streit zwischen einem Komponisten und einem Textdichter, ob Musik oder Text in der Oper der Vorrang gebühre, bildete auch den Ausgangspunkt für Capriccio von Richard Strauss und Clemens Krauss.

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Rebekka Bräm als Donna Eleonora, Alexandre Beuchat als Komponist und Serafin Heusser als Poet (Foto: Ingo Höhn)

 Christian Kipper, der auch die deutschen Dialoge verfasste – gesungen wurde in deutscher, italienischer und französischer Sprache –, schuf eine humorvolle Inszenierung, die auch der kleinen Spielfläche Rechnung trug. Zum pathetisch vorgetragenem Gesang kamen Videoeinspielungen (Filmschnitt: Georges Schaller) – und hin und wieder öffnete sich der schwarze Vorhang auf der Bühne und gab den Blick auf das Orchester sowie eine weitere, größere Bühne ohne Requisiten frei (Bühnengestaltung: Sabine Jaschke). Die Kostüme waren den vier Darstellern gut angepasst: in elegantem Anzug der Komponist, mit legerem Sakko der Dichter, bunt und im klassischen Stil gehalten die Kleider der beiden Sängerinnen (Kostüme: Birgit Künzler). 

 Die vier jungen Schweizer Studierenden der Hochschule Luzern zeigten große Begeisterung und großen Einsatz und boten sowohl schauspielerisch wie auch stimmlich erfreulich ansprechende Leistungen. Als Maestro spielte der Bariton Alexandre Beuchat zu Beginn auf seiner Violine auf. Er stellte den Komponisten mit seiner angenehm dunkel timbrierten Stimme sehr elegant dar. Viel ausgelassener und ungehobelter der Bariton Serafin Heusser in der Rolle des Poeten, der auch unbedingt seine Sängerfreundin Tonina zum Einsatz bringen wollte. Sie wurde von der Soubrette Désirée Pauli mit ihrem wandlungsfähigen Sopran und großem Temperament recht eindrucksvoll dargestellt.  Die Rolle der Donna Eleonora legte die Sopranistin Rebekka Bräm als eitle Primadonna an, die nicht gewillt war, die Bühne mit einer weiteren Sängerin zu teilen. Mit hoher Stimme und wilder Entschlossenheit verteidigte sie ihre Stellung – zur Freude des Publikums, das sich prächtig unterhielt.

 Das 12-köpfige Orchester, die Junge Philharmonie Zentralschweiz, wurde vom erfahrenen britischen Pianisten und Dirigenten Andrew Dunscombe geleitet. Es spielte die reizvolle Partitur von Salieri – unsichtbar aus dem Hintergrund – sehr nuancenreich und wurde am Schluss vom Publikum mit Sonderapplaus belohnt. Starken Beifall und einige Bravorufe gab es für das ambitionierte vierköpfige Sängerensemble.

 Udo Pacolt

 

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