TEATRO BAROCCO im Stift Altenburg: „Lenardo und Blandine“ von Peter von Winter und „La Canterina“ von Joseph Haydn (Vorstellung: 18. 7. 2014)
Schon zum dritten Mal findet heuer in der barock gestalteten Bibliothek des Stifts Altenburg in Niederösterreich das Festival TEATRO BAROCCO statt – wieder mit zwei echten Opernraritäten: „Lenardo und Blandine“ von Peter von Winter und „La Canterina“ von Joseph Haydn.
Kira von Zierotin als Prinzessin Blandine mit Günther Strahlegger als Gärtner Lenardo blicken hoffnungsvoll in die Zukunft – beobachtet von Prinz und König (Foto: Ernst Weingartner)
In einem im informativ gestalteten Programmheft abgedruckten Interview mit Dr. Wilhelm Sinkovicz erläuterte Bernd Roger Bienert, der Gründer und Leiter des Festivals, sein Konzept: „Unser Anliegen beim Festival ist es, vergessene und seit ihrer Uraufführung nicht mehr gespielte, jedoch bedeutende Werke der von Mozart hoch geschätzten Zeitgenossen wieder auf der Bühne erlebbar werden zu lassen. Damit wollen wir auch einen Beitrag dazu leisten, Mozarts Zeit, sein künstlerisches Umfeld und seine Leistungen für die Musikgeschichte besser zu verstehen.“ Wobei Bienert mit seinem Team in Bibliotheken und Archiven recherchierte, um die jeweiligen Urtextausgaben zu den Stücken aufzuspüren.
Der deutsche Komponist Peter von Winter (1754 – 1825), der am Mannheimer Hof ausgebildet wurde und später an den Münchner Hof übersiedelte, schrieb ab 1778 erste Melodramen nach dem Vorbild von Georg Anton Benda, darunter Lenardo und Blandine, das 1779 seine Uraufführung hatte.
Die Handlung dieser Schauergeschichte, deren Libretto Joseph Franz von Goez nach Bürgers Ballade verfasste, kurz gefasst: Prinzessin Blandine liebt den Gärtner Lenardo und trifft sich mit heimlich zu mitternächtlicher Stunde im Garten. Ein Prinz, der vom König als Gemahl auserkoren wurde, macht ihren auf dieses geheime Treffen aufmerksam, worauf der König den Gärtner tötet, ihm das Herz aus dem Leib schneidet und es in einer Urne seiner Tochter bringen lässt. Blandine verfällt dem Wahnsinn und stirbt in geistiger Umnachtung. Als der König seine tote Tochter findet, erdolcht er den Prinzen für seinen Verrat.
Das Melodram ist ein Sprechstück mit Zwischenmusik, wobei es eine musikalische Besonderheit aufweist: man erkennt in diesem Werk die Melodie der berühmten „Höllenfahrt-Szene“ aus Mozarts Oper Don Giovanni, die erst 1787, also acht Jahre später, komponiert wurde.
Von den Darstellern des Melodrams ist in erster Linie Kira von Zierotin zu nennen, die ihre Rolle der Blandine eindrucksvoll darbot. Neben der schauspielerischen Leistung sind auch ihre hohe Wortdeutlichkeit bei ihrem langen Monolog und ihre barocke Gestensprache hervorzuheben. Zu erwähnen ist noch, dass sie bei dieser Produktion auch als Regieassistentin und Pressebetreuerin fungierte. Den König spielte Intendant Bernd Roger Bienert selbst, den Gärtner Günther Strahlegger und den Prinzen Peter Widholz, die beide dem Sängerensemble angehören.
Jasmin Reda als „Canterina“ und Peter Widholz als Don Pelaggio (Foto: Ernst Weingartner)
Nach der Pause wurde in italienischer Sprache die Opera buffa „La Canterina“ von Joseph Haydn (1732 – 1809) gezeigt, die ursprünglich als Intermezzo komponiert wurde und deren Uraufführung1766 stattfand. In dieser Komödie geht es auf humorvolle Art um Liebe, Eifersucht und Täuschung. Die junge Sängerin Gasparina wird von zwei Männern – vom jungen Don Ettore und vom Komponisten Don Pelaggio – umworben, die sie mit Geschenken überschütten. Aus dem Hintergrund dirigiert die „Theatermutter“ Appolonia ihren Zögling so raffiniert durch die Schule der Verführungskunst, dass es ihr schließlich durch Gasparinas vorgetäuschte Ohnmacht gelingt, beide Liebhaber zu täuschen und für sich zu gewinnen. Don Ettores Juwelen und Münzen, durch deren Geklimper Gasparinas Ohnmacht schlagartig geheilt wird, gehören jetzt der jungen Sängerin – und Don Pelaggio gewährt den zwei „Künstlerinnen“ weiterhin das Wohnrecht in seinem Haus. Die beiden Damen triumphieren.
Die junge Sängerin Gasparina wurde von der Sopranistin Jasmin Reda dargestellt, die sowohl stimmlich wie schauspielerisch überzeugte. Auf eindrucksvolle komödiantische Art spielte und sang der Bariton Günther Strahlegger die „Theatermutter“ Appolonia. Seine kräftige Stimme und sein komisches Talent kamen in dieser Rolle in Frauenkleidern besonders gut zur Geltung. Das begeisterte Publikum spendete ihm des Öfteren Szenenapplaus. Mit sympathischer Ausstrahlung gestaltete die Sopranistin Barbara Angermaier sowohl stimmlich wie schauspielerisch die Hosenrolle des Don Ettore. Ebenso ausdrucksstark die Leistung des Tenors Peter Widholz als Kapellmeister Don Pelaggio. Auch er erhielt Szenenbeifall und einige Bravorufe.
In beiden Stücken führte Intendant Bernd Roger Bienert selbst Regie, wobei er bei der Personenführung offensichtlich auch auf den Gestus der historisch überlieferten Bewegungen achtete. Die Gestaltung des Bühnenprospekts für La Canterina hatte Peter Dubina übernommen, die Bühnenmalerei stammte von Adi Frühauf, für die wichtigen Lichteffekte sorgte Astrid Halmetschlager.
Das achtköpfige Ensemble Teatro Barocco wurde vom Cembalo aus vom philippinischen Dirigenten Aries Caces sehr umsichtig geleitet. Er hatte auch die Bearbeitung der Partituren, die klangvoll zum Besten gegeben wurden, für das Kammerorchester vorgenommen.
Das Publikum, das in den Pausengesprächen das Melodram als „interessant, aber gewöhnungsbedürftig“ empfand, reagierte auf die Opera buffa begeistert und spendete allen Mitwirkenden lang anhaltenden Applaus. Ein Bravo für das Teatro Barocco!
Udo Pacolt
PS: Für Opernbegeisterte der Spätbarockzeit die weiteren Termine: 20., 25., 26. und 27. Juli!