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Ab 14. Februar 2014 in den österreichischen Kinos
AMERICAN HUSTLE
USA / 2013
Regie: David O. Russell
Mit: Christian Bale, Amy Adams, Bradley Cooper, Jennifer Lawrence, Robert De Niro, Jeremy Renner u.a.
Welch ein funkelndes, glitzerndes, vergnügliches Stück amerikanischen Unterhaltungskinos, das sicherlich mit ein paar glänzenden “Oscar”-Statuetten gekrönt wird. Und diese wären zweifellos verdient, denn die Mischung aus Komödie und Gesellschaftskritik ist nicht nur elegant, sondern auch brillant. Gauner überall und jede Menge Erkenntnisse, was sich so rund um das halbseidene Verbrechen, wo’s nicht um Blut, sondern nur um Kohle (metaphorisch gesprochen) geht, in den menschlichen Köpfen abspielt…
Das spielt nicht heute, denn in unserer Welt der Computer und iPhones ist der Glanz gering geworden. Die 70er Jahre, für uns schon nostalgisch, waren eine Welt, wo jeder schön sein wollte. Gleich zu Beginn erleben wir, wie Kleingauner Irving Rosenfeld sich in der Stille seines Badezimmers damit abplagt, ein Stück Toupet möglichst unauffällig auf seiner Glatze zu befestigen (gegen seinen gewaltigen Umfang kann er ohnedies nichts tun, solche Schneider gibt es nicht). Irgendwann erlebt man auch, dass der FBI-Agent sich seine Löckchen drehen muss, denn sie sind nicht echt. Und selbst die prachtvollen Frauen, die zu den beiden gehören, sind nur chic, wenn sie sich gewaltig aufdonnern. Das tun sie – und dann sehen sie atemberaubend aus. Langer Rede kurzer Sinn: Alles ist fake im New York der Siebziger…
Christian Bale, der ganz große Verwandler des Kinos, ist – wie einst De Niro – zu jedem Opfer für eine Rolle bereit. Man hat ihn schon bis auf die Knochen abgemagert gesehen, hier ist er gewaltig fett, weiß der Himmel, wie viele Kilo er sich aufgefuttert hat. Eigentlich ist Irving Rosenfeld ein kleiner Gauner mit ein paar Waschsalons als Alibi im Hintergrund. Vor allem kassiert er Geld für angebliche Kredite, die er zu vermitteln verspricht (mit der Suada eines Bernie Madoff offenbar), und verklopft gefälschte Kunst an Dummköpfe. Und irgendwann sollen die Geschäfte größer und größer werden…
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Foto: Verleih Tobis
Auftritt Sydney Prosser, die herrliche Amy Adams. Auch sie eine große Verwandlerin des amerikanischen Kinos. Unvergesslich, wie sie als junge Nonne der großen Meryl Streep Paroli bot – 2008 trat sie mit „Glaubensfrage“ ins Bewusstsein. Seither spielte sie ebenso eine zickige Karrierefrau („Verlobung auf Umwegen“) oder eine unterdrückte Ehefrau („The Master“ mit dem eben verstorbenen Philip Seymour Hoffman), und sie wird demnächst in dem Film „Her“ als wahre graue Maus zu sehen sein. Hier ist sie so glamourös, wie man nur sein kann, eine Frau, die Selbstbewusstsein und Erotik ausstrahlt und Einblicke in ihr Dekollete gibt, die sich nur sehen lassen können, weil diese Amy Adams erstens so ansehnlich und zweitens eine so großartige Schauspielerin ist. Als Komplizin gibt sie den Betrügereien von Rosenfeld den wahren Glanz (kann auch als englische Lady mit entsprechendem Akzent punkten), als Frau manipuliert sie alle Männer, die ihr über den Weg laufen – und zieht nie den kürzeren.
Rosenfeld ist allerdings verheiratet, mit einer Frau, die anfangs nur heulen und zanken darf und dabei so verheerend aussieht, dass man Jennifer Lawrence in der Rolle dieser Rosalyn überhaupt nicht erkennt. Dann allerdings besinnt sie sich darauf, dass man eine Rivalin nur mit den Waffen einer Frau besiegen kann und verwandelt sich in eine herausfordernde Blondine, die allerdings ihre Ordinärheit nie verbergen kann – aber ihre Studie der Billigkeit gegen die Klassefrau der Adams gibt dem Film enorm Zunder.
Aber „American Hustle“ ist nur nebenbei eine Dreiecksgeschichte, hier geht es in erster Linie um die Gaunergeschichte und den überaus betriebsamen FBI-Agenten Richie DiMaso: Bradley Cooper leuchtet die Betriebsamkeit ebenso aus den Augen wie die Dummheit, die er versprüht. In Rosenfeld will er seine große Chance sehen und erpresst ihn: Wenn er ihm hilft die Bestechlichkeit von Politikern zu beweisen, dann kommt er angesichts des Gesetzes glimpflich davon…
Der Film beruht auf einigen Tatsachen (offenbar hat das FBI tatsächlich eine Aktion namens „Abscam Programm“ gestartet, um Verdächtige in die Falle zu locken), falls das Leben wirklich so verrückt und einfallsreich ist wie ein gutes Drehbuch. Da engagiert man einen Schauspieler, der einen Araberprinzen spielt, der einen Lokalpolitiker (der immer so grimmige Jeremy Renner ist als Bürgermeister von Camden, New Jersey, hier regelrecht sympathisch, bemüht und nur ein kleines bisschen zur Unehrlichkeit neigend) hereinlegen soll – schließlich will doch jeder, wenn es um ein Riesenprojekt geht, seinen Schmiergeldanteil, nicht wahr? (Das ist nicht nur in den USA so, das kennen wir auch hierzulande.) Nicht alles klappt so, wie vorgesehen, einige sind halt doch schlauer als die anderen – und wenn die Geschichte auch nicht immer gänzlich übersichtlich ist, Spaß macht sie die ganze Zeit. Bei dieser Besetzung!
Denn wenn dann in einer einzigen Szene die Mafia des Meyer Lansky eingreift, ist es kein Geringerer als Robert De Niro, der sich an den Verhandlungstisch setzt, nicht als geschmeidig-eleganter Boß, sondern als düsterer, unfreundlicher Buchhalter des Todes, der einen das Fürchten lehren kann…
Der Mann, der diesen rasanten Film-Coctail deutlich karikaturistisch gemixt hat, dürfte derzeit der erfolgreichste Regisseur Hollywoods sein, der heuer den Hattrick geschafft hat – für jeden seiner drei letzten Filme wurde er als bester Regisseur für den „Oscar“ nominiert. In „The Fighter“ bekam statt dessen Christian Bale in einer Nebenrolle die Statuette, in „Silver Linings“ Jennifer Lawrence als beste Hauptdarstellerin (man sieht, er greift immer wieder auf Darsteller zurück, mit denen er offenbar „kann“) – da wäre es nur gerecht, wenn der Preis heuer als ihn als Regisseur ginge. (Er persönlich könnte ihn auch noch für das beste Originaldrehbuch bekommen, im Ganzen ist sein Film für nicht weniger als zehn „Oscars“ nominiert…)
Aber wenn es „American Hustle“ gelingt, seinen Erfolg auch an der Kasse zu machen, könnten die Amerikaner endlich beweisen, dass sie nicht nur strohdumme Filme stürmen…
Renate Wagner