Frankfurt: „BACH: WEIHNACHTS-ORATORIUM
ZALENKA: MAGNIFICAT“ 03.12.2015
Thomas Hengelbrock, Balthasar Neumann Chor und Ensemble. Foto: Pro Arte
Authentischer und spiritueller als vom Balthasar-Neumann-Chor und Ensemble unter der Leitung von Thomas Hengelbrock lassen sich die Kantaten Nr. 1-3 des „Weihnachts-Oratoriums“ von Johann Sebastian Bach wohl kaum interpretieren. Man beschränkte sich beim Gastspiel in der Alten Oper lediglich auf diese drei Ausschnitte, jedoch brachte man zudem das „Magnificat D-Dur“ von Jan Dismas Zalenka zu Gehör.
Gleich zu Beginn erschallen die gewaltigen Trompeten und Pauken im pompösen Eröffnungschoral des passionsverwandten Werkes so frappierend exakt, konsequent, klangschön und ließen bereits das folgende musikalische Ereignis erahnen. Thomas Hengelbrock sorgte mit seinem fulminant aufspielenden Bathasar-Neumann-Ensemble für eine adäquate, spannungsvolle, transparente, akzentuierte Interpretation der Bach´schen Partitur der Sonderklasse. Unbestreitbar musizierte das vorzügliche Instrumentarium auf höchstem Niveau, wann je zuvor erklang das Trompeten-Trio mit seinem wechselvollen Spiel so lupenrein brillant? Johann Sebastian selbst hätte sich vor so viel musikalischer Hingabe und Präzision, in Ehrfurcht verneigt.
Ausgezeichnet ebenso die Solisten, allen voran Tilman Lichdi gestaltete mit edlem Tenortimbre nuanciert die Rezitative des Evangelisten, ließ dabei auch die emotionelle Beteiligung des Vortrags erkennen und setzte vokale Maßstäbe auch während der beiden Tenor-Arien.
Immer wieder bewundernswert, auf welch hohem Niveau die Chor-Solisten des Ensembles fungieren. Souverän, erfrischend leicht modellierten Alice Borciani, Heike Heilmann, Agnes Kovacs die Sopranparts, affektbetont deuteten Anne Bierwirth, Nicole Pieper ihren Notentext mit ansprechendem Mezzo aus. Besonders markant im klangvollen Altregister demonstrierte Alex Potter sein Countermaterial.
Vital, virtuos, kernig intonierte Christian Immler die Bassarien, vor allem sehr bewegend Großer Herr, o starker König. Weicher im Timbre dagegen erklang die Stimme von Thilo Dahlmann, bestens disponiert im Sopran-Duett.
Technisch famos versiert, voll imposanter Artikulation, elegant, transparent ausbalanciert präsentierte sich der Balthasar-Neumann-Chor im herrlichen, großformatigen Chorsound. Welch herrliche tonale Nuancen wurden da offenbar, das nenne ich Chorformationen aller erster Güte.
Als reizvollen Kontrast setzte man das „Magnificat D-Dur“ von Jan Dismas Zalenka, vor die Bach-Kantaten, welches der tschechische Komponist offenbar nicht für die Vesper eines hohen Festtags schrieb, da es auf einen pompösen Trompetenchor verzichtet. Im Gegensatz zu Bachs Werk fällt auch hier, die einfache, formale, musikalische Gestaltung auf.
Vortrefflich interpretierte wiederum Thomas Hengelbrock mit seinem gesamten Ensemble in bewundernswert frappierender Homogenität die knapp disponierte, dreisätzige Kirchenmusik, voll reicher Harmonie und akzentuierter Expressivität. Man merkte wieder deutlich, wie der erfahrende Chor mit solcher Musikliteratur umzugehen vermag und Hengelbrock formte eine stimmige, profunde Wiedergabe in eleganter, aussagekräftiger Wiedergabe.
Das Publikum feierte alle Beteiligten dieser denkwürdigen Interpretationen sehr herzlich und wurde mit zwei Zugaben belohnt und zwar Jesus bleibet meine Freude aus „Herz und Mund und Tat und Leben“ (Bach) sowie Denn er hat seinen Engeln befohlen aus „Elias“ (Mendelssohn).
Gerhard Hoffmann