ARABELLA ALS SCHWESTER DER KAISERIN-GLANZVOLLE WIEDERAUFNAHME DER LETZTEN OPER VON RICHARD STRAUSS UND HUGO VON HOFMANNSTHAL (26.1.2016)
Anja Harteros. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Die Neuinszenierung der letzten gemeinsamen Arbeit von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal durch Sven-Eric Bechtolf liegt schon wieder 10 Jahre zurück – aber die 39.Reprise dieser „Arabella“ war wohl ein besonderes Glanzstück : Anja Harteros wies sich beim Wiener Rollendebüt in der Titelpartie geradezu als Schwester der Kaiserin aus. Sie hält die ideale Balance zwischen Lyrik und dramatischer Emphase, ist zugleich Mädchen und elegante Schönheit. Vom Duett mit Zdenka (wunderbar einmal mehr Ileana Tonca) über der „Verlobungs-Szene“ (mit dem ausgezeichneten Tomasz Konieczny als Mandryka) bis hin zum grandiosen Finale – steigert sich die deutsch-griechische Sopranistin .
Aber auch der Dirigent ist ein Glücksfall. Cornelius Meister, der junge wie talentierte Chefdirigent des RSO, trug wesentlich zum Gelingen des umjubelten Abends bei. Er bewältigt mühelos den „Spagat“ zwischen Pathos und ironisch-subtilem Humor, zieht weite, ausladende Bögen und ziseliert dann die Details dieses Werkes, das in den Jahren nach den Wozzeck- und Turandot-Uraufführungen entstand. Die optische Ansiedelung der „Arabella“ in den schrägen 20er Jahren durch Sven-Eric Bechtolf sowie Rolf und Marianne Glittenberg erhielt durch die Deutung durch Cornelius Meister zusätzliches Gewicht. Wie überhaupt die Bechtolf-„Arabella“ ein gelungener Neudeutungs-Ansatz zu sein scheint. Allein die Aufwertung der Kartenaufschlägerin (mehr als ordentlich Donna Ellen), die als Verkörperung des personifizierten Schicksals agiert, spricht für sich.
Und noch etwas ist bei „Arabella“ wichtig: ein paar Stars reichen nicht aus. Hier muss jede noch so kleine Rolle hochkarätig besetzt werden. So wertet Norbert Ernst die Rolle des Elemer fast zu einem zweiten Matteo auf. Apropos Matteo – mit ihm steht oder fällt die „lyrische Komödie“. Mit Michael Schade steht jedenfalls einmal mehr der ideale „Heiß-Sporn“ zur Verfügung. Richard Strauss hat ihm unzumutbare Kantilenen zugemutet, er kommt durch, bleibt sympathisch und bekommt am Ende seine Traumfrau!
In der aktuellen Arabella-Serie gibt es aber auch eine neue Fiaker-Milli: Hila Fahima singt tollkühn nach dem Motto je höher – je lieber. Die beste Rolle für den polnischen Neo-Wotan Konieczny ist der Mandryka: er schwankt zwischen Macho und Tollpatsch, ist „Sir“ und doch auch Provinz-Charmeur. Die lyrischen Passagen kontrastieren zu den Stimm-Ausbrüchen. Wunderbar! Ileana Tonca kann bald die Arabella singen. Sie kontrastiert zur Harteros im Duett und wertet die Szenen mit Matteo auf. Großartig auch wieder Wolfgang Bankl als Waldner – phlegmatisch und spielwütig und letztlich doch liebenswürdig. Wie einst Otto Edelmann!
Eher blass die Adelaide von Carole Wilsen, solide Manuel Walser als Dominik und volltönend Sorin Coliban als Lamoral. Das Orchester der Wiener Staatsoper ließ sich von Cornelius Meister offenbar voll motivieren, der Chor der Wiener Staatsoper (Leitung Martin Schebesta) genoss hörbar die Life-Ball-Atmosphäre der Bechtolf-Produktion.
Großer Jubel am Ende wie er bei „Arabella“ nicht immer zu registrieren ist.
Peter Dusek