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MÜNSTER: DIE ZAUBERFLÖTE – zauberhaft geflötet im Welt – Raum. Premiere

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MÜNSTER: DIE ZAUBERFLÖTE- Premiere am 30. November 2013 – Zauberhaft geflötet im Welt – Raum

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Foto: Oliver Berg

 Gleichermassen Kennern als auch Liebhabern sollte seine Musik gefallen, wünschte sich auch Wolfgang Amadè Mozart – so nannte er sich selbst!. Mit kaum einem Werk erreichte er diese Absicht erfolgreicher als mit der „Deutschen Oper in zwei Aufzügen“ auf den Text von Emanuel Schikaneder „Die Zauberflöte“ der meistgespielten Oper überhaupt.  Am Theater Münster war es zusätzlich nützlich, Kenner und Liebhaber des filmischen Heldenepos „Star Wars“ (Krieg der Sterne) von George Lucas zu sein, das ja passenderweise auch als „space opera“ (Weltraumoper) bezeichnet wird. Die Premiere   unter der musikalischen Leitung von GMD Fabrizio Ventura fand am vergangenen Samstag in der Inszenierung von  Kobie van Rensburg statt. Letzterer erarbeitete  auch eine für den Weltraum  passende Textfassung, war für die Videogestaltung und logischerweise  – zusammen mit Kerstin Bayer -  auch für das Bühnenbild verantwortlich.

Letzteres bestand nämlich fast nur aus Videoprojektionen, was mit Hilfe von Zwischenvorhängen  schnelle Ortswechsel und vielerlei auch witzige Zauberkunststücke  erlaubte.  Neben Weltraumversatzstücken wurden auch auf die ursprüngliche Handlung bezogene Symbole altägyptischer (z. B. kleine Pyramiden in Händen der Priester) und Freimaurern zugehöriger (Dreiecke) Art angedeutet. Mit einem Lauftext der Vorgeschichte begann es – der Sonnenkreis, der die Stabilität des Universums garantierte, wurde zum Streitobjekt zwischen  Sarastro und der Königin der Nacht –. Es folgte die Reise der Beteiligten durch eine grandiose Weltraum-Landschaft mit Raumschiffen an gefährlichen Meteoriten vorbei zum Planeten, auf dem die Handlung  stattfand. Daß dazu das Orchester unter Leitung von Fabrizio Ventura mit ungewöhnlich scharfen Es-Dur-Akkorden und exakt hörbarem Fugato Mozarts Ouvertüre spielte, wurde als Begleitmusik zu den gewaltigen Weltraum-Ansichten zu wenig wahrgenommen.
Die Kostüme von Dorothee Schumacher und Lutz Kemper riefen neben gewohnter Bekleidung der Hauptpersonen vor allem Wiedererkennungsfreude beim Publikum hervor, wenn sie sich auf Figuren aus Star-wars bezogen, so etwa die Königin der Nacht vor ihrer zweiten Arie mit Darth-Vader-Kopfschmuck einschliesslich des lauten Ausatmens, die Roboter-Soldaten von Monostatos, der kleine Roboter R2D2, der Zauberflöte und Glockenspiel brachte, oder die kleinen Jedi-Ritter und Ewoks. Beim ersten Priester (stimmlich markant  Gregor Dalal)  mit Frisur und Ohren von Mr. Spock und einem Ortswechsel durch Beamen waren auch Kenntnisse von „Raumschiff Enterprise“ beim Publikum vorhanden.

Als Tamino dann mit einem Fallschirm gelandet war, sang er die ersten Sätze auf koreanisch, es erschien als Projektion ein  Übersetzungsprogramm, mit dem nunmehr alles ins Deutsche übersetzt wurde. Dadurch sollten wohl Einwände entkräftigt werden, daß Youn-Seong Shim in den gesprochenen Dialogen kein akzentfreies Deutsch sprach, das wäre gar nicht nötig gewesen, denn wir haben ohne solche Vorsichtsmaßnahme schon Sänger gehört, die die deutsche Aussprache weit weniger beherrschten. Gesanglich war er mit seinem lyrischen, wenn nötig auch kräftigem Tenor,  schöne Legatobögen mit dem nötigen Schmelz in der Bildnisarie gestaltend, ein großartiger Tamino, welchen Eindruck er  noch steigern konnte.

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Foto: Oliver Berg

Wie schon früher war seine Partnerin Henrike Jacob als Pamina, die besonders als bis zur Selbstmordabsicht verzweifelte Geliebte beeindruckte. Ihre grosse Arie „Ach, ich fühl’s“ – eines der traurigsten Musikstücke überhaupt – gestaltete sie glaubhaft im lyrischen Teil, in den Koloraturen treffsicher wie auch im grossen Sprung bei „Ruh im Tode sein“, zum Schluß vielleicht etwas irritiert, weil gerade diese verzweifelten leisen Töne etliche Besucher sich zum Husten ausgesucht hatten.

Neben Verzweiflung auch Wut stimmlich darzustellen, gelang auch begeisternd Olga Polyakova als Königin der Nacht. Sehr textverständlich begann sie aus grosser Höhe singend ihre erste Arie lyrisch bis hin zum traurigen „meine Hilfe war zu schwach“, um dann ihre Wut in den waghalsigen Koloraturen bis in die Spitzentöne treffsicher auszudrücken. Genauso großartig meisterte sie die Rachearie  stimmlich präzise bis hin zu den schwierigen Koloraturen auf „Bande der Natur“     

Für den Sarastro hatte Lukas Schmid die passende grosse Oberpriestergestalt, leider hatte er im Vergleich zu früheren Auftritten wohl einen schlechten Tag, es mangelte es ihm sowohl an der notwendigen Baßtiefe als auch an der balsamischen oberpriesterlichen Stimmkraft vor allem in seinen beiden Arien, vielleicht kam diese Aufgabe aber auch zu früh für den jungen Sänger.

Juan Fernando Gutiérrez begeisterte in einem der sympathischsten Charaktere der Opernliteratur als

Papageno in Spiel und Gesang das Publikum und konnte sich von etwas verhaltenem Beginn bis zum Schluß immer mehr steigern. Passend zu ihm spielte und sang Eva Bauchmüller eine schräpige alte und dann kecke junge Papagena.

Neben den stimmlichen Anforderungen, die sie gut meisterten,  wurde grosse Körperbeherrschung von den drei Damen gefordert – mit Sara Daldoss Rossi, Lisa Wedekind und Suzanne McLeod eine Luxusbesetzung. Meistens sexy hauteng schwarz gekleidet – teils bauchfrei – bewegten sie sich lasziv zum Rhythmus der Musik, fotografierten sich zu Beginn gegenseitig mit dem ohnmächtigen Tamino und mußten einmal sogar in weissen Überkleidern  durch einen Mundschutz hindurch singen.

Daß Philippe Clark Hall den Monostatos mit sehr beweglicher Stimme und ebenfalls grosser körperlicher Beweglichkeit ganz eindrucksvoll sang und spielte, ist einem Bäumchen-wechsel-dich-Spiel mit dem Opernhaus Dortmund zu verdanken. Ursprünglich sollte  Fritz Steinbacher die Partie übernehmen, der singt jetzt in Dortmund, etwa einen der Sänger im „Tannhäuser“. Dafür kam Clark Hall, der in Dortmund mit dem Gottesnarren in „Boris Godunov“ und Graf Boni in der „Csárdásfürstin“ erfolgreich war, nun nach Münster als Monostatos.

Schwebend in ihrem Korb vom Luftschiff getragen und  darin radelnd  auf dem Boden waren  die drei Knaben Felix Zhang, Laura Goblirsch und Naomi Schicht als zukünftige Jedi gekleidet singend und spielend eine wahre Freude. Ihr Quartett, in dem sie Pamina vom Selbstmord abhalten, war ein Höhepunkt des Abends.

Rollengerecht besetzt waren Geharnischte und Priester mit Enrique Bernardo (mit schlechtem Deutsch), Plamen Hidjov  und Lars Hübel.

Die Chöre, Opernchor und Extrachor des Theaters, der Westfälischen Schule für Musik und des Mädchenchors am Dom zu Münster waren erfolgreich einstudiert von Inna Batyuk.

Fabrizio Ventura wählte durchgehend ein sehr zügiges Tempo, manchmal vielleicht zu zügig, ließ das höher sitzende Orchester sehr durchsichtig spielen, der Kontakt zwischen Bühne und Orchester klappte auch in der Premiere fast immer  gut, auch wenn die Sänger  vor dem Orchester und vor der ersten Reihe im Zuschauerraum spielten. Die vielen Soli zeigten wiederum die Qualität des Orchesters, hier sollen die namensgebenden Flötensoli von Friederike Wiechert besonders gelobt werden.

Zwischenapplaus und Bravos des völlig ausverkauften Hauses  nach einzelnen Arien (Tamino, Pamina, Königin der Nacht und natürlich Papageno) wie hier gehört sind in Münster eher selten.  Der Schlußapplaus mit wiederum vielen Bravos  dauerte bis zum Sinken des eisernen Vorhangs. Er galt neben allen Mitwirkenden auch dem Leitungsteam. Stehenden Beifall gab es zuerst für GMD Ventura und das Orchester, dann für alle Mitwirkenden.

 Neben „normalen“ Opernfans kann  die manchmal komplizierte Handlung der Oper hier auch eine Generation gut nachempfinden, die mit Fantasy, „Star-wars“ und „Star-Trek“ aufgewachsen ist, sodaß dies zu einer „Star-Zauberflöte“ werden könnte.

 Sigi Brockmann  2. 12.2013

 

 

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