Ab 21. August 2015 in den österreichischen Kinos
DIE LÜGEN DER SIEGER
Deutschland / 2015
Drehbuch und Regie: Christoph Hochhäusler
Mit: Florian David Fitz, Lilith Stangenberg, Ursina Lardi u.a.
Ein Film, den der „Spiegel“ den „besten deutsche Polit-Thriller seit Jahren“ nennt, dem die „Zeit“ und die „FAZ“ lange, anerkennende Analysen liefern – was braucht der noch? Wer wagt eine Gegenstimme? Nun, in „Die Lügen der Sieger“ von Christoph Hochhäusler gibt es schon einige überzeugende Szenen. Etwa, wenn ein Mitarbeiter eines Chemie-Konzerns auf die gnadenloseste Weise „gebrieft“ wird, wie er einem Politiker später bei einem Essen in einem Luxusrestaurant die Zusage abringen soll, dass die Öku-Fuzzis da nicht dauernd Gesetze gegen Giftmüll verlangen, das ist doch unrealistisch, nicht wahr, und man wird sich natürlich auch erkenntlich zeigen…
Und große Blätter müssen ja goutieren, dass Journalisten, selbst wenn es „Enthüllungsjournalisten“ eines spekulativen Wochenblatts wie hier „Die Woche“ sind (soll’s der „Stern“ sein? Was immer), sich auf die Spuren der Bösen setzen. Und man glaubt auch noch, dass Stories hochkommen, weil man bei Kleinigkeiten genau hinschaut. Aber sonst?
Spielt Florian David Fitz als Fabian Groys nicht geradezu das aufgelegte, gut aussehende Klischee des Journalisten – zuckerkrank ist er, muss sich heimlich die Spritzen setzen, denn in unserer Welt ist man nicht krank. Noch Schlimmeres hat er zu verbergen, er ist ein besessener Spieler in Hinterzimmern, wo die Herren mit den noblen Betreibern dieser Etablissements so amikal umgehen, aber zahlen muss man doch, wenn man Riesensummen riskiert und verloren hat. Und wenn der Starjournalist dann eine junge Praktikantin, benannt Nadja (Lilith Stangenberg), aufgedrückt bekommt, sie von oben herab wegschieben will und sie dann so tüchtig und unentbehrlich und früher oder später auch ein Objekt seiner sexuellen Wünsche ist… ja, so geht’s zu im Drehbuch, aber dann bewegt sich auch ein Film eher auf der Billigschiene. All die großen amerikanischen Zeitungs-Enthüllungs-Filme, die in im Zusammenhang mit „Die Lügen der Sieger“ zitiert werden: nein, bitte vergessen.
Dass die getätigten Aussagen vielleicht gar nicht völlig in der Luft hängen, ist möglich – aber falls die Bundeswehr ihren Veteranen wirklich Jobs beschafft, wo sie auf schnellsten Weg chemisch vergiftet werden (Militär und Großindustrie, eine giftige Mischung), dann sorgen die Verantwortlichen auch dafür, dass man es nicht beweisen kann. Wie hier, wo am Ende alle mundtot gemacht werden. Nach Computerspielchen übrigens, die schlichte Normalmenschen ohnedies nicht nachvollziehen können.
Dass auch die Zeitungen und ihre Macher (auch nicht selten skrupellos, die Herren) selbst ins Sperrfeuer geraten, verdienen sie, so viel man aus eigener Erfahrung weiß – eine Story und was man damit erreichen kann, steht durchaus oft über der Wahrheit, der man sich angeblich soooo sehr verpflichtet fühlt. Aber das alles ist weniger starker Tobak als alter Hut. Und darum funktioniert die Geschichte (eh schon wissen…) nicht so richtig. Trotz auffallend gelungener Kameraarbeit. Die Zeiten von AKH und Watergate sind – leider? – vorbei.
Renate Wagner