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LUDWIGSBURG/Forum am Schlosspark: LES BALLETS DE MONTE CARLO

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Les Ballets de Monte-Carlo im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

BIS ZUM ENDE DURCHHALTEN

Les Ballets de Monte-Carlo im Forum am Schlosspark am 14. Januar 2016

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Copyright: Laure Briane

Seit 1993 leitet der Franzose Jean-Christophe Maillot „Les Ballets de Monte-Carlo“. Die 1995 entstandene Choreografie „Vers un pays sage“ ist eine Verbeugung Maillots vor seinem Vater, dem Maler Jean Maillot. Landschaftsbilder stehen hier eindrucksvoll im Mittelpunkt, flankiert von den majestätischen Tänzern in den goldenen Kostümen Karl Lagerfelds. Die Energie des leidenschaftlich Getriebenen durchzieht diese meisterhafte Choreographie. Und die staccatohafte und rhythmisch scharf akzentuierte Musik von John Adams („Fearful Symmetries“) gönnt den Tänzern dabei keine Atempause.

Die Botschaft ist klar: Man soll bis zum Ende durchhalten, es bis zur totalen Ziellinie schaffen. Solidarität kommt aufgrund komplizierter Hebungen und stiller Übereinkunft der Formation zum fesselnden Ausdruck. Diese ungeheure Quelle der Energie lässt sich nicht bändigen. Starke Lichtreflexe im Hintergrund beleuchten die Szene in suggestiver Weise. Im zweiten Stück „Altro Canto I“ haben die Tänzer ihre goldenen Kostüme abgelegt, weiße Gewänder blitzen hervor. Sie stammen ebenfalls von Karl Lagerfeld. Der Raum ist mit subtilem Kerzenlicht in sinnlicher Weise ausgeleuchtet. Eine elektrisierende und vibrierende Kraft durchbebt die Körper zur kontrapunktisch überaus reichen Musik von Claudio Monteverdis „Magnificat“, Biagio Marinis „Sinfonia grave“ und Giovanni Girolamo Kapsbergers „Colascione und Toccata Arpeggiata“ (interpretiert vom Ensemble Akademia unter der Leitung von Francois Lasserre). Wie genau hier die Tänzer der Musik nachlauschen, ist wirklich bemerkenswert. Insbesondere die scharfen rhythmischen Ostinati und die hochgespannt-affektgeladene Textdeklamation bei Monteverdi zeigt immer wieder die besonderen Qualitäten von „Les Ballets de Monte-Carlo“.
Man denkt bei diesem Bühnenbild wiederholt an Kathedralen und an die Gemälde von Georges de la Tour. Spirituelle und religiöse Gefühle verbinden sich sphärenhaft mit dem Herzschlag, was tänzerisch eindringlich umgesetzt wird. Mystische Wellen scheinen den Raum dabei regelrecht zu durchfluten. Die Steigerungen bis zur Ekstase werden in aller Sinnlichkeit ausgekostet. Zuletzt scheinen die Tänzer in sich zusammenzusinken. Vielfältig und überaus farbig verschwimmen die Bilder im Nichts hinter durchsichtigen Vorhängen. Die Raum-Klang-Wirkung des italienischen Frühbarock ist bemerkenswert. Dass dabei Fragen offenbleiben, mindert die Wirkung dieser Choreographie nicht. Leben scheint das Kirchenschiff der Kathedrale zu erfüllen. Stürmische Ovationen. 

Alexander Walther    

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