Valentina Naforniţa und Nikolay Borchev Foto: Wiener Staatsoper / Pöhn
WIEN / Staatsoper:
DIE ZAUBERFLÖTE von Wolfgang Amadeus Mozart
7. Aufführung in dieser Inszenierung
7. Juni 2014
Die erste Reprisenserie der im November 2013 szenisch so schauerlich missglückten „Zauberflöte“ von Moshe Leiser & Patrice Caurier, die auch beim Wiedersehen nur Unbehagen bereitete, hatte zumindest einen Vorteil zur Premiere: Im Orchestergraben herrschte nicht dieselbe tödliche Farblosigkeit. Constantin Trinks, der Debutant an der Staatsoper, nahm den letzten Mozart von Anfang an spürbar zügig und stringent in den Tempi und hielt dies spannungsreich durch, wobei er in den „leichten“ Stellen der Partitur große Elastizität erreichte, aber dort, wo – bei Sarastro oder Pamina – ja doch Getragenheit geboten ist, diese mit allem Respekt hörbar werden ließ. Die ungeheure Vielschichtigkeit der Partitur kam zum Tragen.
Weit weniger Freude bereitete die Besetzung, die bestenfalls durchschnittlich war und in vielen Fällen um einiges darunter rangierte. Immerhin hatte man ein passables junges Paar: Wie in der Premiere war wieder Benjamin Bruns der Tamino, keine Idealbesetzung, weil die metallische, stark geführte Stimme ganz ohne Mozart-Flair ist, aber so weit ordentlich. Valentina Naforniţa wird von eigenem Ehrgeiz oder jenem der Direktion von einer Rolle in die nächste getrieben, war sie in der Premiere noch die Papagena, wagt sie nun die Pamina, vor der große Sängerinnen den größten Respekt haben. Sie hat in der technischen Beherrschung ihrer Stimme Fortschritte gemacht, im Piano mehr als im Forte, und ist auf dem Weg. Mehr ist dazu noch nicht zu sagen.
Dass man in einer Stadt mit der Papageno-Tradition von Wien den Weißrussen Nikolay Borchev in dieser Rolle ansetzt, ist ein fragliches Unternehmen, denn dass man einer ungemein sympathischen Bemühung zusieht, macht die Sache nicht besser. Der reiche Dialoganteil der Figur wird zur absoluten Anstrengung des Zuhörens (und man hat den Verdacht, dass man ihn ohnedies nur versteht, weil man den Text auswendig kann), und wenn es ans Singen geht, dann mischen sich Wortgeknäuel und ein eher schwammiger Bariton meist zu einem unartikulierten Brei. Aber liebenswert war er – doch man müsste sich schon sehr anstrengen, in dieser Rolle nicht der Favorit des Publikums zu sein.
Bryony Dwyer als Papagena machte ihre Sache herzig und besser als ihr Partner, auch sprachlich, aber die Dame bleibt in ihrer Mini-Aufgabe ja immer nur ein Drüberstreuer (der allerdings unterschiedlich ausfallen kann, wie man weiß).
Sehr fraglich wurde der Abend bei den großen Gegenspielern: Wie in der Premiere hörte man Brindley Sherratt als Sarastro und hatte den Eindruck, die Stimme sei noch fahler und klangloser geworden, stellenweise eierte sie wie eine alte Schallplatte. Ausschließlich peinlich waren dann die Auftritte von Iride Martinez als Königin der Nacht, stimmlich so schwach, dass man sie kaum hörte, unsichere Koloraturen, geschmissene Spitzentöne, in der zweiten Arie noch ein fast verpasster Einsatz, so geht es eigentlich nicht.
Benjamin Bruns und Adrian Eröd Foto: Wiener Staatsoper / Pöhn
Adrian Eröd sang seinen ersten Sprecher (in der albernen Dandy-Pose mit großem Hut, den ihm die Regie auferlegt), er machte gute Figur, stimmlich hätte man hier gern einen sonoreren, breiter strömenden Bariton gehört. Dafür war er als ironischer zweiter Priester, der sich sein Lächeln über Papageno nicht verkneifen kann, ein Vergnügen.
Ildikó Raimondi (sie durch Schminke und Kostüm besonders seltsam entstellt), Christina Carvin (sie als einzige der drei von der Premierenbesetzung übrig geblieben) und Zoryana Kushpler mussten sich als die Drei Damen noch blöder gerieren als in anderen Inszenierungen. Thomas Ebenstein als Monostatos, Wolfram Igor Derntl und Dan Paul Dumitrescu (in Regenmänteln, Dumitrescu muss scheinbar rauchen, damit er die Feuerprobe anzünden kann – man greift sich an den Kopf und nicht nur hier) sowie Peter Jelosits als recht hölzerner erster Priester ergänzten.
Das Publikum bestand hörbar nicht aus Kennern, bejubelte unterschiedslos alle und fand am lustigsten, dass „Das klinget so herrlich“ von einer Dodel-Truppe von Polizisten exekutiert wurde, die sich ein Tutu aus der Hose zogen… In diesem Sinn! Das ist die Wiener „Zauberflöte“!
Renate Wagner