FÜRST IGOR – Alexander Borodin – Met im Kino 1.3.14
- mit Igors Wahn- und Wunschvorstellungen im Mohnblumenfeld (field of poppies) -
Image may be NSFW.
Clik here to view.
Conductor – Gianandrea Noseda
Production – Dmitri Tcherniakov
Set designer – Dmitri Tcherniakov
Costume Designer – Elena Zaitseva
Choreographer -Itzik Galili
Lighting Designer – Gleb Filshtinsky
Projection Designer – S. Katy Tucker
Live in HD / Host – Bass Eric Owens
————–
Prince Igor – Ildar Abdrazakov
Prince Galitsky – Mikhail Petrenko
Vladimir Igorevich – Sergey Semishkur
Yaroslavna – Oksana Dyka
Khan Konchak – Štefan Kocán
Konchakovna – Anita Rachvelishvili
Skula – Vladimir Ognovenko
Yeroshka – Andrey Popov
Borodins große Oper nach geschichtlichen Themen, Fürst Igor, wurde nach dem plötzlichen Tod des Komponisten 1887 von seinem Freund Nikolai Rimsky-Korsakov und seinem Schüler Alexander Glazunov aus den Fragmenten erstellt, was im Weiteren zu Grundlagenforschungen und Spezial-Versionen führte. Speziell Valery Gergiev, der auch schon den Ur-Boris für die Opernwelt erweckte, hat da einiges bewirkt; und auch Gianandrea Noseda an der Met hat zusammen mit Dmitri Tcherniakov für diese neue Met-Produktion Quellenforschung betrieben *).
Dieser Igor ist ein unter den allgemeinen Operngehern weniger bekanntes Werk. Das liegt u. a. daran, dass dieses sehr aufwändig zu produzierende Opus eher selten auf den Bühnen der Welt (außerhalb Russlands) gezeigt wurde. 1990 gab es eine sehenswerte, pompöse Version von Andrej Serban in London **).
Dmitri Tcherniakovs Sichtweise von diesem schauerlichen und doch so lebensnahen Drama um Krieg, Liebe u. v. m. fand ich durchaus nachvollziehbar und gut gemacht. Im Prolog der Aufbruch in den Krieg, wobei Igor seinen Männern Mut zu machen versucht. Im 2. Akt wird das Treiben um den selbstsüchtigen Galitsky, der Igors Abwesenheit zum Umsturz nutzt, in realistischer Weise dargestellt, ebenso der 3. Akt, wenn alles der Zerstörung anheim gefallen ist und Igor total deprimiert zurückkehrt.
Dazwischen der 1. Akt (nach dem Prolog) im Polowetzer Land – der Mohnblumenhügel. Viele wussten mit den „Poppies“, dem Mohnblumenfeld des kompletten Polowetzer Aktes nicht recht etwas anzufangen. Wenn man allerdings im Pausengespräch die Erklärung des Regisseurs mitbekommen hatte, erfuhr man, dass sich das gesamte Geschehen dieses Aktes als Traum-Wunschvorstellungen des im komatösen Delirium liegenden, gefangenen Igor darstellt. Auf dieser „Himmelswiese“ zeigt ihm seine Fantasie Bilder von Dingen, die ihn glücklich machen könnten, sagt der Regisseur. Gerade das freundliche Entgegenkommen es Khans Kontschak mit dem Angebot, sich die Macht zu teilen, erscheint im Nachhinein als Trugbild besonders logisch, da dieser Khan ja kurz darauf Igors Heimatstadt überfällt und verwüstet. Aber auch die Liebesgeschichte seines Sohnes mit der schönen Konchakovna und das Erscheinen seiner (hier natürlich stummen) Frau, nach der er sich in der Gefangenschaft so sehr sehnt, entsprechen diesem Zustand. Letztlich umschwirren ihn auch noch holde „Geister“ während der Polowetzer Tänze. Immerhin hat man sich für diese Tänze Itzik Galili geholt, einen der führenden zeitgenössischen Choreografen. Ob einem dieses „Ballett“ nun so gefällt, kann jeder für sich entscheiden, Sinn macht es in diesem Rahmen durchaus. Durch die zahlreichen Videoeinspieler (vor allem des delirierenden Igor) vermittelte diese Übertragung fast den Eindruck eines großen Hollywoodfilms, zumal sich die Sänger überwiegend als großartige Darsteller erwiesen.
Gianandrea Noseda ist durch seine zahlreichen Dirigate in St. Petersburg durchaus der rechte Mann am rechten Ort. Souverän und voll im Dienste des Werkes wie der Sänger waltete er am Pult. So konnte man auch mit der musikalischen Seite voll zufrieden sein. Das Orchester und die Chöre klangen vortrefflich und die Sänger-Solisten waren erste Sahne.
Image may be NSFW.
Clik here to view. Allen voran der in der Tat grandiose Ildar Abdrazakov in seiner neuen Renommier-Rolle. In der Pause erzählte der Sänger, dass ihm in jungen Jahren einer seiner Lehrer bereits angekündigt habe, der Igor werde eines Tages seine Visitenkarte sein. Und was für eine! Schöner und eindringlicher kann man diese Partie wohl kaum singen als Abdrazakov mit seinem russischen Edelbass. Dazu empfand ich seine schauspielerische Leistung als schier oscarreif – hier waren die Nahaufnahmen ein wirklicher Segen, denn in der großen Met dürfte man von Mienenspiel eher weniger mitbekommen. Wie edel Abdrazakovs Bass timbriert ist, zeigte sich u. a. auch im Vergleich mit dem Kollegen Mikhail Petrenko, immerhin auch einer der derzeit führenden Bässe der Welt, der mit seinem gruselig ekelhaften Galitsky ebenfalls eine filmreife Figur auf die Leinwand/Bühne brachte. Der dritte, Khan Konchak/Štefan Kocán sang seine eine einzige Arie mit schwarz timbriertem Bass ausgezeichnet. Und da gab es tatsächlich noch einen weiteren sehr guten Bass: Der Veteran Vladimir Ognovenko überzeugte als Opportunist Skula mit kraftvollem Bass und Persönlichkeit, während sein Kumpel Yeroshka vom unrein intonierenden Tenor Andrey Popov verkörpert wurde. Um die Männerriege komplett zu machen, war da noch Igors Sohn Vladimir Igorevich. Sergey Semishkur sang diese verteufelt anspruchsvolle Partie (Arie!) mit sicherem, hellem Höhenstrahl. Bedauerlicherweise hatte man ihn – gerade in der Liebesszene – kostümiert wie „Nachbar Hempel“…
Zu den Damen: Oksana Dyka kannte ich schon von einer sehr guten Micaëla. Nach kurzer Anlaufzeit überzeugte sie als Igors geliebte Gattin Jaroslavna ebenfalls voll und ganz, vor allem in ihren Arien im 2. Teil konnte sie echt berühren. Die verführerische Khan-Tochter, genannt Konchakovna, war mit der rassigen Anita Rachvelishvili und ihrem erotisch üppigen Mezzo bestens besetzt.
Fazit: Ich war sehr zufrieden mit diesem Igor.
Noch ein Wort zu den dieses Mal schlecht gemachten Untertiteln. Die Übersetzung ins Deutsche hatte wohl ein Nicht-Deutscher verfasst. Immer wieder gab es falsche Grammatik zu beklagen, am schlimmsten traf es den armen Vladimir, der laut UT ständig einen Geliebten anschmachtete statt der Geliebten. Der Fluss Dnjepr wurde immer als die Dnjepr bezeichnet, etc…
Sonst hat alles gepasst, auch wiederum der komfortable Rahmen des Gloria-Palastes.
D. Zweipfennig/München Fotos: Met
——————————————————-
*) Met-Artikel zur Geschichte und Produktion >
**) TIPP: Bilderbuch-Produktion aus London 1990 (für den, der’s anders mag):
Image may be NSFW.
Clik here to view. PRINCE IGOR / Aleksandr Borodin – Sergei Leiferkus/Igor, Anna Tomowa-Sintow/Jaroslavna, Alexei Steblianko/Vladimir, Nicola Ghiuselev/Galitsky, Paata Burchuladze/Konchak, und die junge Elena Zaremba/ Kochakovna!
Royal Opera House Chorus and Orchestra, Bernhard Haitink / Insz. Andrej Serban
Decca/Video/Laserdisc
http://www.amazon.ca/Prince-Igor-Import-Sergei-Leiferkus/dp/6302714184