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WIEN/ Peterskirche/ Krypta: DON CARLO – halbszenisch

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20.7.2015 – Krypta der Peterskirche, Wien – „DON CARLO“

Wohin geht man am Besten, wenn die Stadt vor Hitze glüht, man kein Besitzer eines Weinkellers ist und einem vor zugigen Klimaanlagen graut ? Man begibt sich in die Arme der Mutter Kirche oder genauer in die Krypta der Peterskirche, wo man bei durchaus angenehmen Temperaturen ein “BestOf” des Verdischen Don Carlo genießen kann. Auf eine Anregung der Konzertagentur “In höchsten Tönen” haben sich fünf Solisten und eine Pianistin gefunden, die wichtige Szenen des Werkes in halbszenischer Version bieten.

DonCarlo_Krypta

Für die Szenen in S.Juste ist der Spielort ideal, Carlos tritt durch das Tor zum Altarraum auf die Bühne, um sein verlorenes Liebesglück zu beklagen, während Posa von hinten auftritt, Die Arie des Carlos und das “Freundschaftsduett” werden hier geboten. Aus der ersten Gartenszene gibt es das Maurische Lied (bei dem Elisabetta freundlicherweise die Partie des Tebaldo übernimmt). Danach tritt zwar Posa auf, aber nur um mit Eboli abzugehen. Seine schöne Stelle “Carlo, ch’e sol il nostro amor” mit dem Terzett ist ihm leider gestrichen und es folgt direkt das Duett zwischen den beiden Exverlobten, dem sich das Duett Posa-Philipp anschließt. Danach ist Pause, da auch die zweite Gartenszene der Schere zum Opfer fällt. Nach der Pause folgt direkt auf die große Philipp-Arie das Quartett und als krönender Abschluss des Aktes das “O don fatale“. Die Kerkerszene endet klarerweise mit Posas Tod, da sonst ein Chor vonnöten wäre. Nach der großen Arie der Elisabetta und dem anschließenden Duett mit Carlos wird aus Personalmangel ein ziemlich radikaler Schluss gewählt.

Die fünf Solisten kommen aus fünf Ländern und entsprechen dem Ausspruch des Vaters von Philipp II: In meinem Reich geht die Sonne nicht unter. Und dazu kommt noch eine Pianistin aus dem Reich der aufgehenden Sonne…

Der Titelheld ist Sergio Tallo Torres, der Besuchern des Kunstsalons wohl bekannt ist. Hier wagt er sich erstmals über eine Verdi-Partie und bestätigt den Eindruck aus der letzten Zeit, dass sich seine Stimme überraschend schnell Richtung Spinto entwickelt. Natürlich wird dieser Eindruck  durch die Akustik noch verstärkt, die das Stimmvolumen wesentlich größer erscheinen lässt. Unter diesen Verhältnissen ist es sicher schwerer, ein klingendes Piano zu erzeugen. Die junge Russin Tatiana Rasa, die eben erst in Innsbruck als Lisa in der Pique Dame unseren Heftrezensenten beeindruckte, war eine zierliche Elisabetta mit einer klaren, schönen Stimme, bei der vor allem die Mittellage beeindrucken konnte. Der Posa war Marco Ascani. Sein Bariton klingt sehr hell, aber bei der Phrasierung ist noch einiges an Luft nach oben. Es wirkt oft, als würde er selbst überrascht sein, wie gut die Höhen gelingen und sich vor lauter Begeisterung “draufsetzen”. Ein echter Einwand zur szenischen Realisation: Auch wenn er zuvor von Philipp als troppo altier bezeichnet wird, so ist es doch übertrieben, im Stehen zu sterben. Die Puertoricanerin Celia Sotomayor, die im Kunstsalon auch schon als Mrs.Quickly erfolgreich war konnte vor allem mit der großen Arie, die mit effektvoller Dramatik vorgetragen wurde, punkten. Das Schleierlied war eher auf der soliden Seite. Wahrscheinlich jeder Bass hat den Philipp als Traumpartie, aber nicht jeder Traum kann in der Realität bestehen. Helmut Höllriegl,  der sich auch um die Regie und Dramaturgie kümmerte, hat stimmlich leider nicht die Qualitäten, um mit dieser Partie zu reüssieren. Zu spröde klingt die Stimme und breite Legatobögen (wie im Quartett) sind seine Sache nicht.

Am Flügel, der fast geschlossen blieb und dennoch den Raum mehr als füllte, war Ayako Ono eine sichere Begleiterin.

Natürlich sind die szenischen Möglichkeiten sehr eingeschränkt, aber einige schöne Lichteffekte (Ali Magomedov)  können durchaus gefallen.

Noch fünfmal zeigt die Truppe diese Produktion (siehe Hinweise in “Aktuelles”). Wenn sie einen kühlen Abend mit Highlights aus einer Verdi-Oper verbringen wollen, seien ihnen diese Termine ans Herz gelegt.

Wolfgang Habermann

 

 

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