STUTTGART/ Schauspielhaus: Polizei X Ruf im Schauspiel Stuttgart – 13. Juni 2014
DÜSTERE TRÄUME EINER SOMMERNACHT
Fortsetzung der Krimi-Impro-Serie Polizei X Ruf am 13. Juni im Schauspiel Stuttgart/
Mittlerweile überrascht das Schauspiel Stuttgart schon mit der Folge 7 von “Polizei X Ruf” im Schauspiel Nord. Der von Paul Grill facetttenreich verkörperte Professor Hermann Leutle wird als Chef der berühmten Stuttgarter Brauerei “Knülle” ermordet in seinem Dienstwagen gefunden. In seiner Tasche befinden sich Reiseunterlagen für ihn und seine Frau nach Rio de Janeiro. Bei seinen Recherchen im Umfeld des Toten stößt Kommissar Biel (nuancenreich: Manolo Bertling) auf desolate Familienverhältnisse. Als abweisende Tochter Chantal kommentiert Hanna Plaß wandlungsfähig den Tod des Vaters auf makabere Weise. Deutliche Konturen gewinnt die von Matti Krause tuntenhaft und mit seltsamen Gesten dargestellte Mutter des Opfers, Veronika Leutle, die alsbald in den Verdacht des Mordes gerät. Sie hat die Oberhand im Kreise der Firma. Als reichlich verrückte blonde Ex-Frau des Toten, Franziska Leutle-Kratzenberger, fungiert Manja Kuhl, leugnet natürlich auch im Urlaub in Brasilien jede Tatbeteiligung ab. Die entscheidende Frage lautet: Was geschah in dieser düsteren Sommernacht, als Leutle ermordet wurde? Der Verdacht des Kommissars fällt zunächst auf die Mutter des Opfers, Veronika Leutle. Als diese jedoch in hilflosem Zustand in der Wohnung aufgefunden wird, ist sich Hauptkommissar Biel sicher, dass Leutles Ex-Frau Franziska Leutle-Kratzenberger die Tat begangen hat. War ihre Trennung von Leutle nur eine Flucht? Diese entscheidende Frage bleibt in der recht diffusen Inszenierung von Katrin Spira offen (Bühne: Julian Marbach, Kostüme: Lara Rosswag). Der Kommissar scheint nämlich letztendlich gar kein Interesse mehr zu haben, weiter zu ermitteln. So endet alles im Klamauk und erinnert stark an eine RTL-Show.
Bei der Obduktion des Toten wird es grotesk: Das Leichenschauhaus verwandelt sich in ein “Frankenstein”-Horrorkabinett. Lichtblicke bieten die Darsteller, die virtuos und beweglich in verschiedene Figuren schlüpfen. Allen voran Matti Krause, der vor allem als Felix Licht, Förderer sozialer Kunstprojekte, Profil gewinnt. Er macht Leutles Tochter Chantal (Hanna Plaß in einer weiteren Rolle) den Hof. Krause überzeugt auch in anderen Rollen als Kellner, Strandverkäufer und Fahrradkurier, während Hanna Plaß als seltsame Pathologin Professor Dr. Caro Körne und WM-Fan das Publikum zu fesseln vermag. Manja Kuhl gefällt noch als Kellner und Spurensicherungs-Spezialist, während Paul Grill zudem differenziert in die Person Maximilian Schärchers, Sohn des berühmten Reinigungsunternehmers Schärcher schlüpft, der der ganzen Angelegenheit ebenfalls recht hilflos gegenübersteht. Paul Grill ist außerdem noch Schorsch, Praktikant und Kellner. Als “Beweisstück 3A” wurde ans Publikum ein chinesischer Mini-Regenschirm ausgehändigt, mit dem man normalerweise Eis-Konfekt schmückt. “Arsen im Glas” konnte jedenfalls nicht die einzige Todesursache sein.
Der Abend ließ das Publikum ziemlich ratlos zurück, auch wenn sich die Zuschauer amüsierten. Klar ist nur der Grund des Mordes: “Er hatte viele Feinde.”
Alexander Walther