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WEIMAR/ Lyric Opera Studio: COSÌ FAN TUTTE im Leipziger „Mon ami“

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Doppelbödige Komik

Così fan tutte im Weimarer „Mon ami“

Aufführung des Lyric Opera Studio Weimar 27.2. – 2.3. 2016

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Copyright: Lyric Opera Studio Weimar

 Der Wiener Korrespondent des Weimarer „Journal des Luxus und der Moden“ bemerkte im März 1790:

 „Ich kündige ihnen wieder ein vortreffliches Werk von Mozart an, das unser Theater erhalten hat […] Es hat den Titel Così fan tutte […] Von der Musik ist, glaub ich, alles gesagt, dass sie von Mozart ist.“

Auch im Weimarer „Mon ami“ war die positive Überraschung perfekt. Alle qualitativ hochwertig singenden und spielenden Solisten gehören dem vor neun Jahren ins Künstlerleben gerufenen Lyric Opera Studio Weimar an. Ziel dieses spannenden Unternehmens ist es seitdem, jungen und gut ausgebildeten Sängern erste Schritte in Richtung einer Karriere zu ermöglichen.

Das geschieht durch Sprachtraining, durch die Teilnahme an Meisterkursen sowie durch Opernproduktionen. Des Weiteren dienen die alljährlichen Kurse dazu, den Sängernachwuchs fit zu machen für ein Vorsingen bei Agenturen. Ein schöner „Nebeneffekt“ all dieser Arbeit sind Opernaufführungen im Weimarer „Mon ami“.

Die „Cosi“ hält der Regisseur Ploumis für ein verrücktes Salonstück, was die betont elegante bis skurrile Ausstattung auch zeigte. Damon Nestor Ploumis inszenierte ein liebenswürdiges Kammerspiel und machte Mozarts Schule der Liebenden auch zu einer Schule für die Darsteller.

In der Inszenierung aus einem Guss erblühte die kleine Bühne des „Mon ami“. Neben der Synchronität von Gesten, zeigten die Paare auch Gespür für die Doppelbödigkeit der Figuren und Situationen. Die jungen Darsteller genossen das exotische Spiel im Spiel und sangen wahrlich entzückend.

Vor allem Fiordiligi Eva Fiechter (Schweiz, Großbritannien) und Dorabella Ciara Rennie (Kanada) unternahmen mit Koloraturen und Verzierungen wahre Höhenflüge auf den Flügeln des Soprangesangs. Sehr souverän schlug ihr Gesangspendel zwischen kindlich-naiver Leichtigkeit und dezent-tragischer Witwenschaft auf dem Fundament von Stimmsitz und technischer Reife aus.

Dahinter stand die quirlige Despina Ekaterina Beldei (Russland) ein wenig zurück, weil Volumen und Sicherheit noch nicht ganz so ausgereift sind. Guglielmo Jesper Wardtik (Dänemark) und Ferrando Aaron Judisch (USA) agierten auf Augenhöhe. Zu allem gab Seamus MacCallum (USA) mit seinem satten Timbre den fröhlichen Zausel als Don Alfonso.

„Ihr müsst sie nehmen, wie sie sind“, singt Don Alfonso nach zweieinhalb Stunden der Verführung, wankenden Treue und opernhaften Verzeihung. In „Così fan tutte“ zittern die Herzen der jungen Paare – doch nur auf der Bühne. Mit größter Souveränität bestritten in vier Vorstellungen die Nachwuchskünstler von Damon Nestor Ploumis „Lyric Opera Studio Weimar“ das Mozartwerk, das in wechselnden Besetzungen mit Meisterschülern aus 30 Nationen aufgeführt wurde.

Unter dem erfahrenen Olaf Storbeck brillierten die kraftvollen, jungen Stimmen in Mozartscher Ensemblekunst und zeigten beste Artikulationsfertigkeiten. Lebendige Rezitative, grandiose Textverständlichkeit und perfekte italienische Diktion sowie wohlgeformte Arien zeugen von einer intensiven Arbeit am Werk, das in der Regie Damon Nestor Ploumis mit wirklich viel Bewegung auf die Bühne kam. Mit einem Augenzwinkern werden dabei Arientypen szenisch auch parodiert. Man fühlt sich auch etwas an „Monty Python“-Komik erinnert.

Olaf Storbeck dirigierte und steuerte mit dem Orchester jene für Mozart so typisch lichten kammermusikartigen Klänge bei. Erstmalig fanden die „Mon ami“-Aufführungen mit Orchester statt. Es spielten: 1. Violine Pauline Reguig, Flöte Corinna Schulz, 2. Violine Hsin-Hua Hsieh, Oboe Micha Häussermann, Bratsche Jakob Tuscheerer, Klarinette Billy Schmidt, Cello Lukas Dihle, Fagott Michael Abe, Kontrabass Tillmann Steinhöfel, Horn Philip Usselmann.

Auffällig war auch die faszinierend lebendig gestaltete Rezitativbegleitung auf dem Cembalo. Das Szenario um Verführung und Treue, alles aktuell allzu menschlich, offenbarte so manchen zusätzlichen komödiantischen Effekt. Wenn zum Beispiel die offenbar sich selbst vergifteten Galane von einem übergroßen Apotheker mittels Magneten wieder ins Leben zurückgeholt werden. Vielleicht viel mehr als nur ein Gag, denn der Magnetismus spielte damals philosophisch eine wichtige Rolle und Ploumis trat selbst als Assistent auf. In herrlich skurriler Verkleidung, versteht sich.

„Così fan tutte“, das heißt „So machen es alle“. Auf die Inszenierung bezogen: Mit so hochkarätiger internationaler Präsenz jungen Sängernachwuchses können nur wenige Theater glänzen, wie mit den Weimarer Eleven auf Zeit. Kein Wunder, der Schlussapplaus sollte kein Ende nehmen.

Thomas Janda

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