WIENER STAATSOPER: 10.12.2015 SO „SALOME“
Tomasz Konieczny. Foto: Wiener Staatsoper
Die derzeit laufenden „Richard Strauss-Festspiele“ bieten überdurchschnittlich gutes Musiktheater. In Boleslav Barlogs Inszenierung der „Salome“, die rein optisch gesehen nicht zu den Meisterwerken des Hauses zählt, konnten Sänger glänzen oder abstürzen. Ersteres gelang der Interpretin der Titelrolle, Lise Lindstrom. Die sehr jugendlich wirkende Sängerin aus Kalifornien war mit ihrem schlanken Sopran die Überraschung des Abends. Ist man doch in dieser Rolle an Heroinenhaftigkeit gewöhnt, schon im Hinblick auf den kräfteraubenden Part, war es dann doch überraschend, mit welch großer Intensität die zierliche Dame vor allem das Finale nach dem Schleiertanz bewältigte. Ein weiterer Pluspunkt war Herwig Pecoraro als Herodes. Sein Charaktertenor, den man schon in vielen Partien gehört hat, war als der von seinen Frauen getriebene, unglücklich agierende Herrscher eine Klasse für sich, vor allem war die Wortdeutlichkeit beispielhaft.
Geringere Stimmqualitäten konnte man Carole Wilson als Herodias attestieren. Die etwas schrille Stimme passte, ein Ohrenschmaus war sie nicht. Einen schlechten Tag hatte Tomasz Konieczny als Jochanaan. Sein kräftiger Bariton wurde durch eine Indisposition zu einem mühsamen Durchhalten gebremst. Eine objektive Kritik an seiner Leistung ist demnach nicht möglich. In den kleineren Rolle reüssierten Juliette Mars als Page und Carlos Osuna als Narraboth.
Neben der Titelheldin brillierte das Orchester, das unter der Leitung von Dennis Russell Davies groß aufspielte. Da gab es keinerlei Schwächen, alle Orchestergruppen spielten in Hochform. Gerade bei Werken mit diesen Klangmassen ist ein dosierter Einsatz ebendieser äußerst wichtig.
Das Publikum wirkte ob der Intensität des Gehörten ein wenig eingeschüchtert und applaudierte etwas sparsam.
Johannes Marksteiner