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GARS Burgarena Giuseppe Verdi DON CARLO Premiere

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PAUL GAY als König Phillip II

PAUL GAY als König Phillip II

Oper Burg Gars 2015
Giuseppe Verdi  “DON CARLO”
Premiere  19.Juli 2015

 

Der Escorial im Waldviertel
oder
Der Charme einer Freiluftoper

 

Keine Frage, diesem Charme erliegt man: Das Wetter am Premierentag, die ohne Mikrophonhilfe zustande kommenden Verdiklänge, das alte Gemäuer der Bühnenbegrenzung, noch dazu wo es aus Zeiten stammt, als die Protagonisten dieses Historiendramas noch im Escorial wandelten. Hochgesteckte Ziele haben die Veranstalter, galt es doch heuer Verdis perfekte Grand Opera – wenn auch nur in der kürzeren italienischen Fassung – auf die Bretter der neuen Bühnenkonstruktion zu bringen, um sich nächstes Jahr mit dem “Otello” bei Verdis größtem Spätwerk zu bewähren.

Ein kleines Jubiläum wäre zu feiern gewesen: Vor 25 Jahren begannen diese Burgspiele, noch unter dem Titel OpernAir Gars, immerhin lockte die attraktive Ruine in den ersten 24 Jahren über 360.000 Besucher in den Ort am Kamp, in welcher, das sei an dieser Stelle wenigstens nicht verschwiegen, der langjährige Intendant Karel Drgac und sein so wunderbarer Dirigent Ivan Parlik mit Erfolg langjährig tätig waren.

Nun, das ist Historie und der seit nunmehr zwei Jahren tätige neue Intendant und Dirigent Johannes Wildner baut auf eigene Erfahrung mit dem jungen “Orchester der Burg Gars” und einem ebenso jungen Chor, eine Erfahrung, die für ihn auch den Auftrag bedeutet, den viel akklamatierten Erfolg mit Verdi bei dieser Premiere in weitere Arbeiten an den beiden Klangkörpern zu investieren. Zu oft war der Mangel an ausreichender Probenarbeit ja doch nicht zu überhören. Auch ist ja die Stellung des Dirigenten mit dem Rücken zur Bühne eine trotz Proben höchst gewöhnungsbedürftige für alle Künstler.

Thilo Reinhardt hatte vor vier Jahren auf der Ruffini-Bühne in St.Margarethen die Chance bekommen einen Giovanni zu inszenieren und dies weidlich ausgenützt, die Regie an die Wand zu fahren. Seine Ideen gefielen nicht und vergraulten das Publikum, die Quoten stürzten damals samt dem Intendanten ab. (Dies war allerdings schon damals nicht meine Meinung, ich fand diese Regiearbeit witzig und locker)

Hier in Gars sind die Möglichkeiten geringer, durch Stoffverfremdungen aufzufallen und mit der riesigen Freitreppe von Asim Dzimo und dessen hohen Bühnenaufbau, der bessere Sicht garantiert, sowie mit den bei den Solistinnen und Solisten auffallend schönen und der Renaissance abgeschauten Kostümen von Luca Dall´Alpi hatte der Regisseur schon gewonnen. Da waren einige der seltsamen Ideen, wie etwa die flandrischen Debütierten als kreuztragende Ketzer vorzuführen oder der allzu lockere Umgang mit den Hofsitten auch nur mehr ein Klacks. Ansonsten bewährte sich die neue Bühnenkonstruktion für alle Auf- und Abtritte und Choraufstellungen so sehr, dass diese auch gleich dem nächstjährigen Kommandanten von Zypern zur Verfügung stehen wird. Wobei diese Treppe liegend ein Riesenkreuz für die kirchliche Macht symbolisieren kann, aber gleichzeitig auch ein Schwert darstellen soll, welches in die Burgmauer, also in die Macht des Staates zerstörend eindringt.

Mit bewundernswert großer Passion und unterschiedlichem Erfolg waren Sängerinnen und Sänger bei ihrer Sache. Nennen wir zuerst – wirkungsgereiht – die Eboli der jungen Kanadierin mit den armenischen Wurzeln, Nora Sourouzian, die sowohl in der Gartenszene für das Schleierlied die lockeren Koloraturen bereit hat, als auch die Dramatik im dritten Akt für ihr O don fatale. Die Gestaltung der Gartenszene zusammen mit der köstlichen Aurora Perry als Tebaldo, sie sang später auch die Stimme vom Himmel, gelang mit der nötigen Komik.

Sein Bühnentod mit schön ausgesungenen Phrasen versöhnte einigermaßen für schwächere Szenen im zweiten Akt: David Pershall der Posa, ihn kennen wir ja aus dem Staatsopernensemble, hier war er ein zwar junger aber leidenschaftlicher Freund des Titelhelden. Ihm eine gute Karriere vorherzusagen fällt leichter als man es bei der Entdeckung von Monserrat Caballé hätte, dem Tenor Oscar Marin, dessen gesangliche Leistung hoffentlich einer mittleren Indisposition geschuldet war und nicht der Normalform entspricht. Am ehesten seiner vorbildlichen Phrasierung und seinem rollenden R war etwas abzugewinnen, die seltsam gepresste Stimme endete in der Höhe geradezu unglaublich zwirnsfadendünn!

Während der weibliche Teil des königlichen Paares, Alexandra Reinprecht, den Ton der tristen Grundstimmung dieser Rolle bestens traf – gerade da vermisste man das gestrichene Arioso bei der Aufkündigung der Contessa d`Aremberg besonders – traf auch der Phillip des Paul Gay mit seinem hohlen, grellen Organ die Kälte und Härte dieser Figur glaubwürdig.

Es ergänzten Bernd Hofmann als stimmlich achtungsgebietender Inquisitor, als Frate Krzysztof Borysiewicz, dem man in der Schlussszene nicht die beste Singposition zuwies und daher einiges an Wirkung raubte und Max von Lütgendorff als Lerma.

Roger Diaz hatte den engagierten Chor einstudiert, doch dieser wird noch an Selbstvertrauen gewinnen müssen. Und in der Autodafé-Szene ist die Bürgermusikkapelle aus Gars am Kamp tätig gewesen, mit der gleichen Leidenschaft, wie sie das Pausenzeichen spielt: fast wie in Bayreuth.

 Fazit: So schön kann Sommeroper ein.

Peter Skorepa
OnlineMERKER
Fotos: (c) A.J.Hirsch

 

 

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