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ZÜRICH/ Tonhalle: MISSA SOLEMNIS von Beethoven – Haitinks Interpretation ohne Umschweife

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Zürich, Tonhalle: Beethoven MISSA SOLEMNIS – 26.3.2014    

Beethovens MISSA SOLEMNIS – Haitinks Interpretation ohne Umschweife    

Vor Beethovens Schmerzenskind, der MISSA SOLEMNIS, hatte Wilhelm Furtwängler solchen Respekt, das er sie nur wenige Male dirigierte. Anderen Dirigenten schien sie wie eine zweite Natur verwandt zu sein. Toscanini und Karajan waren grosse Missa-Solemnis-Interpreten. Wenn sich nun aber der jugendliche Alt-Maestro Bernard Haitink an das Opus summum Beethovens heranwagt., so geschieht dies aus tiefen Ernst und Demut, aber wohl nicht aus Kniefälligkeit. Forsch geht der Dirigent mit dem blendend disponierten Chor, der Zürcher Sing-Akademie mit Ars Canora, das unmittelbar packende Kyrie an. Zuvor hat schon  das hoch karätig besetzte Solisten-Quartett sein flehentliches Kyrie gesungen. Das diesmal insbesondere in den Streichern extrem geforderte Tonhalle-Orchester amalgiert den Klang, ohne dass irgendwelche unüberhörbare Verknotungen oder Klangballungen pathetischer Art entstehen würden. Der erste Eindruck ist ein Beethoven von einer unverstellten Wucht und Aussagekraft, ohne ins Masslose oder gar Ohrenbetäubende zu verfallen. Allerdings, das muss doch bei der hohen Qualität des Chors angefügt werden, dass sich dieser doch oft an der oberen Lautstärke-Grenze bewegte und wohl, durch das gross besetzte Orchester, in seiner Klangentfaltung nicht beeinträchtigen liess. Beim unmittelbar an das Kyrie angeschlossenen Gloria war dann doch eine etwas mehr reduzierte Klangentfaltung festzustellen. Die Soprane sangen klar und ohne überflüssiges Vibrato, die Alte fundierten souverän, und die Tenöre und Bässe lösten ihre Ausfaben mehr als zufriedenstellend, sogar sehr gut. Leider ging der Chor-Einstudierung durch Tim Brown etwas die Souplesse und Klangabstufung verloren. Zu sehr konzentrierte sich der Chor auf Sicherheit und Hörbarkeit inmitten des Beethoven‘schen Orchesterklangs. Fabelhaft waren auch die Orchester-Soli wie das Violinsolo von Julia Becker im „Benedictus“, das allen Ausführenden in wunderbarster Weise gelang. Hier verschmolz Alles zu Allem und bleib doch durchhörbar. Ganz herrlich die tiefen Streicher in der berührenden Passage vor dem Einsatz der Solo-Violine. Das sind nun Klänge, wie sie nur von Beethoven komponiert werden konnten. Das Solistenquartett war sehr gut besetzt. Die souveräne Bewältigung des anspruchsvollen Sopranparts durch die fabelhafte Ricarda Merbeth und die bronzen timbrierte Erfüllung des Tenorparts durch Werner Güra wurden durch die gerundete Altstimme von Bernarda Fink und den frischen Bass von Christof Fischesser, bei dem man auch die tiefen Töne hörte, zum hoch qualifizierten Solistenquartett verbunden. Und über allem stand der Dirigent Bernard Haitink, der dem Werk in respektvoller und kenntnisreicher Augenhöhe begegnete, ihm die Wucht und Grösse liess, aber auch seelische Abgründe und bewegende Höhen eröffnen konnte. – Wiederholung: 27.3.2014, Tonhalle Zürich

John H. Mueller

 

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