FORUM LUDWIGSBURG: VIEL GRANDEZZA UND SCHWUNG mit Kasarova & Co. 12.1.2014
Vesselina Kasarova und die SWR Big Band waren im Forum am Schlosspark zu Gast – 12. Januar 2014/
Einer der berühmtesten Opernstars unserer Zeit war im Forum zu Gast: Die in Bulgarien geborene Vesselina Kasarova galt schon früh als große Entdeckung. Zusammen mit dem temperamentvollen norwegischen Dirigenten Eivind Gullberg Jensen und dem mit glühender Emphase musizierenden “kammerorchesterbasel” konnte man sich am Freitag abend einen Überblick über die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten dieser Mezzosopranistin machen, die ihrer Stimme immer wieder neue Klangfarben, Nuancen, Kaskaden, Arabesken und vor allem ein wunderbar samtweiches Timbre zu verleihen vermag. Das Orchester spielte gleich zu Beginn die Ouvertüre zur Oper “Die lustigen Weiber von Windsor” von Otto Nicolai mit mozartscher Grazie, tänzerischen Momenten und rhythmischer Pikanterie. Der umsichtige Dirigent Eivind Gullberg Jensen hatte die Musiker voll im Griff und führte das harmonische Geschehen zu immer tollerem Wirbel. “Chacun a son gout” aus der Operette “Die Fledermaus” von Johann Strauß besaß in der subtilen Wiedergabe von Vesselina Kasarova einen feurigen Elan mit elastisch wirkenden Spitzentönen, aber auch atemberaubenden gesanglichen Höhenflügen und wilden dynamischen Steigerungen. Da kam nirgends Langeweile auf. Einen Höhepunkt bot die Kasarova bei der auch schauspielerisch gelungenen Wiedergabe der Schwipsarie “Ah! quel diner je viens de faire” aus Jacques Offenbachs Operette “La Perichole”. Dabei setzte sie sich einfach dem ersten Geiger auf den Schoß. Schwungvoll-atemlos kam dann der “Faust-Walzer” aus der Oper “Margarete” von Charles Gounod daher. Der feine Nerv für die französische Sprachmelodie und die musikalische Deklamation wurde vom Dirigenten Eivind Gullberg Jensen und dem “kammerorchesterbasel” genau getroffen. So ergab sich eine erstaunliche poetische Wirkungskraft. Glühende Emphase besaß außerdem die ungeheuer ausdrucksvoll interpretierte Habanera aus Georges Bizets Oper “Carmen”, wo Vesselina Kasarova nochmals ganz aus sich herausging und ihre Stimme in grandioser Weise zu verändern vermochte. So hat man dieses Bravourstück noch nicht gehört. “Die Schlittschuhläufer” von Emile Waldteufel besaßen ebenfalls tänzerische Grazie und Grandezza. Knisternde Staccato-Attacken und lyrisch-pastorale Sequenzen begleiteten Jacques Offenbachs Ouvertüre zur Operette “Orpheus in der Unterwelt”, wo auch die lyrisch-pastoralen Stimmungen nicht zu kurz kamen. Vesselina Kasarova interpretierte “On me nomme Helene la blonde” aus “La Belle Helene” (“Die schöne Helena”) von Jacques Offenbach mit nie nachlassender gesanglicher Energie und reizvollen Kantilenen. Beim “Kaiserwalzer” op. 437 von Johann Strauß ging allen im wahrsten Sinne des Wortes das Herz auf. “Les tringles des sistres tintaient” aus “Carmen” von Georges Bizet besaß einmal mehr voluminöse Strahlkraft und glanzvolle gesangliche Virtuosität – und dies auch angesichts einer ausgefeilten Mezza-voce-Technik. Als Zugaben waren noch die fetzig musizierte und mit reichlich “Wiener Schmäh” versehene Tritsch-Tratsch-Polka von Johann Strauß, die lyrische “Barcarole” aus “Hoffmanns Erzählungen” von Jacques Offenbach sowie der feurig gespielte “Radetzky”-Marsch von Johann Strauß zu hören. Die Kasarova gastierte unter anderem an der Wiener Staatsoper, der Deutschen Oper Berlin oder dem Royal Opera House Covent Garden. Sie gewann den ersten Preis beim deutschen Gesangswettbewerb “Neue Stimmen” in Gütersloh im Jahr 1989.
Grandios war dann am Sonntag abend das Konzert mit der SWR Big Band, dem gewieften Moderator Götz Alsmann sowie den beiden Gesangsstars Pe Werner und Giovanni Costello. Alle drei ergänzten sich fabelhaft und passten bestens zusammen. Die SWR Big Band blickt auf sechs erfolgreiche Jahrzehnte Musikgeschichte zurück. Vor allem der legendäre Erwin Lehn hat diese Combo groß gemacht. Man spielte mit Größen wie Miles Davis, Chick Corea oder Chet Baker. Unter der elektrisierenden Leitung von Klaus Wagenleiter ging richtig die Post ab. Götz Alsmann zeigte sich bei Nummern wie “Wenn ich in Stimmung bin” und “Caroline, Cherie” in bester Stimmung. Pe Werner erinnerte dann an Bert Kaempfert mit bekannten Nummern wie “Dankeschön” oder “Strangers in the night”. Zusammen mit Götz Alsmann verkündete sie “beswingt”: “Das ist unser Weihnachts-ABC!” Der versierte Trompeter Karl Farrent brillierte wiederum mit strahlklaren Spitzentönen. Und Pe Werner machte mit wandlungsfähiger Stimme klar: “Ich bin schon viel zu lange ungeküsst…” Daraufhin ließ Alsmann der “Testosteron-Offensive” des Abends freien Lauf – nämlich dem bekannten italienischen Entertainer Giovanni Costello. Der setzte das Publikum mit Titeln wie “Lo senza te” oder “Das Spiel” (“gioco”) mächtig unter Strom. Im Cha-Cha-Cha-Rhythmus sang Götz Alsmann “Ein kleiner Bär mit großen Ohren”. Mit Benny Goodmans “Sing, sing, sing” erreichten die harmonischen Finessen der SWR Big Band einen atemlosen Höhepunkt. Die Klarinette überschlug sich nahezu mit chromatischen Kapriolen. Götz Alsmann erinnerte zudem an seine Moderation im Verdi- und Wagner-Jahr – und er meinte, dass Wagner doch recht “schwierig” sei. Pe Werner ließ “Mir ist viel zu kalt” verkünden und beschwor eindringlich “Dieses Kribbeln im Bauch”. Costello, Werner und Alsmann bildeten zuletzt ein umwerfendes Trio bei der Nummer “Im Simsalabim”. Und im Bossa-Nova-Rhythmus meldete sich wiederum Götz Alsmann: “Ich hab’ die Liebe nicht erfunden”. Außerdem sang er voller Ironie die Nummer: “Ich könnte mich am Nordpol nicht verlieben”, stilvoll begleitet von Karl Farrent. Giovanni Costello erinnerte bei “It’s wonderful” an seine früheren Erfolge. Dabei stellte er auch sein Talent als Pianist unter Beweis. Mit dem Volkslied “Guten Abend, gut’ Nacht” verabschiedete sich das Ensemble einfühlsam vom Publikum.
Riesenjubel.
Alexander Walther