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STUTTGART: CRANKO-KLASSIKER – mit Abschied von Daniel Camargo

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Stuttgarter Ballett: „CRANKO-KLASSIKER“ 27.5.2016 – mit Abschied von Daniel Camargo

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Abschied von Daniel Camargo:  hier als von den Damen umworbener Capitano Adoncino in „The Lady and the Fool“. Copyright: Stuttgarter Ballett

Das Stuttgarter Ballett hat innerhalb weniger Spielzeiten einige wichtige Stützen seines gerühmten und bewunderten männlichen Solisten-Ensembles durch Wechsel zu anderen Compagnien  verloren. Während sie alle in einem Alter waren, wo ein erwünschter Neustart anzuraten ist, zählt Daniel Camargo erst 25 Jahre, wenn er nun ganz überraschend im Sommer zu Het National Ballett Amsterdam geht. 2005 wurde er beim Youth American Grand Prix von Cranko-Schuldirektor Tadeusz Matacz entdeckt und zum Abschluss seiner Ausbildung nach Stuttgart eingeladen.  Die schon damals erkennbaren exzeptionellen technischen Fähigkeiten des Brasilianers, von dem sich gestandene Tänzer schon im frühen Stadium seiner Entwicklung so manches abschauen konnten, veranlassten zu einer besonderen Förderung, die nach außen in einer direkten Übernahme von der Schule ins Corps de ballet unter Auslassung der Eleven-Zeit kenntlich gemacht wurde. Bald wurden ihm größere Rollen anvertraut, so dass sich sein solistisches Potenzial schnell bemerkbar machte, und innerhalb weniger Jahre der Aufstieg in die Front der Ersten Solisten erfolgte. Nicht nur durch seine gleichfalls im Klassischen wie im Modernen zum Zuge gekommenen und hoch überzeugenden Leistungen, seine schnell gewachsene Persönlichkeit und damit einhergehende Ausdrucks-Kontur, auch in der mit der gleichaltrigen und ähnlich hoch befähigten Elisa Badenes zuvörderst in „Don Quijote“ erzielten Bildung eines auch in den Ballett-Hochburgen nicht alltäglichen Traumpaares, nahm Camargo einen besonders wertvollen Platz im Stuttgarter Ballett ein. Auch wenn er, wie geäußert künftig mehr Klassisches tanzen möchte, obwohl er in Erscheinung und Konstitution kein ausgeprägter Prinzen-Typ ist, müsste er Stuttgart nicht unbedingt den Rücken kehren. Deshalb fällt es schwer nachzuvollziehen, was ihn nun trotz aller breiten Rollen- und Gastier-Möglichkeiten zum Trotz bewogen hat, Stuttgart zu verlassen. Nur wenige Wochen nach der Bekanntgabe seines Weggangs bot sich spielplan-bedingt die Gelegenheit nur in der relativ kleinen Partie des Capitano Adoncino in Crankos „THE LADY AND THE FOOL“ Abschied zu nehmen. Doch selbst da konnte er in rasant gesteigerten, kraftvoll geschmeidigen Drehungen und seiner körperlichen Potenz noch einmal eines seiner Markenzeichen ausspielen und spontanen Jubel hervorrufen. Sein Verlust wiegt besonders schmerzvoll, auch weil eine so bedeutende Compagnie wie das Stuttgarter Ballett ein solches künstlerisches Juwel nicht dauerhafter halten konnte. Hoffen wir nur, dass nicht theater-interne Differenzen dazu geführt haben.

David Moore möge es verzeihen, wenn er als Debutant in der Hauptrolle des Moondog an diesem Abend etwas ins Hintertreffen geraten ist und erst jetzt an zweiter Stelle erwähnt wird. Mit einer stillen, unaufdringlichen, aber komödiantische wie auch tragische Züge des Clowns gut sichtbar machenden Gestaltung, einfühlsamem Partnern und der ihm innewohnenden technischen Noblesse, konnte er die wesentlichen Parameter der Rolle erfüllen.

Alicia Amatriain  bestach als Lady vor allem mit ihren Spitzen-Balance-Künsten und wurde für den jüngst erhaltenen bedeutenden Prix Benois de la Danse mit Blumen und Sondervorhang geehrt.

Im wieder vor der Pause gezeigten „PINEAPPLE POLL“ ist nachträglich noch Alexander McGowan als schnittiger, mit flotter Bein-Artistik punktender Captain Belaye zu würdigen. Nur die Ironie der Rolle wie auch des ganzen Stückes kommt noch zu wenig zum Vorschein. Sowohl Angelina Zuccarini (Poll) und Pablo von Sternenfels (Jasper) brachten ihre solistischen Qualitäten mit großer Effizienz und Bühnentemperament ein.

Das Staatsorchester Stuttgart unter der genüsslich antreibenden Leitung von Wolfgang Heinz sorgte wieder bei beiden Stücken für hinreichende Stimmungsmalerei und den melodischen Schmiss in Sullivan- und Verdi-Arrangements.                                                                                                                                                                    
Udo Klebes

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