Ab 11. September 2015 in den österreichischen Kinos
KNIGHT OF CUPS
USA / 2015
Drehbuch und Regie: Terrence Malick
Mit: Christian Bale, Cate Blanchett, Natalie Portman, Antonio Banderas u.a.
Neuerdings ist es nicht nur im Theater, sondern auch im Kino gut, sich nach dem Namen des Regisseurs zu orientieren. You get, what you pay for – und die wenigsten enttäuschen die Erwartungen, die man erfahrungsgemäß in sie setzen kann (im Guten wie im Bösen).
Sähe man in einem anderen Film einen Mann ziellos am Meer wandern, die Kamera schweift dann über Landschaften, ob Berge, ob Wüsten, über futuristische Städte der Gegenwart oder Luxusresorts (Achtung, in Las Vegas schlendert man ein wenig durch Caesar’s Palace, das ist nicht schlecht!), als Kontrast wird auch ein bißchen Elend nicht vergessen, immer wieder streift man durch Straßen, immer wieder ist das Wasser ein überaus wichtiges Element, und nichts steht in erkennbarem Zusammenhang, so würde man sich nach ein paar Minuten fragen: Na gut, das war die Ouvertüre, wann beginnt der Film?
Nicht so bei Terrence Malick, der nüchterne Gemüter zuletzt mit „Tree of Life“ in den Wahnsinn getrieben hat. Bei ihm ist das der Film, so geht es die ganzen zwei Stunden lang weiter, bis man am Ende zwar weiß, dass Christian Bale gewissermaßen als „Held“ und bindende Figur durch unendlich viele Szenen geschritten ist, aber was es damit wirklich auf sich hat – das muss sich jeder selbst ausdenken. Die Kapitel tragen zwar die Titel von Tarotkarten, aber sie führen eigentlich nicht weiter, was das tiefere Verständnis angeht (so solches überhaupt angestrebt wird). „No one cares about reality any more“, ist da zumindest ein aussagekräftiger Satz. Welche Welt ist diese Welt, eingefangen ihn ihren möglichen Gegensätzen?
Wobei Malick, der problembehaftete Texaner (und man denkt immer, das wäre ein schlichter Menschenschlag!) keinen unterhaltsamen Patchwork-Film gedreht hat, wie es sie früher oft gab, wo sich die einzelnen Geschichten verhaken: Nein, er gibt uns keine weiteren Aufschlüsse, welche dramaturgische Erwägungen hier dahinter gestanden haben mögen. Die Stimme aus dem Off sagt da auch nichts, woran man sich wirklich halten könnte.
Was Christian Bale, in der Rolle eines offensichtlich gefragten, aber arbeitsunwilligen Hollywood-Drehbuchautors betrifft, so bekommt man vordringlich sein Gesicht, das ja immerhin interessant genug ist, wenn er abwesend durch die Welt schreitet: Man muss sehr, sehr lange warten, bis er einmal ein Wort sagt, und wortkarg bleibt er. Andere, wie Antonio Banderas als offensichtlicher Partykönig (so genau sind die Informationen in diesem Film nicht) schwatzt hingegen die ganze Zeit auf seine charmante Art.
Wenn man sich als Kinobesucher, der lästigerweise ja auch irgendetwas begreifen will, bei diesem Film an etwas „anhalten“ kann, dann sind es die Figuren – und da Terrence Malick über jede Art von (Festival-) Ruhm und Kritikerreputation verfügt, kann er auch mit den größten Namen besetzen. Christian Bale also ist der Sinnsucher, wenn man es so hoch ansetzen will, vielleicht auch nur der Schlenderer durch das Leben, das er mit geringer Anteilnahme beobachtet, und da sind dann auch die anderen. Wobei die Szenen mit Bruder (Wes Bentley) und Vater (Brian Dennehy) mit ihren quälenden Familienkonflikten sogar einen Hauch von Einsichtigkeiten haben.
Bei den Frauen geht es mehr durcheinander, wer ist wer, welche Funktion hat sie? Nun, Cate Blanchett ist jedenfalls Ärztin (hat tragisch ausgemergelte, verkrüppelte Gestalten am Untersuchungstisch) und die Ex-Gattin, was wirklich zwischen ihnen vorgefallen ist – wer weiß? Die anderen Damen sind Legion und teilweise nicht weniger prominent allerdings austauschbar – man merkt sich die anhängliche, im Blick immer tragisch umflorte Natalie Portman, aber die vielen anderen, Freida Pinto, Imogen Poots, Isabel Lucas, Teresa Palmer, was war da nur mit dieser und jener? Es ist, um die Wahrheit zu sagen, auch nicht wichtig. Möglicherweise fesseln die Bilder, die von Kameramann Emmanuel Lubezki brillant eingefangen werden, mehr als die Menschen, und man lässt sich dann auch schon halb besinnungslos in die Welt des „abwesenden“ Rick gleiten.
Am Ende macht sogar ein großer Schauspieler, der sich sonst zurückgezogen hat, für Malick einen Mini-Auftritt vor der Kamera: der wunderbare Armin Mueller-Stahl hier im Priestergewand. Welch ein Wiedersehen. Wenn man sich letztendlich aus dem Kinosessel erhebt, ist man von dem somnambulen Film selbst ganz somnambul geworden. Und fragt sich, ob man ihn noch einmal ansehen soll, um die höhere Logik, die möglicherweise hinter allem steckt, zu erhaschen? Übrigens: Auch Christian Bale hat bei einer Pressekonferenz zugeben, er wisse nicht, wovon der Film eigentlich handle…. Na dann!
Renate Wagner