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FLIEGENDE LIEBENDE

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Ab 5. Juli 2013 in den österreichischen Kinos
FLIEGENDE LIEBENDE
Los amantes pasajeros  /  Spanien  /  2013
Regie: Pedro Almodovar
Mit: Antonio de la Torre, Javier Camara, Carlos Areces u.a.

Das ist ein Flugzeugfilm der anderen Art – Kunststück, heißt sein Regisseur doch Pedro Almodovar. Aber auch dieser ist hier anders als sonst – keine scharfe Sozialkritik, sondern nur schrille, enthemmte Unterhaltung. Bedenkt man, dass er seine Protagonisten und damit das Publikum fast die gesamten eineinhalb Filmstunden in einem Flugzeug zwischen Cockpit und Erster Klasse einsperrt, entfesselt er dabei so viel Bewegung, dass man selbst vor Lachen über den Kinosesseln hängt… Und sich nur gelegentlich fragt, ob der Herr, der da so hemmungslos über die Stränge schlägt, nicht ein bisschen von seiner eigenen Qualität verraten hat…

Zu Beginn bekommt man, während das Flugzeug beladen wird, etwas, das später nicht wiederkommt – zwei Stars. Gastauftritte von Antonio Banderas und Penelope Cruz als einem Pärchen, das hier arbeitet. Ihre Mitteilung, dass sie schwanger ist, regt die beiden so auf, dass sie völlig vergessen, keinen Unsinn anzurichten: Tatsächlich verhakt sich durch ihre Unachtsamkeit irgendetwas in den Rädern – und unser Riesenvogel wird Mexiko City nie auch nur anstreben. Der Pilot wird, wenn er nicht über sein Privatleben räsoniert, hauptsächlich damit beschäftigt sein, einen Flughafen zu suchen, auf dem er notlanden darf…

Schon optisch geht der Film back to the Eighties, er ist köstlich und geschmacklos bunt und glatt, und auch die Mentalität erinnert ein bisschen an das Beatles-Geblödel. Man hat eine ausschließlich männliche Crew, die – damit das Personal des Films nicht ausufert – die Touristenklasse mit Medikamenten eingeschläfert hat, um keine Panik ausbrechen zu lassen. Dafür geht der Zug in der Business Class ab.

Man nehme also drei irrwitzig komische Stewards – Joserra (Javier Cámara), Fajas (Carlos Areces – er wackelt am heftigsten mit den Hüften) und Ulloa (Carlos Areces), die alle durch die Bank schwul sind (und so klischeehaft, dabei hinreißend überzeichnet, dass man sich fragt, ob echte Homosexuelle sich vor Glück oder Peinlichkeit wälzen werden). Der Kapitän (Antonio de la Torre), obzwar verheiratet, ist es auch und zerbricht sich den Kopf über sein Outing. Der Co-Pilot (Hugo Silva) hat’s einmal versucht, es hat ihm aber sozusagen nicht geschmeckt, aber man kann nichts ausschließen…

 

Neben der Crew ist auch die Passagierliste mit schlechtweg schrillen Typen bestückt: eine Hellseherin (Lola Dueñas) verbreitet Pathos (und, obwohl schon reiferen Alters – oder gerade deshalb -, den Wunsch, endlich ihre Jungfernschaft los zu werden, was ihr gelingt); eine doch sehr halbseidene Geschäftsfrau (Cecilia Roth) lacht sich einen geheimnisvollen Mann an, den sie wohl für einen Gigolo hält, der sich aber als Berufskiller herausstellt (José María Yazpik) – macht nichts, es wird doch ein Happyend daraus.

Wenn der Schauspieler Galan (Guillermo Toledo) angesichts des möglichen Todes (man könnte ja auch abstürzen) vom Bordtelefon seine Freundin unten auf der Erde anruft (und alle lüstern mithören), kann es natürlich passieren (schließlich haben Drehbücher nichts mit dem Leben zu tun), dass eine seiner Exfreundinnen ausgerechnet dieses Telefon findet (!) und den Anruf entgegen nimmt…

Ein Geschäftsmann namens Mas (Jose Luis Torrijo), der am Ende wegen betrügerischer Machenschaften abgeführt wird, versöhnt sich dennoch mit seiner Tochter. Diese Figuren und Schicksale werden geschüttelt und gerührt, und man kann sich vorstellen, wie sich die allgemeine Hysterie hochschaukelt – und Almodovar das Ganze „bricht“, indem er die schwulen Stewards in Gesang und Tanz ausbrechen lässt…

Diese irre Mischung ist dem Regisseur nicht „passiert“, sondern als solche gemeint. Der Film ist kein „Ausrutscher“, sondern nur eine fröhliche Aufforderung, uns auf entfesselten Humor einzulassen. Geschieht gerne. Aber nächstes Mal möchte man halt doch gern wieder einen „echten Almodovar“…

Renate Wagner

 

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