WIEN / Kunsthistorisches Museum:
FESTE FEIERN
Vom 8. März 2016 bis zum 11. September 2016
Ort der Kunst, Ort des Schönen
Sabine Haag hat ein Jubiläum zu feiern, und sie definierte ihr Haus bei dieser Gelegenheit als „Ort der Kunst, Ort des Schönen“ – Forschung und Wissenschaft natürlich nicht zu vergessen. Ein Jahr des Feierns liegt vor dem Kunsthistorischen Museum, das vor 125 Jahren eröffnet wurde – damals vom Kaiser selbst. Und weil Feiern auch mit dem Geben von Geschenken zu tun hat, hat heuer jeder – Achtung! – an seinem Geburtstag freien Eintritt in das Haus. Natürlich auch zur aktuellen Ausstellung „Feste feiern“.
Von Heiner Wesemann
Fotos: Wesemann
Rückblicke, Ausblicke, Einblicke Eine Pressekonferenz zum Jubiläum befasst sich mit vielem, die Direktorin hatte eine Menge zu berichten und anzukündigen. In ihrem Haus, das jetzt „Feiern, forschen, repräsentieren, vermitteln“ auf ihre Fahnen zum 125er geschrieben hat, gibt es ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm, das Kunstfreunde interessieren wird – allein die fünf Museumsdirektoren aus aller Welt, die über die Probleme berichten werden, heute ein solches Haus zu führen, oder die Damen (ausschließlich solche), die sich mit einzelnen Kunstwerken in Vorträgen auseinandersetzen. Es wird sich auch lohnen, das Haus zur „Langen Nacht der Forschung“ (22. April) zu besuchen.
Kompetenzzentrum Das KHM gilt heute als Kompetenzzentrum für Tafelbilder, so dass auch andere Häuser ihre restaurierungsbedürftigen Werke nach Wien geben. Hier darf man dann kurzfristig ausstellen, was man wieder in altem Glanz hergestellt hat…
An den verschiedenen Abteilungen und Häusern des KHM arbeiten 150 Wissenschaftler, teils an jahrelangen Großprojekten. Im Moment ist man mit Peter Paul Rubens befasst, dem 2017 eine Großausstellung gewidmet wird, und im Oktober 2018 soll es eine der größten Breughel-Ausstellungen je geben, an der schon seit Jahren gearbeitet wird. Die Briefmarke zum Fest, die erscheinen wird, bildet allerdings keinen der großen alten „Klassiker“, sondern ein ägyptisches Motiv von Gustav Klimt ab.
Medial dabei Niemand kann heute an den Medien vorbeigehen – das Fernsehen ist in diesem Rahmen noch das konventionellste. Dennoch erhofft man viele Zuseher, wenn Sabine Haag und Michael Köhlmeier ab heute (7.3.) auf Ö3 wochentags nach dem Beispiel der bewährten Serie nun „Hundert Meisterwerke“ aus dem KHM präsentieren. Da wohl niemand zu hundert Terminen vor dem Fernseher sitzt, wird es am Ende eine DVD geben.
Da das Museum „Lust machen“ will auf seine Schausammlungen, gibt es neue Apps, die sich zu den Themen „Love kills“, „Magie“ und „Monster“ Kunstwerken widmen, teils gratis, teils für minimale Gebühr abrufbar. Rundgänge auf dem Smartphone werden dauernd ergänzt. Neben Deutsch und Englisch sind auch Türkisch und Serbokroatisch dazu gekommen, um wirklich auch allen Wienern einen Zugang zu verschaffen.
Zeitgemäße Zugänge Das Haus, das 2015 eines seiner besten Jahre je zu verzeichnen hatte, hat Einnahmen aus Eintritten von 9,35 Millionen Euros und 1,2 Millionen Sponsoren- und Spendengelder lukriert. Außerdem sind rund 30.000 Jahreskarten à 34 € verkauft worden, die es ermöglichen, das KHM jederzeit zu besuchen. Als ganz besonderen Anreiz bietet man nun jungen Leuten zwischen 19 und 25 Jahren eine Jahreskarte um nur 19 Euro an in der Hoffnung, die in Wien und Österreich lebende Jugend ins Museum zu „locken“. Für Jugendliche unter 19 Jahren bleiben die Museen nach wie vor „umsonst“.
Ähnlich ist auch ein neu aufgelegtes Buch zu verstehen: Die „Neuen Einblicke“ von Philipp Blom und Veronica Buckley gehen nicht kunsthistorisch-wissenschaftlich, sondern im lockeren Plauderton mit aktuellen Fragen auf die Kunstwerke zu.
Begrüßung mit Breughels Blumen Auf dem Weg zur Ausstellung steht ein wunderschöner, echter Blumenstrauß, von Wiens Gärtnern nicht nur perfekt zusammengestellt, sondern auch nach einem Modell – nach der gemalten Vorlage des „Blumen-Breughel“ von 1607 (das Gemälde kann man dann in Kabinett 22 der Gemäldegalerie finden und sich damit auch über die Ausstellung hinaus begeben). Jedenfalls zeigt der „lebendige Blumenstrauß“, was Sabine Haag damit meint, wenn sie sagte: „Man kann nur ausstellen, was übrig geblieben ist.“ Und das ist glücklicherweise eine Menge, sowohl an Objekten wie an Darstellungen, weil den fürstlichen Veranstaltern unglaublich opulenter und teurer Feste natürlich daran gelegen war, deren Ruhm in die Nachwelt zu retten – wenn der letzte Schluck Wein getrunken, das letzte Pferd wieder im Stall, die letzte Kerze erloschen war.
Rund drei Jahrhunderte Rund drei Jahrhunderte hat sich Ausstellungsgestalterin Gudrun Swoboda vorgenommen (Direktorin Sabine Haag behielt den „Overview“ über die Präsentation und ist mit der Kuratorin Mitherausgeberin des opulenten Katalogs): Vom späten Mittelalter, also Maximilian I., dem „letzten Ritter“, dessen Turniere eine große Rolle spielen, über das 16., 17. und 18. Jahrhundert bis zur Französischen Revolution 1789, die das so feste-reiche Ancien Regime beiseite fegte. Das alles hatte eine leichte und eine schwere Seite, eine höfische und eine volksnahe, und alles wird berücksichtigt.
Wobei für die spielerische Helligkeit der Epoche ausgerechnet ein Goya steht, fern seiner „Nacht“-Schöpfungen, ein geradezu pastellartiges Gemälde lockerer Unterhaltung, ein „Blindekuhspiel“, vom Prado geliehen. Den Pomp von einst reflektieren Gemälde – Triumphzüge, Hoftafeln, Feuerwerke. Aber auch, jenseits des Zeremoniells und Protokolls, ein bisschen „Champagnisieren“ adeliger Herrschaften im Freien… Oder ein Bauerntanz bei Breughel, um nicht zu vergessen, dass auch die vom Schicksal weniger Begünstigten ihre fröhlichen Stunden hatten.
Der Reiz der Objekte So sehr Gemälde und Kupferstiche auch beeindrucken, etwa die zahlreichen Darstellungen von Turnierszenen – ein Harnisch, der auf einem „Pferd“ reitet, ist ebenso primärer Blickfang wie ein so genannter „Fangstuhl“, in dem man Gott Bacchus seinen Tribut errichten musste (da ging es dann weniger höfisch als deftig zu…).
Ebenso im Blick: Ein 17 Meter langes weißes Tischtuch, das seine historische Relevanz dadurch erhält, dass kein Geringerer als Kaiser Karl V. es 1527 für die Festbankette des Ordens vom Goldenen Vlies (dem die Habsburger immer angehörten) weben ließ.
Die Kunstkammern von Wien und Ambras wurden nach jenen kostbaren Stücken durchforstet, die zum Festprunk dazu gehörten. Und endlich, damit auch – wie es heutzutage üblich ist – die Moderne etwas zu sagen hat: Am Stiegenaufgang zur Ausstellung am Ende des roten Teppichs, der für die Besucher ausgerollt worden ist, steht neben einer Rüstung ein Designer-Outfit von Alexander McQueen aus dem V&A Museum in London. Damit könnte man heute zu einer Party gehen…
Kunsthistorisches Museum:
FESTE FEIERN
Bis 11. September 2016, derzeit täglich außer Montag 10 – 18 Uhr, Do bis 21 Uhr
In den Monaten Juni bis August täglich 10 – 18 Uhr, Do bis 21 Uhr