Quantcast
Channel: KRITIKEN – Online Merker
Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208

LUDWIGSBURG/ Forum Schlosspark: NEUJAHRSKONZERT

$
0
0

 Neujahrskonzert Sinfonieorchester Ludwigsburg im Forum am Schlosspark Ludwigsburg: ZÜNDENDE RHYTHMEN

Gelungenes Neujahrskonzert mit dem Sinfonieorchester Ludwigsburg und Tschaikowskys “Nussknacker” mit dem Bolschoi Staatsballett Belarus am 3. Januar 2014 im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG

Wieder einmal bewies Siegfried Bauer, mit welcher Feinnervigkeit er das Sinfonieorchester Ludwigsburg zu führen versteht. Dies zeigte sich sogleich bei der Ouvertüre zu Gioacchino Rossinis Oper “Die diebische Elster“, wo sich die übermütigen Themen in spritzig-federnder Weise ergänzten. Lustig-frech begann nach der Durchführung die Reprise – nachdem sich aus zarten Anfängen ein gewaltiges Orchestercrescendo gebildet hatte. Hier zeigte Siegfried Bauer bei seinem Dirigat auch eine gewisse Robustheit. Langgestreckte, spannungsreiche Ostinati und glitzernde Holzbläsersequenzen ergänzten dann prickelnde Rhythmen und virtuose Staccato-Attacken.

Antonio Vivaldis Concerto Nr. 4 “Der Winter” aus “Die vier Jahrezeiten” überzeugte mit filigranen al-fresco-Figurationen und kontrapunktischem Feinschliff. Interessant war in jedem Fall die Begegnung mit dem melodisch einfallsreichen Concerto for Marimba and Orchestra in der subtilen Fassung für Streicher und Schlagzeugensemble von Ney Rosauro, wo sich die thematische Vielschichtigkeit mit immer größerer Präzision bemerkbar machte. Die begabte südkoreanische Solistin Se-Mi Hwang gefiel bei “Despedida” (“Lebewohl”) aufgrund der großen Virtuosität ihrer Musizierweise. Die anderen  Solistinnen Vanessa Porter, Aya Fujita und Lin Luo zeigten bei den Sätzen “Grüße”, “Klagelied” und “Tanz” einen erstaunlichen Klangfarbenreichtum.

Wilde Salto-mortale-Effekte und harmonische Vielschichtigkeit beherrschten Klaus Sebastian Drehers Komposition “Talking Drums“, während bei Aram Chachaturians “Säbeltanz” mit chromatischen Staccato-Attacken die Post abging. Das vorzügliche Percussion-Ensemble der Musikhochschule Stuttgart zeigte sich dabei von seiner besten Seite. Sphärenhaft-emotionale Klänge beherrschten das “Marimba-Spiritual” von Miki Minoru.

Beim “Allegro vivace” aus der Sinfonie Nr. 5 d-Moll von Felix Mendelssohn-Bartholdy ging das Sinfonieorchester Ludwigsburg nochmals ganz aus sich heraus. Der alte Luther-Choral “Ein’ feste Burg ist unser Gott” sowie das von Wagner später im “Parsifal” verwendete “Dresdener Amen” stehen hier im Mittelpunkt. Vor allem die polyphonen Passagen wurden exzellent herausgearbeitet. Dann erklang noch höchst furios die traditionelle koreanische Trommelmusik in einem facettenreichen Arrangement von Se Mi Hwang.

“Das große Tor von Kiew” aus den “Bildern einer Ausstellung” von Modest Mussorgski bildete einen würdevollen Abschluss. Diese farbenprächtige Darstellung einer Kirchenprozession wirkte wie eine glanzvolle Apotheose.

Eine tänzerische Sternstunde bot die Aufführung von Peter Tschaikowskys “Nussknacker-Ballett” (Libretto: Marius Petipa) mit dem Bolschoi Staatsballett Belarus in einer neuen Choreografie von Alexandra Tichomirowa. Zwar wirkten hier die szenischen Veränderungen zuweilen nicht sonderlich abwechslungsreich, aber der stille und winterliche Abend wurde hier sogleich mit kleinen Lichtkegel-Schneewolken zauberhaft eingefangen. Die Idylle im Haus der Familie Stahlbaum war perfekt, als sich die Kinder Marie und Franz an dem strahlenden Weihnachtsbaum ergötzten. Ljudmila Chitrowa als Marie und Pawel Uschakow als Franz boten ein sehr bewegliches und atemloses Intermezzo. Anton Krawtschenko war hier ein zuweilen undurchsichtig und gespenstisch wirkender Pate Drosselmeier, dem man die Zuneigung zu den Kindern trotzdem abnahm. Reizvoll ließ Alexandra Tichomirowa bei ihrer Choreografie den Paten Drosselmeier aus der Standuhr herauskommen, die sich zuvor fast schon unheimlich mit einer Eule zu bewegen schien. Schließlich schenkte Drosselmeier den Kindern einen hölzernen Nussknacker. Die Gäste verwandelten sich geheimnisvollerweise allmählich in Mäuse, als der Pate mit einer kurzen Handbewegung das Zimmer verwandelte. Obwohl man gerade diese Szene auch schon schillernder und farbenreicher erlebt hatte, war die Begegnung mit dem Mäuseheer (angeführt von Drosselmeier als Mausekönig) und den eisernen Zinnsoldaten dennoch aufregend inszeniert. Marie fiel fast bewusstlos zu Boden, während der Pate Drosselmeier die Welt der Träume beschwor. Auch dies hätte man noch märchenhafter und fantastischer inszenieren können. Statt dessen erschien im Hintergrund ein fast schon schlichtes Bühnenbild mit riesigen Geschenken. Und der Nussknacker verwandelte sich dabei recht überraschend in einen von Konstantin Geronik nuancenreich verkörperten Prinzen. Drosselmeier wollte im zweiten Akt die Aufrichtigkeit der Gefühle des Prinzen zu Marie überprüfen und führte sie bei dieser Inszenierung sehr direkt in die Welt der Versuchungen mit spanischen Toreros, schönen Mädchen aus dem Morgenland, chinesischen Tänzerinnen und russischen Kasper-Figuren. Am besten gelungen schienen bei der Vorstellung im Forum am Schlosspark der abschließende Pas de deux mit Marie und dem Prinzen zu sein, die hier ihren Gefühlen vor allem bewegungstechnisch freien Lauf lassen konnten. Marie umfing zuletzt den Nussknacker, nachdem sie plötzlich aufgewacht war. Ob alles nur ein Traum war, blieb weiter offen. Das war geschickt inszeniert. Leichtigkeit und duftige Unbeschwertheit beherrschten die “Ouverture miniature”, während der kleine Marsch zierlich piano in Klarinetten, Trompeten und Hörnern einsetzte, bis die Streicher das melodische Geflecht graziös ablösten. Die Variationen dieses Achttakters hatten im Bolschoi Staatsballett Belarus ausgezeichnete Interpreten, die sich auch in die harmonischen Strukturen exzellent einfügten. Dies galt zudem für den silbrigen Celestaklang beim subtil dargebotenen “Tanz der Fee Dragee”, während der “Trepak” feurig-derb bis zum wilden Wirbel wirkte. eintönig melancholisch kam der “Arabische Tanz” mit Variationen über einem monotonen Quintenbass daher. Schrille hohe Lagen der Flöten dominierten beim “Chinesischen Tanz”, wo zierliche Pizzicati hervorstachen. Noch sphärenhaft-luftiger war der “Tanz der Mirlitons” mit seinen Schleifern und Vorschlägen. Das wurde tänzerisch atemlos umgesetzt. Und der Blumenwalzer riss alle mit.

 Alexander Walther

Diese Seite drucken


Viewing all articles
Browse latest Browse all 11208


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>