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WIEN/ Volksoper: DER KONGRESS TANZT. Premiere

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Volksoper: DER KONGRESS TANZT – Premiere am 20.2.2016

(Heinrich Schramm-Schiessl)


Copyright: Barbara Palffy/ Volksoper

Werner Richard Heymann (1896-1961) war ein Komponist von Filmmusiken an der Schnittstelle zwischen Stumm- und Tonfilm. Er schrieb zunächst für zahlreiche Stummfilme, u.a. „Metropolis“, die Begleitmusik und war nach der Einführung des Tonfilms einer der bedeutenden Komponisten der Filmmusiken dieser neuen Form des Filmes. Ab 1926 war er bei der UFA beschäftigt und schuf Filmmusiken für zahlreiche sehr populär gewordene Filme. 1933 mußte er vor den Nazis fliehen, ging zunächst nach Paris, landete schließlich in Hollywood und wurde auch dort nach anfänglichen Schwierigkeiten zur Berühmtheit. Für Spitzenfilme wie „Ninotschka“, „Rendevouz nach Ladenschluss“ oder „Sein oder Nichtsein“ schrieb er die Filmmusik. 1951 kehrte er dann nach Deutschland zurück.

Einer der bekanntesten Filme aus seiner UFA-Zeit war „Der Kongress tanzt“ von Erik Charell mit Lilian Harvey und Willi Fritsch in den Hauptrollen (1931). Von diesem Film schuf 1955 Franz Antel ein Remake in Farbe mit Johanna Matz und Rudolf Prack. Lieder wie „Das gibts nur einmal“ oder „Das muß ein Stück vom Himmel sein“ wurden Evergreens.

Für die Volksoper schufen nun Michael Quast und Rainer Dachselt eine Bühnenfassung, die musikalischen Arragements sind von Christian Kolonovits, der dabei weitere Schlager Heymanns in die Partitur aufnahm. Die Handlung des Stückes ist rasch erzählt: Sie spielt vor dem Hintergrund des Wr. Kongresses und schildert die Liaison zwischen dem russischen Zaren Alexander mit der Wiener Handschuhmacherin Christel. Für Verwirrung sorgt der Doppelgänger des Zaren, den dieser immer dorthin schickt, wo er gerade selbst nicht hin will. Ein Happyend gibt es allerdings nicht, denn am Ende des Stückes steht die Flucht Napoleons von der Insel Elba, worauf alle Staatsoberhäupter – so auch der Zar – in ihre Heimatländer zurückkehren müssen.

Mit der Produktion an sich konnte man allerdings nicht wirklich glücklich sein. Zum einem hätten die Arangements der Musik transparenter und leichter sein können, zum anderen kann man die Bühnenfassung als nicht wirklich gelungen bezeichnen. Das liegt vor allen Dingen daran, dass es sehr schwierig ist, eine ca. 90-Minuten Filmhandlung, wo man gewisse Leerläufe in den Dialogen mit den Mitteln der Filmtechnik übertünchen kann, in eine 150-Minuten Bühnenhandlung umzuwandeln, wo letztlich alles 1:1 umgesetzt werden muß. Die Dialoge waren einfach zu lang und nur mäßig lustig, obwohl es einige, eher banale, aktuelle Anspielungen gab. So hatte man den ganzen Abend über das Gefühl, dass das Stück nicht Fleck kommt. Leider konnten auch die durchaus schwungvollen Melodien hier nicht mehr viel retten.

Dabei war die Inszenierung von Robert Meyer durchaus gelungen. Eva-Maria Schwenkel schuf dazu ein Grundbühnenbild in Form einer Wand mit zwei Tapetentüren, auf die wechselnde Bilder projeziert wurden, und zwei Öffnungen durch die die einzelnen Szenenbilder kaleidoskopartig am Zuschauer vorbeizogen. Die Kostüme von Gertrude Rindler-Schantl waren der Zeit der Handlung angepasst, die Choreographie von Florian Hurler konventionell.

Die Besetzung hakte leider an Boris Eder in der Doppelrolle Zar Alexander und dessen Doppelgänger Uralski. Letzteren stellte er zwar durchaus humorvoll auf die Bühne, als Zar litt er jedoch leider an mangelnder Persönlichkeit. Auch stimmlich blieben leider viele Wünsche offen. Dengegenüber war seine Partnerin Anita Götz als Christel ein quirrliges Persönchen, dass mit durchaus ansprechender Stimme sang. Robert Meyer spielte auch den Fürsten Metternich und bot wie immer in solchen Rollen eine prägnante Leistung. Sehr überzeugen konnte sowohl stimmlich als auch darstellerisch Michael Hawlicek als dessen Mitarbeiter Pepi. Thomas Sigwald war ein persönlichkeitsstarker Adjutant Bibikoff – er wäre vielleicht der bessere Zar gewesen. Köstliche Typen waren die sechs Gesandten (Wolfgang Gratschmaier, Marco di Sapia, Axel Herrig, Bernd Birkhahn und Franz Suhrada). Agnes Palmisano bot als Heurigensängerin eine durchaus gelungene Parodie auf Maly Nagl (für Nichtwiener: Bekannte Wienerliedsängerin in der Mitte des vorigen Jahrhunderts). Den übrigen Mitwirkenden sei ein Pauschallob ausgesprochen.

Das Orchester unter Christian Kolonovits hätte durchaus etwas differenzierter spielen können.

Den üblichen Volksopernpremierenjubel gab es schon nach der Potpourrie-Ouvertüre und natürlich am Schluß, wiewohl er diesmal durchaus endenwollend war.

Heinrich Schramm-Schiessl

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