Wiener Staatsoper: 02.02.2014 SO “Cavalleria Rusticana”, “Bajazzo”
So rasch kann Licht und Schatten wechseln, wenn das “Bühnenpersonal” in unterschiedlicher Verfassung auftritt. An der immer noch gut funktionierenden und stimmigen Inszenierung Jean Pierre Ponelles lag es nicht. Am konzentriert und sauber spielenden Orchester auch nicht. Und am gestenreich agierenden, souveränen Dirigenten Paolo Carignani schon gar nicht. Vor der Pause herrschte bei Mascagnis Cavalleria lähmende Langeweile hervorgerufen durch streckenweise unterdurchschnittliche Gesangsleistungen. Da war bei Fabio Armiliato als Turiddu kaum eine Phrase, die einwandfrei über die Rampe kam, sei es, weil er einen sehr schlechten Tag hatte, oder sei es, weil sich seine Stimme schön langsam weigert, solch schwierige Partien zu singen. Die Höhen klangen gequält und gepresst, in seiner Darstellung blieb er vieles an Temperament schuldig. Kaum besser war Michaela Schuster als Santuzza. Ihre Stimme hat Volumen, das sie aber nicht optimal einsetzt. Zu viele dramatische Passagen, vor allem im Duett mit Turiddu klangen schrill. Am besten zog sich George Gagnidze aus der Affaire, sein kerniger und durchschlagskräftiger Bariton dominierte das Geschehe nach Belieben. Aura Twarowska als Lucia und Zoryana Kushpler als Lola komplettierten ein mäßig erfolgreiches Ensemble.
Dann kam der Wandel. Im Bajazzo wurde bereits der Prolog des Tonio zum fulminanten Spektakel. Ambrogio Maestri bewies, dass er nicht nur ein blendender Falstaff ist, sondern dass er auch hier bestens präsent sein kann. Mit in jeder Hinsicht mächtigem Auftreten sorgte er für den passenden Auftakt. Dass er den hohen Ton beim Abschluss des Prologs nicht ganz sauber erwischte, tat seiner Leistung keinen Abbruch. Inva Mula besitzt einen lyrischen, angenehm klingenden Sopran, als Nedda war sie aber etwas überfordert, zu sehr musste sie forcieren, dadurch brachten etwas schrille Höhen keinen Ohrenschmaus. Der Star des Abends war natürlich Neil Shicoff als Canio. Man war gespannt, wie ein Mitt-Sechziger diese schwere Rolle bewältigen würde und war überrascht, wie viel Kraft und Klangschönheit nach wie vor in dieser Stimme steckt. Auch die Höhen kamen klar und sicher, als hätte er nie anderes gesungen. Ein kleines Manko, wenn man kleinlich sein will, ist, dass man für diese Rolle etwas mehr “Power” bräuchte. Darstellerisch konnte man ihm den rasend Eifersüchtigen in jeder Phase abnehmen.
Großer Jubel für einen halben, mitreißenden Opernnachmittag
Johannes Marksteiner