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Ab 26. Juli 2013 in den österreichischen Kinos
THE COMPANY YOU KEEP – DIE AKTE GRANT
USA / 2012
Regie: Robert Redford
Mit: Robert Redford, Shia LaBeouf, Julie Christie, Susan Sarandon, Richard Jenkins u.a.
Regie: Robert Redford. Das spricht für sich. Das garantiert seriöse Qualität. Und ist auf jeden Fall politisch. Und in diesem Fall hat er eine beachtliche Anzahl von Kollegen seiner Generation mit vor die Kamera gebracht. Denn um sie geht es – um die heute Älteren. Die alle einmal jung, wild und sehr radikal waren.
Kein Zweifel, dass Robert Redford in diesem Film ein ganz konkretes Thema anspricht, wenn es darum geht, wie die Gegenwart mit der Vergangenheit umgeht. Auch die Deutschen haben ihren Minister Joschka Fischer unter wilden Demonstranten von einst entdeckt (es gab etwas Wirbel, wenige Konsequenzen). Die Amerikaner sind nicht großzügig – the Company you keep, die Gesellschaft, in der du dich befindest, die Leute, mit denen die umgehst: Man überlegt es sich besser in der Jugend, wenn man ein friedliches Alter anstrebt. Aber wer tut das schon, wenn er jung ist?
Zu Beginn wird die Hausfrau Sharon Solarz verhaftet (Susan Sarandon mit erstaunten Augen), aber sie weiß, warum. Jahrzehnte davor, in der Vietnam-Ära, gehörte sie zur (übrigens historischen!) Bewegung „Weather Underground“, die für Bombenanschläge auf Regierungsgebäude und auch für einen Bankraub gut war – und für die Ermordung eines Wachebeamten bei dieser Gelegenheit (Und die brave Hausfrau von heute findet immer noch Rechtfertigung für die einst angewandte Gewalt!). Die Mitglieder der Gruppe sind abgetaucht und haben sich unter neuen Namen neue Existenzen aufgebaut: So wie jener Anwalt „Jim Grant“, den Redford spielt, ehrenwerter Mann, verwitwet, Vater einer elfjährigen Tochter (für die er, im realen Leben Mitte 70, ein bisschen alt wäre, aber seltsamerweise hat er sich etwas von seiner jugendlich-blonden Dynamik bewahrt).
Ein Teil der Handlung befasst sich mit den nun gefährdeten Ex-Aktivisten (der politischen Korrektheit wegen ist der wackere FBI-Agent auf ihren Spuren, Terrence Howard, ein Afroamerikaner), und im Mittelpunkt steht natürlich Redford auf der Flucht. Damit aber auch ein junges Publikum eine Bezugsperson hat, spielt Shia LaBeouf, vielbeschäftigter Jungstar (in Indiana Jones der Sohn von Harrison Ford, in Wall Street 2 der Gegenspieler von Michael Douglas), den jungen Reporter Ben Shepard, der wittert, dass in dieser alten Geschichte eine Story steckt. Es hilft, wenn man eine Freundin hat, die beim FBI arbeitet (Anna Kendrick) und aus Liebe zu einigen Indiskretionen bereit ist… Sein auf konventionelle Art origineller Chefredakteur (Stanley Tucci) ist schließlich zu überzeugen, ihn auf die Geschichte loszulassen.
Das Drehbuch geht sorglich mit der Psychologie der Leute um, die mit ihrer unbewältigten Vergangenheit konfrontiert werden. Wie steht es um den Zusammenhalt der einstigen Genossen? Wenn Anwalt Jim Grant Sharons Fall übernimmt, sitzt er selbst in der Falle. Wenn nicht, fühlt er sich elendiglich, und außerdem will der Reporter-Jüngling dringlich wissen, warum… Und wenn er die neue falsche Identität des Anwalts herausfindet, kann sich dieser nur auf die Flucht begeben, Tochter im Schlepptau, was die Sache nicht erleichtert.
Auf der Suche nach den „Ehemaligen“ purzeln die nicht mehr jungen Weltstars nur so über die Leinwand – Julie Christie, gesellschaftliche Aussteigerin ein Leben lang, radikal und böse, dass man eine Gänsehaut bekommt, außerdem Nick Nolte, Sam Elliott, Richard Jenkins (der mittlerweile arrivierte Professor, der in seinem Leben nicht gestört werden will). Hier wird es am interessantesten, wenn es um die so unterschiedlichen Reaktionen auf die Vergangenheit geht – aber letztlich ist jedem die eigene Haut am nächsten…
Schwach wird die Geschichte, wenn Redford schließlich – um sich selbst als Sympathieträger fürs Kinopublikum nicht zu belasten – von der Teilnahme an Bankraub und Tötung freigesprochen wird und, unendlich kitschig, das Töchterchen (Jackie Evancho) in die Arme schließen kann… Um die Familiengeschichte komplett zu machen, muss auch noch der entfremdete Bruder hinein (Chris Cooper). Wobei darüber hinaus eine parallele Kitschhandlung zwischen einstigem Polizisten (Brendan Gleeson) und adoptierter Tochter (Brit Marling), deren wahre Eltern man erst am Ende erfährt (Überraschung!), die Sache noch dicker macht.
So ist der Film, der Redford natürlich wieder als Parade-Liberalen des amerikanischen Kinos zeigt, eine zwiespältige Sache – ein hartes Thema und dann doch reichlich Hollywood-Tünche darüber gegossen. Eines ist jedenfalls klar: Im Gegensatz zur deutschen Nazi-Vergangenheit können die Amerikaner – geopferter Menschenleben ungeachtet - ihren Vietnam-Radikalismus wenigstens noch sanft romantisieren… die idealistischen Jugendtage, so bitterböse sie teilweise auch gewesen sein mögen.
Renate Wagner