Wien/ Staatsoper: „UN BALLO IN MASCHERA“ am 23.4.2016
Krassimira Stoyanova, Piotr Beczala. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Auch die dritte italienische Oper in diesem Monat wies eine Besetzung auf, die auch die Hochglanzprospekte renommierter Festspiele schmücken könnte. Von den Darstellern der Hauptpartien waren außerdem drei zum ersten Mal in dieser Rolle in Wien zu erleben. Piotr Beczala hat den Gustav/Riccardo schon längere Zeit im Repertoire. Sein Herangehen an die Partie ist sehr rustikal. Die effektvolle Präsentation von Spitzentönen scheint ihm so ziemlich das Wichtigste zu sein, bei den Legatophrasen werden immer wieder Schluchzer eingebaut, wohl um „Italianita“ zu imitieren und das Piano will nicht so recht zum Klingen kommen. Oft habe ich den Eindruck, dass die Töne von ihm zwar gesungen, aber nicht gefühlt werden. Nicht einmal das „M’ami Amelia“ im Duett strahlt echten Jubel aus. Sein Freund Ankarström (dessen historisches Vorbild kein Graf war und auf die prosaischeren Vornamen Johann Jakob hörte) war der wiedergenesene Dmitri Hvorostovsky, der seine Handschlagqualität im zweiten Bild bewies und mit seinem, mit langen Atem und herrlichen Legato vorgetragenen „O dolcezze perduto“ dass die Stimme ihre alte Schönheit und Qualität behalten hat. Leider hat er auch sein lautes Einatmen beibehalten. Die dritte Neubegegnung war die mit der Amelia von Krassimira Stoyanova. Ausgehend von einer profunden, farbenreichen Tiefe, die den Vergleich mit ihrer bulgarischen Landsfrau nicht scheuen muss, spann sie feine lyrische Phrasen und konnte die Nöte dieser Frau zwischen zwei Männern berührend glaubhaft machen. Die für die noch tieferen Passagen zuständige Nadia Krasteva überzeugte mit ihrer pastosen Tiefe und dramatischer Attacke. Hila Fahima war ein guter Oscar mit viel Koloraturfreude und Igor Onishchenko ließ als Christian durch seine schöne Stimme aufhorchen. Die beiden rumänischen Bässe Alexandru Moisiuc und Sorin Coliban bemühten sich erfolgreich, ihren Ohrwurm in den Gehörgängen des Publikums zu verankern. Thomas Ebenstein war für beiden kleinen Tenorpartien Richter und Diener zuständig.
Jesús López Cobos ist den Sängern ein einfühlsamer Begleiter, der auch die orchestralen Solokantilenen voll auskostet, aber echtes Feuer entfacht er nicht. Immerhin war er nicht aus dem Konzept zu bringen, als alle Solisten stets rechtzeitig auf der Bühne waren.
Wolfgang Habermann