Foto: Scala
WIEN / Scala:
DER UNBESTECHLICHE von Hugo von Hofmannsthal
Premiere: 13. Juni 2015,
besucht wurde die Vorstellung am 23. Juni 2015
Offenbar ist das Bedürfnis eines Teils des Wiener Publikums nach einem „normalen Stück“ in einer „normalen Inszenierung“ sehr groß. Das Theater Scala spielt Hofmannsthals „Unbestechlichen“, ein verbürgtes Lustspiel von Kaliber, und zehn Tage nach der Premiere ist die Vorstellung noch immer permanent ausverkauft und die junge Dame an der Kasse ganz unglücklich, weil ihre Warteliste immer länger wird, sie helfen will und nicht kann. Wer eine Karte für „Theodor“ hat, gibt sie nicht her.
Theodor ist der böhmakelnde Diener im hochherrschaftlichen Haus, ein Monster an Tüchtigkeit, Effizienz, hoher Intrigenkunst und Hochmut: Das Lotterleben des jungen Herren kann er nicht mehr ansehen und bereinigt es in zwei komödiantischen Stunden mühelos, verschreckt die angereisten Ex-Geliebten, schickt sie quasi postwendend heim und führt den jungen Herren wieder seiner Ehefrau zu (Ehe war für Hofmannsthal ein großes Thema).
Eine der berühmten Traumrollen der österreichischen Theatertradition, Romuald Pekny, Josef Meinrad, Otto Schenk, Helmuth Lohner, zuletzt Peter Simonischek haben sie gespielt. Was kann man mehr sagen, als dass Georg Kusztrich sich angesichts dieser Kollegen nicht hinten anstellen muss, sondern würdig neben ihnen steht? Ein messerscharfer Theodor, mit dem nicht gut Kirschen essen ist, mehr abgründig als liebenswert, das eigentlich nur selten, gar nicht gemütlich tänzelnd, vielmehr ein echter Teufel – der trägt den Abend im Alleingang.
Regisseur Peter M. Preissler und ofenbar auch Ausstatter Marcus Ganser durften diesmal offenbar nur eine bescheidene Produktion auf die Bühne stellen, minimale Ausstattung, nicht unbedingt durchwegs allererste Besetzungen (man kriegt den Darsteller-Prunk nicht aus dem Kopf, mit dem Burg und Josefstadt hier auch die kleinsten Rollen zu besetzen pflegten), immerhin Sylvia Eisenberger und Christian Futterknecht darunter, aber dem Publikum geht nichts ab. Es dreht sich ohnedies alles um Theodor, und den sollte man hier gesehen haben.
Renate Wagner