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WIEN/ Staatsoper: FIDELIO

Wiener Staatsoper: 11.5.2016: „FIDELIO“

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Robert Dean Smith. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Seit einigen Wochen findet in der Staatsoper ein Wettbewerb zwischen jüngeren Dirigenten statt, wer das Orchester am lautesten tönen lassen kann. Man kann ihnen nur empfehlen, sich in eine Aufführung von Peter Schneider zu setzen, um von ihm zu lernen, wie man ein Orchester behandelt. Der Doyen der Dirigenten der Staatsoper hat seit 1984 eine solche Erfahrung mit dem philharmonischen Staatsopernorchester gewonnen, dass er mit kleinsten Bewegungen in der Lage ist, Farben, Dynamik und Rhythmik der Musik zu verändern. Ein Forte dröhnt bei ihm nicht, sondern klingt mächtig, ohne das Ohr zu verletzen. Ein Piano ist nicht unhörbar geflüstert, sondern bleibt schwebend im Raum. Und die Verbindung zwischen  den Tönen ist durchgängig natürlich fließend. Jede Generalpause gewinnt ihren dramatischen Sinn. Und  es gelingt ihm durch eine untrügliche Tempogebung zum Puls und damit zum Herzschlag der Musik vorzudringen. Die Instrumentengruppen geben ihre Höchstleistung, weil sie sich ebenso wie die Sänger bei Schneider in Abrahams Schoß fühlen. Wenn die Horngruppe am Ende der Arie der Leonore fehlerfrei über die heiklen Runden kommt und damit der Sängerin ein sicheres Polster für die schwierige Intonation gibt, winkt ihnen der Dirigent freundlich zu. Hier spürt man die Symbiose, die zwischen ihm und dem Orchester herrscht. Dass die besonders ausdrucksstark gestaltete Leonoren-Ouvertüre 3 fulminant gesteigert wird und damit den größten Beifall des Abends hervorruft, nimmt man wie selbstverständlich hin. Eine seltene Spitzenleistung!!

 Alexandra Lo Bianco sprang in der Titelrolle für die absagende Anne Schwanewilms ein. Die noch sehr junge Sängerin, die bisher überwiegend an kleineren Opernbühnen der USA aufgetreten ist, besitzt eine kräftige, etwas weiß klingende dramatische Sopranstimme, die die Höhen der vertrackten Partie meistert. Ein besserer Registerausgleich wird sich mit weiterer Erfahrung einstellen. Man kann von ihr bei einem so plötzlichen Debut nicht erwarten, dass der Ausdruck schon perfekt ist. Ihre anglo-amerikanisch gefärbte Prosa ist nur schwer zu verstehen, hieran und ihrem etwas eckigen Spiel wird zu arbeiten sein. Ihr Florestan lag bei Robert Dean Smith in sehr guten Händen. Die strahlende und ausdrucksstarke Tenorstimme war an diesem Abend in bester Form. Diktion und Ausdruck beeindruckten wie auch sein sympathisches Spiel. Egils Silins gab den klassischen Bösewicht mit etwas grauer, aber durchdringender Stimme. Als freundlichen und gütigen, aber auch ängstlichen Vater Rocco sah man Lars Woldt, dessen heller Bass für diese Partie etwas ungewohnt ist. Ileana Tonca war eine reizende, hübsche, aber auch trotzige Marzelline mit außerordentlich angenehmem Silbersopran. Joseph Dennis stand ihr als schmalstimmiger und schüchterner Jaquino zur Seite. Adam Plachetka liegt die Rolle des Don Fernando nicht sehr. Weder seine schlaksige Gestalt noch seine die stimmlichen Bruchstellen der Partie eher nicht bewältigende Stimme überzeugten. Mit einem Luxustenor erfreute Wolfram Igor Derntl den Hörer als Erster Gefangener, Ion Tibrea ergänzte als Zweiter Gefangener.

 Chor (Leitung: Thomas Lang) und die Philharmoniker in ihrem Brotberuf als Staatsopernorchester standen auf der Höhe. Es war ein Abend des Dirigenten, der zu Recht besonders bejubelt wurde.  

Johann Schwarz

 

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