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WIEN/ Staatsoper: VEC MAKROPULOS

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WIEN/Staatsoper: VEC MAKROPULOS am 18.12.2015 (Helmut Christian Mayer)


Carlos Osuna, Margarita Gritskova. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Ist einer der sehnlichsten Wunschträume der Menschheit auf Unsterblichkeit wirklich erstrebenswert? Diese brennende Frage wird in Leos Janaceks vorletzter Oper Vec Makropulos – Die Sache Makropulos bestimmt und eindeutig mit Nein beantwortet. Denn Emilia Marty alias Elina Makropulos, die gefeierte Operndiva, ist mittlerweile 337 Jahre alt geworden. Sie ist immer noch schön und von der Männerwelt heiß umschwärmt. Ihr Vater, der Leibarzt beim Kaisers Rudolf II in Prag war, hat Ende des 16. Jahrhundert an seiner Tochter ein lebensverlängerndes Elixier ausprobiert, dessen Wirkung nun demnächst endet. Vordergründig geht es in dem erstmalig an der Wiener Staatsoper gezeigten Musikdrama um einen seit hundert Jahren andauernden Erbstreit, in dem Emilia an das Rezept des Wundermittels kommen will. Aber in Wirklichkeit ist sie längst ihres Lebens überdrüssig, gelangweilt von ihrer Umgebung und den ständigen sexuellen Nachstellungen der Männer. Sie begegnet allen nur noch mit Verachtung, Kälte und Zynismus. Und letztlich entscheidet sie sich auch tatsächlich für den Tod.

Regie-Urgestein Peter Stein hat in letzter Zeit ein Bekenntnis zur Librettotreue abgelegt. Und so zeigt er in seiner braven und genau gearbeiteten Inszenierung dieses raren Musikdramas präzisen Naturalismus. In einer historisierten Szene, einer mit Akten voll gestopften, altmodischen Rechtsanwaltkanzlei, der Bühne der Wiener Staatsoper und einem luxuriösem Hotelzimmer (Bühne: Ferdinand Wögerbauer) und in Kostümen (Annamaria Heinreich) aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts regiert besonders im ersten Akt viel Statik. Stärker und lebendiger wird es ab dem zweiten, richtig spannend wird es dann im dritten Akt, wenn sie trotz Erlangen der Rezeptur unerwartet darauf verzichtet, plötzlich zu einer Mumie wird und schlussendlich stirbt.

Laura Aikin als Emilia Marty braucht den Vergleich mit großen Vorbildern wie Anja Silja oder Angela Denoke nicht zu scheuen. Sie spielt und singt die in extremen Lagen komponierte Partie mühelos und souverän und weiß besonders in ihrem Schlussmonolog stark zu berühren. Wolfgang Bankl als Rechtsanwalt Dr. Kolenaty singt markant. Der ehemalige Verehrer Hauk-Sendorf, der mittlerweile zum Greis mutierte, wird von Heinz Zednik mit viel Komik gespielt. Ludovit Ludha, kurzfristig für Rainer Trost eingesprungen, als Albert Gregor, bewältigt als einziger Rollenerfahrener alle diffizilen Klippen der Rolle mit expressiver Durchschlagskraft. Markus Marquardt als Jaroslav Prus singt ideal. Sehr charmant gestaltet Charme Carlos Osuna die Rolle dessen Sohnes Janek Prus. Thomas Ebenstein ist ein idealer Bürodiener, Margarita Gritskova eine tadellose Krista.

Mit 71 Jahren komponierte der eigenwillige Komponist aus Brünn Leos Janácek diese Oper, die so radikal und modern wurde, wie kein Werk zuvor. Jakob Hrusa am Pult des Staatsopernorchesters wusste die oft kleinteiligen Klangskizzen und die extrem kurzen Motive mit intensiver Expressivität, einem Farben- und Differenzierungsreichtum und einem geradezu hymnischen, leuchtenden Finale zu realisieren. Großer Jubel!

Helmut Christian Mayer

 

 

 

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