Quantcast
Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208

BADEN-BADEN: LIEDERABEND ANNA NETREBKO / Elena Bashkirova

Baden-Baden: „ANNA NETREBKO –

                         ELENA BASHKIROVA“

Liederabend 20.02.2016

Image may be NSFW.
Clik here to view.
Anna Netrebko by Dario Acosta 1_klein

Anna Netrebko. Copyright: Dario Acosta

Zum Fest des „Freundeskreises Festspielhaus Baden-Baden e.V.“  wurde Anna Netrebko zum diesjährigen Galakonzert ins Festspielhaus und beglückte die ehrwürdige Gemeinde mit einem Liederabend des russischen Repertoires.

Kaum war das erste Lied verklungen, wurde mir bewusst, ich wohne einem musikalischen Ereignis der Superlative bei. Der Eindruck sollte ich auch zunehmend in Pausen-Gesprächen mit Kollegen anderer Medien verstärken, alle waren wir uns einig das ist die absolute Spitzenklasse!

Fünf Vertonungen von Sergej Rachmaninow eröffneten das ereignisreiche Lieder-Recital. Schwerlich lassen sich die Eindrücke der Vortragskunst Anna Netrebkos beschreiben, handelte es sich zudem keineswegs nur um einen Liederabend im herkömmlichen Sinn, sondern mehr oder weniger um eine inszenierte Choreographie!

Bereits „Vor meinem Fenster“ offenbarte die Souveränität, die hohe Kunst des Einfühlens, die Schattierungen der Emotionen, die Stimme melodisch zu färben, die grandiose wohlklingende Höhenakrobatik zu demonstrieren. Zudem verstand es Netrebko den Liedern eine lebendige „Optik“ einzuhauchen, bewegte sich raumfüllend fernab des begleitenden Instruments die Pianistin dezent in den Mittelpunkt rückend. Zur Textstelle Morgens vor Tagesanbruch, gehe ich über das taufrische Gras des Liedes „Flieder“ berührte  die Vokalistin hingebungsvoll, schier traumverloren  das Blumenarrangement zur Linken. Den betörenden Gesang bei „Sing nicht du Schöne, vor mir Lieder des traurigen Georgiens“ gleich einem schicksalshaften Mahnmals an ein anderes Leben, sinnvoll und prägnant zu unterstreichen.

Elf bedeutungsvolle Preziosen von Nikolai Rimsky-Korsakow folgten in großartiger Reverenz: Schwermütig und dennoch hoffnungsvoll „Klangvoller ist das Lied der Lerche“ mischt die Sängerin in hellen vokalen Farben auf. Gleich einer Erzählung Scheherazades voll Glut, Ausdrucksexpressivität, lichten Spitzentönen, atemberaubender Tongebung, von hinreißend-anmutigen Bewegungen begleitet erklang „Suleikas Lied“. Verführerisch, lockend, nachhaltig-betörend geprägt von hoher Musikalität entführte die grandiose Gestalterin „Ins Reich der Rose und des Weins“.

Nun erwies sich Elena Bashkirova am Klavier nicht nur als äußerst einfühlsame Duo-Partnerin, sondern auch als geniale Pianistin welche die Klavierparts kongenial in Sonatennähe rückte, ohne jedoch vordergründig zu wirken.

Nach der Pause bereicherte Anna Netrebko ihre exzellenten  Vorträge mit 8 Vertonungen aus der Feder von Peter Iljitsch Tschaikowsky, welche sich jedoch nicht als Lieder sondern Opernszenen „en miniature“ erwiesen. Natürlich, innig voll trauriger Wehmut erklang die Ballade eines verständnislos-resignierenden Mädchens „Ich war doch wie das Gras auf dem Feld“ in musikalischer Vollendung, bereichert von atemberaubenden Oktavsprüngen.

Emotionelle Klangfacetten mischt Netrebko dem Gedicht Heinrich Heines Warum sind die Rosen so blass? zur herzzerreißenden Vertonung „Warum ?“ bei und ließ ihren warmen Sopran gleich einem Sonnenstrahl, pulsierend eindrucksvoll leuchten. Exemplarisch sicher fokussiert, belcantesk variiert, atmosphärisch verdichtet, lieblicher Momente bereichert interpretierte die hervorragende Erzählerin „Serenade“.

Melancholische Stimmungen nuanciert verwebt in vokaler Variabilität schenkt Anna Netrebko dem Lied „In trüben Tagen“ und beschloss mit „Ob Tag herrscht“ signifikant das begeisternde akustische wie optische Bouquet.

Samtig tönend, vorzüglich musikalisch-dramaturgisch gestaltend bestach wiederum die ausgezeichnet aufspielende Elena Bashkirova mit pianistischen Finessen, stilistischem Einfühlungsvermögen und hinterließ wiederum nachhaltige Virtuosität von hohem Rang.

Überschäumend war die Begeisterung des ausverkauften Hauses und die Damen gewährten noch zwei Zugaben: herrlich melodisch und innig vorgetragen „Als die alte Mutter“ (Dvorak) sowie als Huldigung zu verstehen „Cäcilie“ (Strauss). Dieser denkwürdige Abend dürfte die Annalen des Festspielhauses nachhaltig bereichern.

Gerhard Hoffmann

Diese Seite drucken


Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208