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BILBAO – GEHRYS GUGGENHEIM BRACHTE DIE WENDE

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Bilbao – Gehrys Guggenheim brachte die Wende, 15. Mai 2014

von Ursula Wiegand

 Bilbao, Guggenheim und Puppy als Attraktion
Bilbao, Guggenheim und Puppy als Attraktion. Foto: Ursula Wiegand

 Ganz gleich, von woher sich die Besucher dem Guggenheim-Museum nähern – aus jeder Richtung bannt es den Blick. Wie die Blätter einer Blume entfalten sich seine gülden glitzernden Teile. Der Geniestreich von Frank O. Gehry aus dem Jahr 1997 und weit mehr als „nur“ ein Museum der Moderne.

 Bilbao, Guggenheim, lichtdurchflutet, 1997, Frank O. Gehry, b
Bilbao, Guggenheim, lichtdurchflutet, 1997, Frank O. Gehry, Foto: Ursula Wiegand

 Der formvollendete, lichtdurchflutete Bau wurde alsbald zum Ziel für Menschen aus aller Welt und brachte die Wende. Das Guggenheim führte Bilbao aus der wirtschaftlichen und mentalen Depression und ließ die von der Stahlkrise gebeutelte baskische Industriestadt wieder aufblühen.

Mit einem Blütenpelz überrascht auch „Puppy“, eine bepflanzte Skulptur von Jeff Koons auf dem Vorplatz. Wie ein Wachhund wirkt der Riesenwelpe mit der kessen Stupsnase garantiert nicht, ist aber als Fotomodell ebenfalls ein Star. Der blaue Anbau zur Rechten des Guggenheim – blau ist die Farbe Bilbaos – beherbergt die Büros.

 Bilbao, Guggenheim-Museum, 1997, Frank O. Gehry, 6
Bilbao, Guggenheim-Museum, 1997, Frank O. Gehry, Foto: Ursula Wiegand

 Seitlich betrachtet ähnelt der elegante Baukörper einem Fisch, und das mit einer Titanschicht überzogene „Blattwerk“ erscheint schuppig. Gehrys Referenz an das nahe Meer. Auch die Ría de Bilbao zu Füßen des Museums ist ein Meeresarm, überspannt von der 1972 errichteten La Salve Brücke. 2007 – zum zehnjährigen Guggenheim-Jubiläum – schmückte sie Daniel Buren – auch er eine internationale Größe – mit seinem Roten Bogen.

 Bilbao, Zubizuri-Brücke über der Ría, 1997, Santiago Calatrava
Bilbao, Zubizuri-Brücke über der Ría, 1997, Santiago Calatrava. Foto: Ursula Wiegand

 Andererseits stieß die von Santiago Calatrava geplante Zubizuri-Brücke (von 1997), die sich segelartig über der Ría bläht, zunächst auf Kritik. Bei Nässe wurde ihr gläserner Laufsteg so rutschig, dass die Behörden einen Textilbelag drauflegen ließen. Calatrava forderte wegen dieses Eingriffs 3 Millionen Euro Schadenersatz. Nach jahrelangem Prozessieren hat man sich schließlich auf 300.000 Euro geeinigt.   

 Bilbao, Torre Iberdrola, von Cesar Pelli, 2011, 3
Bilbao, Torre Iberdrola, von Cesar Pelli, 2011. Foto: Ursula Wiegand

 Dass sich einem Frank O. Gehry gerne weitere Stararchitekten anschließen, zeigt sich in Bilbao auf Schritt und Tritt. 2007 errichtete der Japaner Isozaki Atea die Twin Towers. Im Jahr 2011 erhielt das Guggenheim mit dem 165 m hohen, blau leuchtenden Torre Iberdrola von César Pelli einen stattlichen Nachbarn, dem sich die kleineren, geradlinigen Bauten von Alvaro Siza anfügen.

 Bilbao, Metro-Eingang, 1998, Norman Foster, 2
Bilbao, Metro-Eingang, 1998, Norman Foster. Foto: Ursula Wiegand

 Fast gleichzeitig mit Gehry kam Norman Foster plus Team bei der Metro zum Zuge und entwickelte eine zweite U-Bahn-Linie. Die punktet mit lichten Bahnhöfen aus Glas, Stahl und Beton. Schon die durchsichtigen Eingänge, von der Bevölkerung  „Fosteritos“ genannt, wirken einladend.

 Bilbao, Palacio Chávarri von Paul Hankar, 1888, a
Bilbao, Palacio Chávarri von Paul Hankar, 1888 an der Plaza Moyúa. Foto: Ursula Wiegand

 Zwei sind an der Plaza Moyúa zu sehen, einem hübsch bepflanzten Rondell in der City, gerahmt von historischen Bauten, wie dem reich verzierten Palacio Chávarri von Paul Hankar (1888), seit 1943 Sitz der Stadtverwaltung. Auch andere Paläste, Zeugnisse einstigen Reichtums, zeigen stolz ihre restaurierten Fassaden.  

 Bilbao, Alhóndiga, eine der 43 Säulen, Umbau 2010 von Philipp Starck
Bilbao, Alhóndiga, eine der 43 Säulen, Umbau 2010 von Philipp Starck. Foto: Ursula Wiegand

 Nur wenige Minuten sind es von der Plaza Moyúa zum Alhóndiga, einem ehemaligen Weinspeicher an der  Plaza Arriquibar. Dieses 43.000 qm umfassende Gebäude wollten die Stadtväter ursprünglich Gehry andienen, doch der mochte sich nicht einengen lassen. Schließlich hat der französische Stararchitekt Philippe Starck das Riesending in mehreren Jahren in ein Kultur-, Medien- und Sportzentrum inkl. Schwimmbad umgestaltet. 2010 wurde es fertig.

Drinnen stützen dunkle Stahlträger die hohen Ziegelwände. Der Hit sind jedoch die 43  Fantasiesäulen in der weitläufigen Eingangshalle. Die hat sich Starck ebenso ausgedacht wie die Dachterrasse, auf der im Sommer Liegestühle aufgestellt werden.

 Bilbao, Blick zum gläsernen Edificio Osakidetza von Coll Barreu, 2008
Bilbao, Blick zum gläsernen Edificio Osakidetza von Coll Barreu, 2008. Foto: Ursula Wiegand

 Beim Blick von dort oben zeichnet sich das Edificio Osakidetza von Coll Barreu aus dem Jahr 2008 ab, ein wagemutiger Glasbau. Wer sich nun ins minimalistisch eingerichtete Restaurant „Yandiola“ wagt, geht kein Risiko ein. Die beiden Köche Ricardo Perez und Borja Etxebarria setzen auf Slowfood und bieten neue baskische Qualitätsküche aus regionalen Produkten mit kreativem Touch. Nicht „sehr übersichtlich“, wie Loriot formulierte, sondern auch angenehm sättigend.

 Bilbao, Küchenteam,  Restaurant Yandiola im Alhóndiga-Gebäude
Bilbao, Küchenteam,  Restaurant Yandiola im Alhóndiga-Gebäude. Foto: Ursula Wiegand

 Dieses Restaurant und weitere passen bestens ins heutige Bilbao, das sich durch seinen schon vielfach prämierten Stadtumbau vom verrußten Industriestandort in eine „Spielwiese“ der Moderne verwandelt hat. Und darüber hinaus in eine attraktive und lebensfrohe Stadt mit jährlich 1 Million Besuchern. Fluganreisende landen sogleich bei Calatrava, d.h. in dem von ihm geplanten Flughafengebäude La Paloma von 2005, das von weitem tatsächlich einer Taube mit ausgebreiteten Flügeln ähnelt.

 Bilbao, Palacio Euskalduna, 1999, mit Dalís Tanzmuse Terpsichore, 2
Bilbao, Palacio Euskalduna, 1999, mit Dalís Tanzmuse Terpsichore. Foto: Ursula Wiegand

 Nach wie vor ist für die meisten das Guggenheim mit seinen großartigen Ausstellungen der  Hauptanlass des Kommens, doch nicht der einzige. In der Stadt finden die Gäste alles, was sonst noch das Herz begehrt, beispielsweise die St. Sebastian-Kathedrale und weitere schöne Kirchen. Parks verlocken zum Relaxen, und an Kultur fehlt es auch nicht. 

So bietet der Palacio Euskalduna (von 1999), konzipiert von  Federico Soriano und Dolores Palacios, Musik und Tanz mit modernem Touch. Dalís Tanzmuse Terpsichore vor der spiegelnden Glasfassade stimmt sogleich darauf ein.

 Bilbao, Theater Arriaga, 1890
Bilbao, Theater Arriaga, 1890. Foto: Ursula Wiegand

 Für die Klassik ist das historische Arriaga-Theater (von 1890) nach wie vor erste Wahl. Hier hat José Carreras am 26. April als Titelheld der für ihn vom Österreicher Christian Kolonovits komponierten Oper „El Juez” ein grandioses Comeback gefeiert.    

 Bilbao, Carola-Kran und San Mamés Fußballstadion 2013 von César Azkarate
Bilbao, Carola-Kran und San Mamés Fußballstadion,  2013 von César Azkarate. Foto: Ursula Wiegand

 Fußball-Fans können sich ebenfalls freuen. Die strömen ins neue, von César Azkárate konzipierte San Mamés Stadion von Athletic Bilbao in Sichtweite zum knallroten Carola-Kran. Bei einem Fußballmatch geht dort dann richtig die Post ab.

 Bilbao, Design-Laden Mosel, Gran Via 53
Bilbao, Design-Laden Mosel, Gran Via 53. Foto: Ursula Wiegand

 Selbstverständlich gibt es auch Shopping-Spaß, angefangen im Design-Geschäft „Mosel“ auf der Gran Via, schon seit 1975 ein Pionier für „besser wohnen“. Fast alle großen Namen sind hier mit ausgewählten Produkten vertreten.    

 Bilbao, im Modeladen Skunkfunk, 2
Bilbao, im Modeladen Skunkfunk. Foto: Ursula Wiegand

 Modisch einkleiden kann man/frau sich ebenfalls, nicht nur in den internationalen Luxus-Läden oder bei den allseits bekannten Preiswert-Ketten. Das junge baskische Label „Skunkfunk“, Plaza Nueva 2, findet sogar schon im Ausland Anklang. Kleidung aus Naturfasern in klaren Farben und stylische Taschen sind das Erfolgsrezept.   

 Bilbao, Victor Anitua, Alma de Cacao
Bilbao, Victor Anitua, Alma de Cacao. Foto: Ursula Wiegand

 Großen Erfolg hat auch „Alma de Cacao“ in der Rodrígas Arias 15. „Wir sind der einzige Schokoladenhersteller in Bilbao,“ sagt Victor Anitua, und die Kostprobe beweist, warum die 2005 gestartete Edelmarke keine Konkurrenz zu fürchten braucht. Victors Lieblingssorte ist die dunkle Tafelschokolade (66 %  Kakaoanteil) mit Olivenöl und Salz. Klingt ungewohnt, schmeckt aber köstlich.  

Erstaunlicherweise wird in Bilbao sogar Wein hergestellt. Der lässt sich in der Bodega Urbana (Gran Via 66), kombiniert mit einem Wein-Menü, entsprechend genießen und auch kaufen.

 Bilbao, leckere Pintxos bei Berton
Bilbao, leckere Pintxos bei Berton. Foto: Ursula Wiegand

 Der weiße Txakoli und der rote Rioja sind die Sorten, die im Baskenland gut gedeihen und gerne getrunken werden, insbesondere zu den Pinxtos, der baskischen Leib- und Magenspeise. Das sind Brotscheiben, auf denen sich Fisch, Schinken, Bratenstückchen, Käse, Ei oder Gemüse türmen. Bald machen es die Besucher wie die Basken und ziehen umher. Erst zwei Pintxos vielleicht bei „Berton“, dann drei weitere in der 1911 gegründeten „Cafe Bar Bilbao“ auf der neoklassischen Plaza Nueva, einem Lieblingstreff der Bewohner Bilbaos.

 Bilbao, Cafe Bar Bilbao von 1911, Plaza Nueva 6
Bilbao, Cafe Bar Bilbao von 1911, Plaza Nueva . Foto: Ursula Wiegand

 Je nach Belag und Laden kosten Pinxtos 1 bis 3 Euro, das Gläschen Wein 1 bis 1,50 Euro. Leckere Fitmacher für einen weiteren Stadtbummel, eine Bootstour auf der Ría de Bilbao oder einen Ausflug ins grüne Umland bis zum Meer. 

 Infos bei den Spanischen Fremdenverkehrsämtern in Deutschland, Österreich und Osteuropa unter www.spain.info, für die Schweiz unter www.spanieninfo.ch.

Günstig im Zentrum gelegen ist das Hotel Ercilla in der gleichnamigen Straße (www.hotelercilla.com). Gut essen lässt es sich auch im Restaurante Atea  (http://atearestaurante.com). (U.W.)

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