Ab 16. Mai 2014 in den österreichischen Kinos
STEREO
Deutschland / 2014
Drehbuch und Regie: Maximilian Erlenwein
Mit: Jürgen Vogel, Moritz Bleibtreu, Petra Schmidt-Schaller, Georg Friedrich, Rainer Bock u.a.
Nennt man es freundlich „Beeinflussung“ oder ist es schlicht und einfach „Nachmachen“? Nicht, wie die Amerikaner französische Filme „à la americaine“ neu verfilmen, sondern indem man ein Genre kopiert: „Stereo“ ist eindeutig die deutsche Version eines Mystery-Thrillers, wie man sie im US-Kino laufend sieht. Damit ist Regisseur Maximilian Erlenwein, der auch das Drehbuch schrieb, nun kein echtes Meisterwerk gelungen. Aber so gut wie die meisten amerikanischen Filme dieser Art ist „Stereo“ noch lange… Nicht zuletzt, weil der deutsche Film geradezu auf ein Füllhorn herausragender Schauspieler zurückgreifen kann, die vielleicht nicht immer angenehme, aber interessante, oft faszinierende Typen sind.
So wie jener Erik, den Jürgen Vogel (der immer etwas Verkniffenes, Verbissenes an sich hat) spielt. Die Geschichte begibt sich irgendwo am Land im Deutschland, das ist nicht viel mehr als ein sympathisches Dorf, und Erik – ein „Zugereister“, der den Dorfbewohnern schon eher ein Rätsel ist – betreibt sehr solide eine KFZ-Werkstatt. Und er hat es geschafft, mit der sympathischen Julia (Petra Schmidt-Schaller) eine Beziehung aufzubauen und für sie und ihre kleine Tochter zumindest ein Ersatzmann im Leben der Frauen zu sein. Dass ihr Polizisten-Papa natürlich misstrauisch ist, versteht sich – und wenige können so skeptisch dreinsehen wie Rainer Bock… Immerhin erinnert er sich gegen Ende in einem entscheidenden Augenblick auch an seine Schießkünste.
Man muss immer erst ein bisschen Idylle malen, damit das Entsetzen doppelt hereinbrechen kann: Einerseits in Gestalt von undurchsichtigen Zigeunern, die Erik offenbar eine Botschaft aus seinem früheren Leben bringen – und da hat dann Georg Friedrich (diese Woche in zwei Filmen neu im Kino) als durch und durch fieser und verkrüppelter Gangsterboß eine echte „Genre-Rolle“. So benimmt man sich im Kino als „triefender“ Bösewicht…
Aber noch wichtiger für Erik ist der Besuch von Henry, der auf einmal da ist: Moritz Bleibtreu, meist unter Kapuze halb verborgen und beängstigend intensiv, rät ihm nun dringlich, den ganzen Scheiß mit dem „braven“ Leben hinter sich zu lassen und dort zuzuschlagen, wo die Situation es erfordert.
Natürlich bewegt den Kinobesucher die längste Zeit die Frage „Wer ist Henry“, denn er sitzt Erik wirklich so penetrant wie beängstigend im Nacken, aber man darf zumindest preisgeben, dass sich die Überlegungen (ist er echt? ein böser Geist? ein alter Ego?) auf den üblichen Schienen bewegen. (Da gibt es dann auch die Parodie von „Geisterheilern“, die behaupten, Zwangsvorstellungen mystisch bekämpfen zu können…) Die Pointe ist dann nicht schlecht und gibt Bleibtreu, der wirklich widerlich-dämonisch sein kann, am Ende noch ein paar darstellerische Nuancen.
Von der ländlichen Idylle bis zum echt harten Showdown im Berliner Gangstermilieu führt eine Geschichte, die einen immer in den Bann schlägt, weil sie so verdammt gut gespielt und gut gemacht ist. Solche Krimis kann es ruhig öfter geben.
Renate Wagner