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WIEN / Volkstheater-Bezirke: SPIEL’S NOCHMAL, SAM

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Sam Szene
Clemens Matzka, Till Firit, Alexandra Maria Timmel Alle Fotos: © Lalo Jodlbauer

WIEN / Volkstheater in den Bezirken:
SPIEL’S NOCHMAL, SAM von Woody Allen
Premiere: 30. April 2014 

Woody Allen, Jahrgang 1935, war lange auf der Suche nach – Woody Allen. Als er 1969 das Theaterstück „Play It Again, Sam“ schrieb, hatte er ihn gefunden, und als das Stück 1972 verfilmt wurde, etablierte er die Figur des  jüdischen New Yorker Stadtneurotikers ein für alle Male (und untrennbar mit ihm verbunden) auf der Kinoleinwand. Später, im Film „Stadtneurotiker“ („Annie Hall“), gab’s dann auch den „Oscar“. Solange Woody Allen später (in eigener Regie, was bei „Sam“ noch nicht der Fall gewesen war) selbst in seinen Filmen spielte, lieferte er viele Variationen dieser Gestalt.

Der „Ur“-Woody wie er leibt und lebt ist Allan Felix, Filmkritiker, der sich dem Publikum einführt, indem er über der Schlussszene von „Casablanca“ dicke Tränen weint (als ob er sie nicht schon unzählige Male gesehen hätte), und er ist jener Held von Woody Allen, der sich als einziger auf dem Theater gehalten hat. Sobald man einen Schauspieler findet, von dem man meint, dass er das Wesen dieser amüsanten, komplexen, komplizierten Figur erfassen kann (wobei es auf optische Ähnlichkeit nur in zweiter Linie ankommt), spielt man „Sam“ auch schon, so wie jetzt im Volkstheater in den Bezirken.

Dabei trägt das Stück seine Jahreszahl (Wende der Sechziger zu den Siebziger Jahren) hoffnungslos einpunziert, denn die zweite Männerfigur, Allans Freund Dick, ist einer jener Menschen, für die das Handy erfunden werden musste – ununterbrochen hängt er sich ans Telefon, um mitzuteilen, unter welchen Nummern er jetzt, demnächst und später auch noch zu erreichen ist. Das Problem hat er heute nicht mehr –nur der Regisseur des Stücks, weil man entweder trickreich versuchen kann, die Geschichte ins Cyber-Zeitalter zu holen, oder sie als „Nostalgie“ begreift. Regisseur Anselm Lipgens hat für Letzteres entschieden, ebenso wie die Ausstatter Hans Kudlich und Susanne Özpinar, und sie alle tun gut daran. Es ist wie ein Gruß aus einer anderen Welt.

„Spiel’s nochmal, Sam“ war Woody Allens Verbeugung vor dem Kino, vor allem vor „Helden“ wie Humphrey Bogart, die kleinen jüdischen Intellektuellen vormachten, wie ein „echter, rauer Mann“ sich verhält. In seinen possierlichen Versuchen, der Frauenwelt zu imponieren, kann sich Allan Felix nur auf jene unnachahmliche Woody-Allen-Art lächerlich machen, die man von ihm so liebt – Slapstick-Komik, kombiniert mit punktgenau abgeschossenen Pointen. Besonders, wenn er von „Bogey“ Verhaltensratschläge erhält…

Das ist immer noch vergnüglich. Auch, weil das Ganze menschlich so hübsch ist. Da umkreisen sich die Hypochonder und Egozentriker, die an der Nabelschnur ihrer Psychiater und Apotheker hängen, nicht nur selbst – da geht es ihnen auch um andere. Wie gesagt, ein Stück von gestern…

Sam Firit  Sam Firit und Partnerin 
Till Firit und Humphrey Bogart / Till Firit  und Marie-Christine Friedrich

Das Volkstheater hat seinen Woody in Till Firit, der ein besonders talentvoller Komiker ist, einer, der seine Figuren nicht preisgibt und auch nicht billig mit dem Publikum kokettiert, sondern mit aller ernster Anstrengung die Nöte dieses Allan exekutiert – und damit die Lachsalven evoziert.

Regisseur Lipgens hat den Rest der  Besetzung „aus dem Keller“ mitgebracht, wo ja oft hochpotente Talente unter geringer Beachtung der Medien wirken – sehr zu Unrecht, wie Alexandra Maria Timmel als liebenswerte, menschlich so hochwertige Linda und Clemens Matzka als ihr überdrehter Gatte zeigen. Marie-Christine Friedrich darf ein halbes Dutzend verschiedener Frauen spielen und nützt die Verwandlungs-Chance, und am Ende geht noch Regieassistentin Elisabeth Balog als „Nachbarin“ auf die Bühne, damit man angesichts dieser Schlusspointe sicher sein kann, dass Allan Felix jetzt wahrscheinlich endlich die Richtige gefunden hat…

Dem Publikum gefiel es offenbar sehr, es wurde viel gelacht und es gab ganz lebhaften Schlussapplaus.

Renate Wagner

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