HÖLLEN-EKSTASE UND ERLÖSUNG:EIN PACKENDER „FLIEGENDER HOLLÄNDER“ ZUM SAISONAUFTAKT (8.9.2015)
Ricarda Merbeth, Michael Volle. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn
Zum Saisonstart setzt die Staatsoper auf „Rigoletto“ und auf den „Fliegenden Holländer“. Dabei geht die stärkere Wirkung wohl eindeutig von der Richard Wagner-Oper aus. Nicht zuletzt weil die Seemanns-Ballade von einem grandiosen musikalischen „Käptn“ geleitet wird. Peter Schneider – Prototyp eines „Kapellmeisters“ von der Art, die früher Horst Stein oder Berislav Klobucar personifizierten. Er leitet eine Vorstellung mit großartigen Sängern und Sängerinnen und macht etwa doch eine Chorszene zum Höhepunkt. Das Aufeinandertreffen der norwegischen Seeleute mit der Besatzung des Schiffes des Fliegenden Holländers wird zur Höllen-Ekstase. Das Kippen von tänzerischer, brutaler Fröhlichkeit in die Angst vor dem Fremden, in die Furcht vor den „Un-Menschen“ wird zu einem musikalischen Fanal. Allein dafür ein Sonderlob für Peter Schneider, das Wiener Staatsopern-Orchester und den Chor (samt Extra-Chor) der Wiener Staatsoper, der von Thomas Lang einstudiert wurde. Ansonsten kann man über eine Repertoire-Vorstellung berichten, die auch über exzellente Sänger verfügt. Michael Volle ist ein hinreißender Holländer. Die Stimme strömt und füllt das Staatsoper-Rund, das Timbre erinnert an Theo Adam, die Spitzentöne bereiten ihm keinerlei Schwierigkeiten. Vielleicht ist er sogar zu „gesund“, zu vital, zu sympathisch. In jedem Fall eine grandiose Leistung! Nicht ganz ohne Einschränkungen ist die Senta von Ricarda Merbeth. Sie hat in der berühmten Ballade einige Mühe mit dem Wechsel von Forte zu Piano, es fehlt ihr an somnambuler Selbst-Hypnose. Aber alles in allem – die Senta von Ricarda Merbeth ist vor allen im Vergleich zu vielen Fachkolleginnen außerordentlich. Sie bewältigt das Duett ohne Schwierigkeiten und schmettert geradezu den befreienden Final-Treueschwur. Zuletzt großer Jubel wie bei Volle. Ein Erik der Extraklasse ist Herbert Lippert. Er legte die Rolle mehr in Richtung Belcanto denn als Heldentenor an. Aber der Vortrag ist perfekt, das Spiel sympathisch. Mit fröhlicher tenoraler Offenheit schmettert Thomas Ebenstein die kurzen aber wirkungsvollen Passagen des Steuermannes. Hier wächst ein Supertalent heran! Bleiben noch der etwas zu blasse und unpersönliche Daland des Hans-Peter König und die eher schwache Amme von Carol Wilson zu erwähnen. Insgesamt. Eine beachtliche Repertoire-Vorstellung!
Peter Dusek