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SALZBURG/ Festspiele: DER ROSENKAVALIER am 22.8.2015

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 Salzburg / Festspiele : Der Rosenkavalier 20.8.2015


Copyright: Salzburger Festspiele

 Der Rosenkavalier vom letzten Jahr von Harry Kupfer/Regie und Franz Welser-Möst/Dirigat scheint schon so etwas wie Kultstatus zu genießen. Die Inszenierung ist insofern ein großer Wurf, da sie sie sich ganz auf Wien bezieht, aber nicht unbedingt auf das Alte Wien der Zeit Maria Theresias, wenn man einmal davon absieht, dass damals alle Paläste, Kirchen und herrschaftliche Häuser, die immer wieder in Großprospekten als Kulisse gezeigt werden, neu waren und die Größe Wiens ausmachten. Harry Kupfer lädt die Rosenkavalier-Handlung weder psychologisch noch sozial auf, was er in früheren Inszenierungen gern getan hat, und das ist vielleicht auch einer gewissen Altersweisheit zuzuschreiben. Außerdem haben Hofmannsthal-Strauss selber schon einige psychologische ja philosophische Komponenten hauptsächlich in Bezug auf die  Marschallin eingebaut. Das greift Kupfer auch auf, wenn die Fortsetzung der Liebesnacht Rofranos und der Marschallin in eine parkähnliche Außenszene verlegt wird mit einem monumentalen Spiegel und einem freistehenden Portal, die schon zu Beginn auf der Dachterrasse standen, hier wie Grabmale wirken und so für die Vergänglichkeit stehen, von der auch die Fürstin redet.(Bühnenbild:  Hans Schavernoch). Aus politischer Korektheit hat Kupfer auf den “kleinen Neger” verzichtet, der hier durch einen einfachen jungen Dienstmann ersetzt wird. Weiter lässt es sich Kupfer nicht nehmen, die ganze Boudoirszene bei der Marschallin auf der Wiener Gasse zu spielen, mit wechselnden Prospekten. Ebensolches ist auch bezeichnend bei Faninals monumentalem Stadtpalais aus weißem Marmor, das aber oft in Schieflage und aus anderen Perspektiven gezeigt wird. Die Rosenübergabe gipfelt in einem schnellen (Zungen)Kuss Sophies und Oktavians, beide werden dann von der Leitmetzerin und später vom Intrigantenpaar Valzacchi (Rudolf Schasching, auf alt gestylt mit reinem hellen Tenor) und Annina (Wiebke Lehmkuhl mit gut durchgebildetem Alt) auseinander gerissen. Die Larmoyanz besonders bei seiner Nicht-Verletzung des Arms wird von Günther Groissböck als Ochs trotz seiner relativen Jugendlichkeit, noch heftiger ausgespielt, und danach scheint er sich mit Mariandl erst mal glänzend zu verstehen. Bei der Wirtshausszene wird auch ein Prater-Riesenrad eingeblendet, und die Szene spielt sich dann in einem Beisl mit großem Tor ganz romantisch im Grünen ab.   

 Das Arrangement Rofranos jagt dem Ochs tatsächlich Schrecken ein, die vielen Waisenkinder tun das ihre, so das er dann wirklich erleichtert ist, wenn er schließlich auf einem Karren abgefahren wird. Das junge Paar Oktavian und Sofie findet sich am Ende wirklich, wobei aber unklar verbleibt, ob Sofie tatsächlich den weiblichen Part übernimmt, da auch Sophie Koch (Octavian) hier sehr weiblich wirkt. Die Fürstin dagegen hat ein Stelldichein mit Faninal, mit dem sie in einem Riesenauto der Gründerzeit einen Ausflug unternimmt. Die sehr gediegenen, nicht unbedingt zeitgebunden Kostüme steuert Jan Tax bei.

 Franz Welser Möst lässt es zu den Akt-Anfängen musikalisch immer kräftig krachen und auch im weiteren Verlauf kommt das weitaufgefächerte Strauß-Orchester immer zu vollem Einsatz (Wiener Philharmoniker), Aber auch die leisen Stellen werden gut dirigiert. Der Rosenübergabe lässt Welser-Möst eine silbrig schimmernde sehr sentimentale Begleitung angedeihen.

Die Lerchenauischen, die Lakaien und Kellner werden von Mitgliedern der KV. Wr.Staatsopernchor z.T.chorisch gutstimmig gesungen, während Tierhändler, eine Modistin und die drei adligen Waisen (Federica Lombardi, Catriona Morrison, Dara Savinova) von Mitgliedern der Young Singers  rollendeckend übernommen werden. Der Salzburger Festspiel- und Theater Kinderchor, E.: Wolfgang Götz, hat nette gelungene Auftritte. Der Wirt wird von Roman Sadnik sehr agil und mit Glatze tenoral dargestellt. Dirk Aleschus (Baß) gibt den Notar. Den Polizeikommissär übernimmt Tobias Kehrer mit markant agilem Baß. Dem Sänger kann Andeke Gorrotxategi tenoral hochgeschraubtes Flair mitgeben. Die Sophie singt Golda Schultz mit angenehmem Soprano leggiero und setzt dabei markante Akzente. Den Faninal gibt Adrian Eröd mit schauspielerischer Verve, kann aber dabei naturgemäß nur wenige guttimbrierte Baritonphrasen einbringen. Günther Groissböck hat für den Ochs einen eher hell timbrierten Baßbariton zu Verfügung, den er in allen Situationen sehr gewitzt und vor allem auch wohlklingend sonor einzusetzen vermag. Krassimira Stoyanova/Marschallin fällt dagegen durch einen  dunkelsamtig timbrierten Sopran auf, sie durchschaut die Spielchen, zeichnet sich aber durch edle hoheitsvolle Auftritte aus. Gesanglich ist Sophie Koch/Rofrano mit einem fast jugendlich-dramatischen Mezzosopran, den sie auch sehr mächtig zum Einsatz bringen kann, ausgestattet. Dabei ist ihre Ausstrahlung s.o. eher eine ‘schöngeistig’ weibliche. Mit prächtiger satter Stimmfarbe dominiert sie fast auch die Ensembles und ist auch als Mariandl im ganz wienerischen Element.                                                                      
Friedeon Rosén

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