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ICH UND KAMINSKI

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FilmCover Ich und Kaminski~1

Ab 25. September 2015 in den österreichischen Kinos
ICH UND KAMINSKI
Deutschland / 2015
Regie: Wolfgang Becker
Mit: Daniel Brühl, Jesper Christensen, Geraldine Chaplin, Amira Casar u.a.                                

Daniel Kehlmann hat vor seinem verdienten Welterfolg „Die Vermessung der Welt“ schon einige Romane geschrieben. „Ich und Kaminski“ war einer davon, der in der Masse der alljährlich produzierten und verlegten Romane zwar nicht untergegangen ist, aber auch nicht den ganz großen Erfolg brachte (und erst rückwärts gewendet, nach der „Vermessung“, auf den Autor neugierig machte).

Die Kaminski-Geschichte eines ehrgeizigen, eher mies gezeichneten Journalisten und eines undurchsichtigen uralten Malers, künstlich mit Geheimnissen und allerlei Schnokes belastet, ist nun auch schon deshalb kein zu überschätzendes Buch, weil es so vorhersehbar läuft. Und das geht dem Film, der nach dieser Vorlage gedreht wurde, nicht anders.

Dabei kann man sagen, dass Regisseur Wolfgang Becker (er zählt mit Tom Tykwer und Dani Levy zu einer anerkannten Garde deutscher Regisseure, wenn er selbst auch nur mit „Good Bye, Lenin“ einen wirklich großen Erfolg hatte) das Maximum aus der Geschichte herausgeholt hat. So viele Schauplätze wie möglich – Berlin, die Schweiz, Züge, on the Road – , so viele Drehungen und Wendungen der Geschichte, wie nur geht, ein noch deutlicher gemachtes Wohlfühl-Ende, um nicht zu zeigen, wie schlicht alles letztlich ist.

Die Besetzung macht viel. Daniel Brühl (der mit Becker schon „Good Bye, Lenin“ zum Erfolg gebracht hat) ist das „Ich“, der nicht wirklich erfolgreiche, aber höchst angeberische und anfangs mit Lust unangenehme und penetrante Journalist Sebastian Zöllner. Auf der Suche nach einem billigen Erfolg, gedenkt er, sich auf die Fersen des uralten Malers Manuel Kaminski zu heften, der ohnedies bald sterben wird – kann er dann mit einer Biographie dastehen, auf letzten Interviews beruhend, so rechnet er sich einen Welterfolg aus. Obwohl ihm der Mann im Grunde völlig egal ist.

Immerhin hat sich der Film die Mühe genommen, diesen „Kaminski“ scheinbar zum Leben zu erwecken, ihn in einer langen „Dokumentation“ zu den Großen seiner Zeit auf Fotos dazuzukopieren, zu Matisse, Picasso, den Pop Artists, als gäbe es keine Frage über dessen reale Existenz. Wobei diesen (fiktiven) Kaminski ein Rätsel umgibt, das die Kunstwelt in Aufruhr versetzt: Ist er wirklich blind geworden? Oder tut er nur so (warum auch immer)? „Painted by a blind Man“ funktioniert doch in unserer Welt der Schlagzeilen? Nun ist er einer der ganz Alten, aus denen man das letzte Quentchen Berühmtheit herausquetschen will, bevor sie in der Grube landen…

Erst einmal redet Zöllner dem Verleger sein Projekt ein. Dann wird er von seiner Freundin aus der Wohnung geworfen. Da begibt man sich erst recht auf den Weg in einen entlegenen Winkel der Schweiz, wo man die letzte Strecke zur Villa des großen Mannes zu Fuß gehen muss. Da verheddert man sich zwischen der Besitz ergreifenden Tochter (Amira Casar, durch und durch Kunstfigur) und der bestechlichen Bediensteten, da benimmt man sich beim Abendessen so erschütternd schlecht, dass das nur Kino sein kann (im Leben kommt so ein Kerl nicht mehr über die Schwelle).

Ich und Kaminski

Ja, und dann – abgesehen von ein paar Interviews, die Zöllner führt, mit Leuten, die alle so greisenhaft alt sind wie Kaminski selbst – geht’s auf die Reise: So wie die Spannung zwischen schaffenden Künstlern und ihren Parasiten für Zeitschriften und Journale nach dem Reißbrett aufgebreitet worden ist, so logisch erfolgt nun nach dramaturgischen Gesetzen die Annäherung, die aus Zöllner einen „besseren“ Menschen machen soll. Und so klar ist auch dem Zuschauer, dass das Treffen des uralten Malers mit seiner uralten einstigen Geliebten, die er viele Jahrzehnte nicht gesehen hat, enttäuschend ausfallen muss… Und auch auf der Hand liegend, dass die Pointe (ist Kaminski nun blind oder vielleicht doch nicht?) in der Luft hängen bleibt Natürlich, der unaufgeklärte Rest.

Die Darsteller bringen es, obwohl es Daniel Brühl (auch wenn er es laut Interview besonders gern getan hat) nicht ganz leicht fällt, die längste Zeit das A-loch zu spielen. An Jesper Christensen fasziniert, dass er nicht elegant das Klischee des großen alten Künstlers bedient, sondern (Jahrzehnte älter wirkend, als er tatsächlich ist) nichts anderes spielt als den Uralten, teils stur, teils schon abgehoben genug, um in sich hinein zu lachen.

Ganz am Ende liefert Geraldine Chaplin als wieder gefundene Freundin von einst die faszinierende Studie eines zwischen Bewusstsein und Verlorenheit gleitenden Geistes, der nicht mehr der Mensch ist, der er einst war…

Den witzigsten Beitrag zu dem Film liefert der Nachspann, ein Who is Who der berühmtesten Bilder (und damit Maler) der Welt-Kunstgeschichte. Hier scheint mehr über das Besondere des Themas (was wissen wir von Künstlern, ihrem Innenleben, ihrem Schaffen?) erzählt zu werden als in den zwei Stunden davor…

Renate Wagner

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