Österreichische Opernrarität in München: „Aphrodite“ von Max Oberleithner (Oper am Klavier: 5. 5. 2014)
Am 5. Mai brachte die Bayerische Theaterakademie August Everding im Gartensaal des Prinzregententheaters in München die Oper „Aphrodite“ des österreichischen Komponisten Max Oberleithner zur Aufführung. Leider nur in ihrer Reihe „Oper am Klavier“. Die Uraufführung des Werks, dessen Libretto der österreichische Kulturkritiker Hans Liebstoeckl nach einer Dichtung von Pierre Louÿs schrieb, fand 1912 an der Wiener Hofoper statt – mit dem Debut von Maria Jeritza!
Max von Oberleithner (im Reclam-Opernführer mit dem Adelstitel geführt) wurde 1868 in Mährisch Schönberg geboren, wo er 1935 auch starb. Er studierte in Wien Jus und bei Bruckner Komposition und war in seinem Heimatort Fabrikant. Er verfasste nach Aphrodite noch vier Opern, die in Brünn (ebenfalls mit Maria Jeritza), Hamburg und an der Wiener Volksoper uraufgeführt wurden.
Die Handlung der Oper in einem Aufzug, die im griechischen Alexandria 200 Jahre vor Christus vor dem Tempel der Aphrodite spielt: Der Reisende Timon verliebt sich in die schöne Chrysis, wird aber von ihr abgewiesen, denn sie sehnt sich nach einem richtigen Mann, mit dem sie alle geheimen Wonnen der Lust zu erleben hofft. Beim anschließenden Fest zu Ehren der Göttin soll die Aphrodite-Statue des Künstlers Demetrios eingeweiht werden. Dabei beleidigt die Frau des höchsten Priesters Chrysis, indem sie ihre Konkurrentin Bacchis zur Schönsten auswählt – mit der Aufgabe, der Königin bei ihrer Ankunft Blumen zu überreichen. Als die Königin Bacchis mit einem Schleier und die Frau des Priesters mit einer luxuriösen Haarnadel ehrt, schäumt Chrysis vor Eifersucht. Demetrios, der seine Statue mit echten Perlen schmücken darf, verliebt sich in Chrysis, die für ihn seine Aphrodite ist. Chrysis fordert von ihm, dass er ihr die drei ihr verwehrt gebliebenen Geschenke (Schleier, Haarnadel, Perlenkette) bringt. In seinem Liebeswahn willigt Demetrios ein, stiehlt den Schleier, ermordet die Frau des Priesters und zerstört schließlich seine eigene Statue. Der Preis ist für beide hoch: Demetrios wird vom eifersüchtigen Timon niedergestochen, Chrysis zum Tod verurteilt. Sie trinkt den Giftbecher mit den Worten: „Der schöne Traum ist zu Ende. Süß ist das Licht, den Augen lieblich die Sonne. Die Gärten der Göttin schau ich nicht mehr.“
Die Theaterakademie ließ sich für diese einmalige Aufführung an zwei Klavieren einiges einfallen: Die Einleitung zur Vorstellung erfolgte durch die Dramaturgin Britta Schönhütl, die aus den Memoiren von Liebstoeckl über die Entstehung der Oper zitierte. Während der Aufführung illustrierte Stefanie Bartko die Handlung mit „Live Painting“, wobei die färbigen Zeichnungen auf eine große Leinwand hinter den Sängerinnen und Sängern projiziert wurden. Für die szenische Einrichtung sorgte Levin Handschuh.
Wie immer überzeugten die Studentinnen und Studenten der Theaterakademie durch ambitionierten Einsatz. Die schwierige, für einen hohen Sopran geschriebene Rolle der Chrysis wurde von der jungen Josephine Renelt gesungen. Sie schaffte es, wenngleich die Wortdeutlichkeit bei dieser Höhe auf der Strecke blieb, fast bleiben musste. Zwischen ihren Arien war sie stark damit beschäftigt, mit Spiegel und Schminke ihr hübsches Antlitz noch weiter zu verschönern. Als Demetrios überzeugte Ludwig Mitterhammer mit kräftiger Baritonstimme und intensivem Spiel. Er drückte alle seine Gefühle – Liebe, Verzweiflung und Verachtung – mit ausdrucksstarker Mimik aus.
Alle anderen Sängerinnen und Sänger hatten zwei bis drei Rollen zu spielen, wie beispielsweise die Mezzosopranistin Nadja Steinhardt, die neben der Königin Berenike noch zwei kleinere Partien sang. Stimmlich positiv fielen die Sopranistin Anna Karmasin als Bacchis und der Tenor Ingyu Hwang als Timon auf. In weiteren Rollen waren noch der Bass Carl Rumstadt als Erster Priester und die in Hallein geborene Mezzosopranistin Maria Brunauer als Melitta zu hören.
Die musikalische Leitung hatten die beiden Pianisten Eva Pons und Joachim Tschiedel inne, die vom Klavier aus für die präzisen Einsätze sorgten. Ihre nuancenreiche Wiedergabe der Partitur des Komponisten ließ ahnen, wie interessant eine orchestrale Produktion wäre und machte Lust auf mehr! Wirklich schade, dass es keine „echte“ Bühnenproduktion gab, obwohl die Bemühungen der Theaterakademie um eine Illustrierung der Vorstellung anerkannt werden muss und auch beim Publikum Beachtung fand.
Starker Applaus am Schluss – mit „Jubelgeschrei“ der jugendlichen Zuschauerinnen für Ludwig Mittelhammer, der jetzt schon seine eigene weibliche Fangruppe zu haben scheint, und einigen Bravorufen für Josephine Renelt.
Udo Pacolt